Stephen Holmes, Ivan Krastev

Das Licht, das erlosch

Eine Abrechnung
Cover: Das Licht, das erlosch
Ullstein Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783550050695
Gebunden, 368 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Aus dem Amerikanischen von Karin Schuler. Mit dem Mauerfall und dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde das Modell freiheitlicher Demokratie vermeintlich alternativlos. Heute zerbricht die liberale Welt vor unseren Augen. Populismus, Nationalismus und die Abkehr von freiheitlichen Werten begleiten ihren Niedergang. Der Westen hat den Kalten Krieg gewonnen und doch seine politische Strahlkraft verloren. Wie konnte es dazu kommen?  In ihrer politischen Analyse argumentieren Ivan Krastev und Steven Holmes, dass sich das vermeintliche "Ende der Geschichte" als der Beginn des "Zeitalters der Imitation" entpuppt hat. Fast drei Jahrzehnte lang lautete der Imperativ für den Osten: "Imitiert den Westen!" Dabei erwies sich, dass das Leben des Imitators zunehmend von Gefühlen der Unzulänglichkeit, Minderwertigkeit, Abhängigkeit und des Verlusts der eigenen Identität beherrscht wird. Eine erhellende Lektüre, die neue Erkenntnisse über die Ursachen der aktuellen globalen Krisen liefert.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 14.12.2019

Matthias Arnig erfährt vom Politologen Ivan Krastev und vom Rechtswissenschaftler Stephen Holmes eingeübte Sichtweisen auf geschichtliche Verläufe infragezustellen. "Flott" geschrieben scheint ihm das Buch die Desillusionierung zum Ziel zu haben. Dass sich mit der Ära des Liberalismus der Weg in die Freiheit verbindet, verneinen die Autoren mit einer "Analyse antiliberaler Bemühungen in der Gegenwart". Mit dem Motiv der Nachahmung westlicher Modelle durch den Osten und der Behauptung des Endes dieser Ära durch Chinas klare Absage an eine Vorbildfunktion bieten die Autoren dem Rezensenten Denkstoff. Wie sich der Liberalismus erholen und es in Ostmitteleuropa weitergehen könnte, lassen die Autoren laut Arnig offen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 06.12.2019

Der hier rezensierende Politikwissenschaftler Philip Manow bekommt keine befriedigende sozialwissenschaftliche Zeitdiagnose mit dem Buch von Ivan Krastev und Stephen Holmes über die Krise des Liberalismus. Das dem Band laut Rezensent zugrundeliegende Konzept einer fatalen Nachahmung des Westens durch die osteuropäischen Länder nach 1989 besticht zwar durch Mut und Flexibilität, aber nicht durch Konsistenz und argumentative Gründlichkeit, findet Manow. Richtig unseriös wird es für ihn, wenn die Autoren die Krise auch im Westen selbst lokalisieren. Hier implodiert das Deutungsschema, meint er, und übrig bleiben diffuse Einschätzungen und Einfühlungsversuche in die Kollektivpsyche Osteuropas.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 02.12.2019

Jens Bisky lässt sich fast einwickeln von den vielen glänzenden Formulierungen und Funden im Buch des Politologen Ivan Krastev und des Rechtswissenschaftlers Stephan Holmes über die gesellschaftlichen und weltpolitischen Entwicklungen seit 1989. Dann aber geht ihm auf, wie sehr die Autoren mit Verkürzungen arbeiten und blinde Flecken kaschieren. Schon die zentrale These vom Nachahmungsprojekt des Westens findet Bisky schwierig, operiert sie doch mit dem fadenscheinigen Begriff des Westens. Suggestiv bannend wirkt sie auf ihn, aber nicht argumentativ stichhaltig. Wo bleiben die Rechtspopulisten und Gestrigen des Westens? Auch die Homogenität, in die die Autoren die ost- und mitteleuropäischen Gesellschaften fassen, findet der Rezensent nicht zutreffend. Ein Buch der "Taschenspielertricks", das die wahren Machtverhältnisse "eher undeutlich" wahrnimmt, befürchtet Bisky. Wer früher "Das Ende der Geschichte" gelesen hat, winkt Bisky ab, liest heute "Das Licht, das erlosch".
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 14.11.2019

Brillant findet Rezensent Adam Soboczynski dieses Buch der beiden Politikwissenschaftler Ivan Krastev und Stephen Holmes, die immer wieder ausgetretene Pfade verlassen, um den Niedergang des Liberalismus in Ost- oder Mitteleuropa zu erklären. Wie Soboczynski darstellt, erklären die beiden Autoren die Abkehr vom Liberalismus aus der enttäuschten Nachahmung heraus: Osteuropa wollte Demokratie, Reisefreiheit und Kapital, bekam aber dazu noch Säkularismus, Multikulti und die Homo-Ehe. Nicht ganz klar wird aus Soboczynskis Darstellung, wie viel den Autoren zufolge aufs Konto gesellschaftspsychologischer Prozesse geht (Scham, Minderwertigkeitsgefühle, Verlust) und wie viel auf politische Unterschiede, wenn sich etwa die Polen vom deutschen Konzept einer postnationalen Identität eindeutig abgrenzen. Auf jeden Fall verdankt der Rezensent dem Buch profunde Einblicke, neue Perspektive und "glänzende Analysen".

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 12.11.2019

Michael Kuhlmann lässt sich von Ivan Krastev und Stephan Holmes erläutern, wie es dazu kommen konnte, dass in Ostmitteleuropa die Populisten regieren. Dass der westliche Liberalismus doch kein Exportschlager wurde, sondern ihre Verkünder in den früheren Warschauer-Pakt-Staaten als arrogant und ignorant betrachtet wurden und werden, ist für die Autoren allerdings kein Grund, dem "populistischen Ungeist" das Wort zu reden, stellt Kuhlmann erleichtert fest. Wie ein reformierter politischer Liberalismus heute aussehen könnte, diese spannende Frage, lassen die Autoren laut Kuhlmann leider unbeantwortet. Klar ist für sie nur, dass er nicht hegemonial sei kann, wenn er nicht selbstzerstörerisch sein will.