Quinn Slobodian

Globalisten

Das Ende der Imperien und die Geburt des Neoliberalismus
Cover: Globalisten
Suhrkamp Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783518429037
Gebunden, 522 Seiten, 32,00 EUR

Klappentext

Aus dem Englischen von Stephan Gebauer. Nachdem Handelspolitik lange eine Sache spezialisierte Juristen war, ist sie heute ein Feld heftiger politischer Auseinandersetzungen: Beim Brexit steht der freie Warenverkehr auf dem Spiel, Donald Trump droht deutschen Autobauern mit Schutzzöllen. In seinem Buch wirft Quinn Slobodian einen neuen Blick auf die Geschichte von Freihandel und neoliberaler Globalisierung. Im Mittelpunkt steht dabei eine Gruppe von Ökonomen um Friedrich von Hayek und Wilhelm Röpke. Getrieben von der Angst, nationale Massendemokratien könnten durch Zölle oder Kapitalverkehrskontrollen das reibungslose Funktionieren der Weltwirtschaft stören, bestand ihre Vision darin, den Markt auf der globalen Ebene zu verrechtlichen und so zu schützen. Slobodian begleitet seine Protagonisten durch das 20. Jahrhundert. Er zeigt, wie sie auf neue Herausforderungen - die Entkolonialisierung etwa oder die europäische Integration - reagierten und aus einer Außenseiterposition heraus die Deutungshoheit eroberten.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 20.02.2020

Rezensent Jens Bisky liest die ideengeschichtliche Studie des Historikers Quinn Slobodian mit Spannung. Klug, pointenreich und oft verblüffend findet er, was der Autor über die Genfer Schule der Neoliberalen mit Wilhelm Röpke, Ludwig von Mises, Friedrich August von Hayek und anderen herausfindet. Was diese kosmopolitisch orientierten Intellektuellen antrieb, wie sie sich den Wiederaufbau der Welt vorstellten und wie sie die EWG sahen, zeichnet Slobodian laut Bisky auf aufschlussreiche Weise nach und stellt die Behauptung von ihrem Triumph infrage.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.01.2020

Der hier rezensierende Juraprofessor Christoph Möllers hat einen hervorragenden Eindruck von Quinn Slobodians Versuch, materialreich, anhand deutschsprachiger Quellen zu erläutern, was Mises, Hayek und Röpke über internationale Ordnungen dachten. Auch wenn Möllers die Ausgangsthese, die Neoliberalen seien keine Anti-Etatisten gewesen, nicht neu findet, macht Slobodian ihn neugierig. Gründlich und elegant, so Möllers, nimmt der Autor den Leser mit zu Orten, Epochen und thematischen Schwerpunkten der Debatten zwischen 1920 und den 1990ern und vermag sie miteinander zu verbinden. Ein für den Rezensenten spürbarer Verlust an Übersichtlichkeit in der Darstellung korrespondiert laut Möllers mit den Tatsachen, nämlich einer immer unübersichtlicheren Zahl von Institutionen und bekennenden Neoliberalen. Gelegentlich findet Möllers den Ton der Darstellung allzu suggestiv und von einem Konsens mit dem Leser ausgehend.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 09.01.2020

Als eine "faszinierende Studie" sieht Rezensent Thomas Assheuer diese über 500 Seiten Wirtschaftsgeschichte. Ganz anders als seine Kollegen habe dieser Autor den Neoliberalismus aufgefasst und gebe dem Begriff dankenswerter Weise wieder eine gewisse "Tiefenschärfe" zurück. Weil es nämlich im alten Habsburgerreich eine "Doppelregierung" gab - eine tagespolitisch agierende und eine auf das Große der Wirtschaft ausgerichtete - so sieht es Slobodian, sei nach der Auflösung des österreichischen Imperiums 1918 in Wien eine Gruppe Ökonomen aufgetaucht, die sich nach diesem alten Muster nunmehr eine "globale Doppelregierung" herbeiwünschten. Erst nach 1945 konnte sich dann die Idee der Dominanz des Kapitals in der Praxis durchsetzen - aber auch dann immer wieder bedroht vom "globalen Moralismus" der Umverteilung. So sähen sich die Neoliberalen bis heute weltweit von "maßlosen Forderungen" umstellt, zu denen alles zählt, was nach "Vollbeschäftigung, gerechten Löhnen, sozialer Absicherung und Umverteilung" aussieht. Assheuer ist fasziniert und beeindruckt von diesem Narrativ, aber er findet, dass auch Slobodian der "mystischen Chiffre des Marktes" nicht auf die Spur komme. So erinnert der Kritiker am Schluss auf fast rührende Weise an Ludwig Ehrhardts Legitimation von Wirtschaftspolitik, die ihren Wert daraus beziehen müsse, den Menschen zu dienen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 12.12.2019

Sehr beeindruckt ist Rezensent Jens Balzer von Quinn Slobodians historischer Darstellung der Ideen des Neoliberalismus. Ihm gefällt, wie nüchtern vom Beginn - dem Zerfall der alten Imperien nach dem Ersten Weltkrieg - berichtet und der Werdegang geschildert wird bis zum Aufstieg Chinas. Und warum es eben kein Zufall sei, dass sich Neoliberale sehr gut in nichtdemokratischen Systemen zurecht fänden und sie sogar begrüßten - so wie das Südafrika der Apartheit oder das Chile unter der  Diktatur Pinochets. Staatliche Systeme sollen für sie nur gute Rahmenbedingungen für Konsum und Handel garantieren. Alle bürgerlichen Freiheiten und Widerstandsrechte gegen Autoritarismus sind vollkommen verzichtbar, weil von Anfang an nicht im neoliberalen Denken enthalten, lernt der Kritiker. Alles in allem, so der sehr von diesem Buch überzeugte Balzer, eine kluge wirtschaftshistorische Darstellung, die auch noch "anschaulich und sogar unterhaltsam" geschrieben sei.