Thomas Sparr

"Ich will fortleben, auch nach meinem Tod"

Die Biografie des Tagebuchs der Anne Frank
Cover: "Ich will fortleben, auch nach meinem Tod"
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2023
ISBN 9783103975451
Gebunden, 336 Seiten, 25,00 EUR

Klappentext

Die bislang unerzählte Geschichte von Anne Franks weltberühmtem Tagebuch schließt eine Leerstelle in der Erzählung über Anne Frank. Anne Frank träumte davon, eines Tages eine berühmte Schriftstellerin zu werden. Ihr Vater Otto Frank, der den Krieg als einziges Familienmitglied überlebte, wollte seiner Tochter diesen Wunsch erfüllen und machte die Verbreitung von Annes Tagebuch zu seinem Lebensinhalt. 1947 erschien "Het Achterhuis" in den Niederlanden, 1950 wurde die erste deutsche Ausgabe veröffentlicht. Heute zählt das Tagebuch zu den meistgelesenen Büchern der Welt; die Wirkung, die es seit der Nachkriegszeit entfaltet, ist unvergleichlich und ungebrochen. Doch die Geschichte seines Erfolgs ist geprägt von Hindernissen und Rückschlägen - und weitgehend unbekannt. Thomas Sparr entschlüsselt, wie es entstanden ist, wie es verbreitet wurde, wie es auf der ganzen Welt rezipiert wird und warum es uns bis heute nicht loslässt.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31.01.2024

Mit Interesse und Neugier liest Rezensent Patrick Bahners diese "Biografie" eines epochalen Buchs, das wie kaum ein anderes (vielleicht noch Viktor Klempereres Tagebücher) die Leser in die Gegenwart des Holocaust versetzt. Aber so wurde das Buch natürlich nicht von Anfang an wahrgenommen, und deshalb ist es für Bahners spannend zu lesen, wie Otto Frank, der sich um das Erbe seiner Tochter kümmerte, mit großer Geduld auf Einwände einer Frankfurter Gymnasialdirektorin reagierte, die das Buch zu "erwachsen" für eine Dreizehnjährige fand. Alles am Buch und seinen frühen Editionen, so Bahners, spielt für den Autor, den ehemaligen Suhrkamp-Lektor Sparr, eine Rolle, auch etwa wie die Cover gestaltet sind. "Material für Erinnerungskämpfe" bietet Anne Franks Tagebuch bis heute, das macht sicher auch seine Stärke aus, so Bahners, und darum dürfte auch Sparrs Biografie von Belang bleiben.
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Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.12.2023

Rezensent Helmut Mauró schätzt, dass Thomas Sparr mit seinem Buch über Anne Franks Tagebuch nicht Sekundärliteratur "von Philologen für Philologen" geschrieben, sondern ein normales Lesepublikum im Blick behalten habe. "Spannend" und nicht intellektuell verquast gehe der Suhrkamp-Editor darin der Geschichte des Tagebuchs nach, dessen Echtheit wiederholt angezweifelt worden war. Dass es gänzlich gefälscht wurde, sei zwar Unsinn, wie Mauró bei Sparr liest, aber gewisse Abweichungen vom Original seien in der Entstehungsgeschichte durchaus zustande gekommen: So hätten Isa Cauvern und Albert Cauvern beim Abschreiben und redigieren des holländischen Originaltextes anfangs noch "ziemlich viel geändert", später nur noch grammatikalische und idiomatische Korrekturen vorgenommen. "Gravierender" seien aber wohl die Eingriffe der deutschen Übersetzerin Anneliese Schütz gewesen, die etwa die Passagen erster sexueller Regungen Anne Franks wegließ und Kindersprache oft zu Erwachsenensprache verformte (z.B. "Wir sind still wie Baby-Mäuschen" zu "Wir verhalten uns sehr ruhig"). Interessant findet Mauró außerdem Sparrs Ausführungen zum dokumentarischen vs. literarischen Wert des Tagebuchs. Für ihn eine gelungene, leserfreundliche Studie.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.12.2023

Das Tagebuch der Anne Frank kennt fast jeder, weiß Kritiker Klaus Hillenbrand, wie es zu einem solchen Welterfolg wurde, kann er jetzt bei Thomas Sparr nachlesen, der nicht einfach schnöde Auflagenzahlen herunterbetet, sondern laut Kritiker die Geschichten hinter diesem Buch zu erzählen vermag. Um das gut erforschte Leben Anne Franks und ihrer Familie geht es nicht, das Tagebuch selbst steht im Fokus, erklärt Hillenbrand, es gibt mehrere unterschiedliche Fassungen, teils von der Autorin selbst verantwortet, teils von ihrem Vater redigiert, die allesamt von renitenten Alt-Nazis in ihrer Authentizität bezweifelt wurden, trotz gegenteiliger Beweise. 1947 erscheint das Buch in einem kleinen niederländischen Verlag, erst 1950 dann auf Deutsch, nachdem namhafte Verleger wie Rowohlt und Kiepenheuer abgelehnt hatten, erfahren wir. Es wird daraufhin weltweit ein Erfolg - auch der Frage, warum es soviel gelesen wurde und wird, geht Sparr nach, so der Rezensent: Dass die Familie jüdisch war und bis auf Vater Otto von den Nazis ermordet wurde, "übersah die Nachwelt allzu gerne".

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 14.10.2023

Anne Franks Biografie ist erforscht, auch zum Tagebuch gibt es eine kritische Ausgabe. Die Biografie des Tagebuchs war bisher noch nicht erforscht, diese Leerstelle füllt nun der Literaturwissenschaftler Thomas Sparr, freut sich Rezensentin Mara Delius. Dass die Verbreitung des Buches keinesfalls eine Selbstverständlichkeit war, sondern vielmehr einer Kette von Missverständnissen zu verdanken ist, erfährt die Kritikerin in dem sorgfältig recherchierten Text, der sich auch als eine Art "Lebensgeschichte" des Buches darstellt, wie Delius schreibt. Nicht zuletzt stellt Sparr wesentliche Fragen, so die Rezensentin: Wurde das Tagebuch nicht zu oft "verkitscht"? Und weshalb wurde nicht mehr aus dem Buch als literarischem Werk gemacht?