Olivier Guez

Das Verschwinden des Josef Mengele

Roman
Cover: Das Verschwinden des Josef Mengele
Aufbau Verlag, Berlin 2018
ISBN 9783351037284
Gebunden, 224 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Aus dem Französischen von Nicola Denis. 1949 flüchtet Josef Mengele, der bestialische Lagerarzt von Auschwitz, nach Argentinien. In Buenos Aires trifft er auf ein dichtes Netzwerk aus Unterstützern, unter ihnen Diktator Perón, und baut sich Stück für Stück eine neue Existenz auf. Mengele begegnet auch Adolf Eichmann, der ihn zu seiner großen Enttäuschung nicht einmal kennt. Der Mossad sowie Nazi-Jäger Simon Wiesenthal und Generalstaatsanwalt Fritz Bauer nehmen schließlich die Verfolgung auf. Mengele rettet sich von einem Versteck ins nächste, lebt isoliert und wird finanziell von seiner Familie in Günzburg unterstützt. Erst 1979, nach dreißig Jahren Flucht, findet man die Leiche von Josef Mengele an einem brasilianischen Strand.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 13.12.2018

Für den Geschmack der hier rezensierenden Philosophin Bettina Stangneth hat Olivier Guez seinen Roman über Josef Mengele in Klischees ertränkt: Der Arzt wird als satanische Bestie gezeichnet, grausamste Taten werden gern auch mal wiederholt - wie man das eben im "Nazi-Verwertungsgeschäft" so macht, bemerkt böse die Rezensentin. Mengele werde völlig eindimensional gezeichnet, als Fürst der Finsternis, nicht als ein Arzt mit einem gefährlichen Sendungsbewusstsein. Noch schlimmer sind für sie noch die Versuche von Guez, Mengele zu vermenschlichen. Da unterlaufe ihm sogar der schlimme Fehler, einige der ehemaligen Opfer des sadistischen KZ-Arztes als "Überbleibsel aus Mengeles Menschen-Zoo" zu bezeichnen. Empört fragt Stangneth sich, ob Guez Mengele vielleicht trotz seiner expliziten Absicht, vor den Abgründen des Menschseins zu warnen, selbst ein wenig aufgesessen ist.

Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 09.10.2018

Ein Roman über Josef Mengele? Der deutschen Leser mag sich schaudern abwenden, er tut es zu Unrecht, versichert Rezensent Klaus Bittermann. Dies ist ein "grandioses Buch", beteuert er. Das liegt für ihn auch daran, dass der französische Journalist und Autor Olivier Guez die Geschichte von Mengeles Untertauchen nach der Niederlage der Nazis sehr sachlich beschreibt, kaum ein Adjektiv störe den neutralen Ton. Besonders gut findet Bittermann das Umfeld geschildert, das Nazi-Milieu in der Bundesrepublik und in Argentinien, das Mengele immer wieder vor einer Verhaftung bewahrte. Zwei Kritikpunkte hat Bittermann aber auch an dem Roman: Zum einen hätte er oft einfach gern gewusst, ob etwas wahr oder fiktiv ist, zum anderen ist er nicht wirklich bereit, sich ausgerechnet mit Mengeles Ängsten auseinanderzusetzen, bekennt er.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 21.08.2018

Olivier Guez gelinge das Kunststück, aus dem Leben des untergetauchten NS-Verbrechers Joseph Mengele große "Literatur" zu machen, staunt Rezensent Felix Stephan. Er liest hier, wie Mengele zunächst gemeinsam mit dem "internationalen Nazi-Jetset" ein von Juan Perón verwöhntes Leben in Argentinien begann, unbehelligt von den Nürnberger Prozessen, bis er sich im Zuge der Eichmann-Verhaftung auf eine "demütigende Odyssee" durch Paraguay und Brasilien begab und zunehmend paranoider und labiler wurde. Während Guez zu Beginn des Romans noch in historischer-nüchterner Distanz auf die Ereignisse blickt, erscheint ihm die Erzählstimme bald wie ein "geübter Hedonist", der die Freude am "Niedergang des Monumentalen" in Maßen genießt. Stephan betont, dass Guez ein "ästhetisches, moralisches Kunstwerk" schaffe.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 18.08.2018

Laut Rezensentin Katharina Teutsch beschreibt Journalist Oliver Guez in seinem Roman "Das Verschwinden des Doktor Mengele", wie der Nazikriegsverbrecher nach seiner Zeit als Auschwitzarzt in Argentinien, Paraguay und Brasilien lebte. Zu den Stärken des Buches gehören in ihren Augen seine gut recherchierten Fakten und die Schilderung der komplizierten politischen Gemengelage der Nachkriegszeit, die Mengele ein unbehelligtes Leben, wenn auch auf permanenter Flucht, ermöglichte. Weniger gut hat ihr gefallen, dass Guez sie mit seinen vielen Details förmlich durch den Roman gehetzt hat, wie sie findet, und dass er die Grausamkeit des sadistischen Doktors unnötig drastisch schildert, sodass einige seiner Bilder in ihren Augen etwas Abgeschmacktes haben. Die Rezensentin verlässt die Lektüre mit dem beklemmenden Gefühl, der drängenden Frage, wie ein Mensch solche Grausamkeiten verüben konnte, nicht näher gekommen zu sein.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.08.2018

Rezensent Niklas Bender hat seine Probleme mit Olivier Guez' Josef-Mengele-Roman. Schon die Bezeichnung als Roman findet der Kritiker schwierig - erzählt ihm der französische Schriftsteller und Journalist doch vielmehr im sachlichen "Reportage-Stil" in zwei Teilen von Mengeles Jahren im Exil. Zwar entdeckt Bender durchaus geglückte Beobachtungen, wenn Guez beschreibt, wie Mengele sich zunächst in Argentinien mit ehemaligen Nazi-Granden zusammenschließt und schnell zu Wohlstand und Ansehen kommt, bis er schließlich unter dem zunehmenden Verfolgungsdruck in den Sechzigern und Siebzigern nach Paraguay und Brasilien flieht und in immer größere Abhängigkeit gerät. Dass sich der Autor allerdings vor allem auf Mengeles nicht vorhandene Aufarbeitung der Vergangenheit konzentriert, findet  der Kritiker bedauerlich.
Lesen Sie die Rezension bei buecher.de