Wolfgang Ullrich

Die Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie

Cover: Die Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie
Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 2022
ISBN 9783803151902
Kartoniert, 192 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Das in der Moderne im Westen vorherrschende Ideal autonomer Kunst ist am Ende. Unterscheidungen zwischen Kunst und Kommerz lösen sich ebenso auf wie fest umrissene Werkgrenzen und Rollenklischees: Jeff Koons entwirft Taschen für Louis Vuitton, Künstler-Labels produzieren "Art Toys", kollaborative Projekte setzen auf die Mitwirkung vieler, und Protestgruppen fordern mehr soziale Verantwortung der Kunstwelt.Mit wacher Zeitgenossenschaft führt Wolfgang Ullrich einzelne Phänomene wie beispielsweise Make-up-Fotos auf Instagram, die utopische Malerei von Kerry James Marshall und Takashi Murakamis Sneaker zusammen und entfaltet so das Panorama einer neuen Kunst, die sich mit Aktivismus und Konsum verbündet: einer Kunst, die Kräfte möglichst vieler Disziplinen in sich bündelt, damit aber anderen und mehr Kriterien als früher zu genügen hat.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 15.07.2022

Rezensent Ingo Arend schätzt das Buch des Kunsthistorikers Wolfgang Ullrich dafür, dass es eine Wende in der Kunst auf den Begriff bringt, ohne gleich kulturpessimistisch zu werden. Die breite Entwicklung von der autonomen zur angewandten Kunst konstatiert der Autor laut Arend nüchtern und scharfsinnig, mit dem Wunsch zu verstehen. Ullrich liefert Gründe und Beispiele für den thematisierten Strukturwandel. Letztere findet Arend zwar nicht durchweg überzeugend, da die im Buch gelieferten Kriterien für postautonome Kunst "nur teilweise" auf sie zutreffen. Ullrichs Grundthese aber kann der Rezensent nachvollziehen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 17.05.2022

Rezensent Diedrich Diederichsen warnt vor dem harmlosen Ton in Wolfgang Ullrichs Gegenwartsdiagnose in Sachen Kunst. Dass an Ullrich das Etikett Kulturpessimismus nicht haftet, entspannt Diederichsen noch lange nicht. Wenn der Autor also die Verschmelzung von "Aktivismus und Giftshop" feiert, meldet der Rezensent Zweifel an. Weil für Diederichsen "Autonomiekunst" schon immer auf Partizipation abzielte und weil Ullrich keinen scharfen Autonomie-Begriff mitliefert und im Verständnis des Rezensenten missachtet, dass das intellektuell Fordernde die "Grundidee des Unterhaltsamen" bildet.
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Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 02.04.2022

Rezensentin und langjährige taz-Kunstredakteurin Brigitte Werneburg findet Wolfgang Ullrichs Ausführungen zur "postautonomen" Kunst spannend, deren Erzeugnisse aber weniger. Denn die Möglichkeiten, postautonome Kunstwerke wie Sneaker, Möbel oder ein Saurier-Skelett als "inhaltlich-politisch und formalästhetisch innovativ" zu lesen, hält sie dann doch für begrenzt, auch wenn Wolfgang Ullrich, der bereits über die Kunst der "Superreichen" geschrieben habe, Interessantes zur Verschränkung von Fan- und Konsumkultur und Gebrauchswert feststelle. Den "Strukturwandel" in der globalisierten Kunstöffentlichkeit und die zunehmende Warenförmigkeit von Kunst sieht sie hier treffend analysiert. Wirklich anfangen lasse sich, auch für eine künftige Generation, mit solchen Kunstwerken aber wohl wenig - "Fridays for Future" dürfte dann doch interessanter sein, schließt sie.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2022

Rezensent Georg Imdahl rümpft zusammen mit Wolfgang Ullrich die Nase über Turnschuh-Kunst und knuddelige Art Toys. Dass die autonome Kunst am Ende ist, möchte Imdahl allerdings noch nicht letztgültig glauben, auch wenn der Autor ihm genau das sehr "gut informiert" anhand eines "entleerten Kunstbegriffs" oder auch der Rolle und Macht sozialer Medien weiszumachen versucht. Kunst so erledigt wie die Metaphysik? Immerhin bringt Ullrich laut Rezensent selbst einige Gegenbeispiele, wenngleich darunter auch die Aktionen von Forensic Architecture sind, die für Imdahl eher in den Gerichtssaal gehören als in die Galerie. Was Imdahl skeptisch bleiben lässt angesichts dieses Abgesangs auf die Kunstautonomie, ist der Umstand dass Ullrich keine klar umrissenen Begriffe verwendet (was genau ist autonome, was postautonome Kunst?) und es an "theoretischer Durchdringung" mangeln lässt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 12.03.2022

Rezensent Mark Siemons empfiehlt den Essay des Kunsthistorikers Wolfgang Ullrich zur besseren Orientierung in einer im Umbruch befindlichen Kunstwelt. Dass die Geschichte der autonomen Kunst zu Ende ist, wie der Autor konstatiert, hat Siemons längst geahnt. Was danach kommt, eine Art angewandte Alltagskunst, und wie sie das dem Betrachter darstellt, davon erzählt Ullrich laut Siemons mit ansteckender Verwunderung und einigem Überblick. Beschuht mit Takashi Murakamis und Faith Ringgolds Sneakers wandert der Autor dabei sozusagen zur Globalisierung und zur Eigenlogik sozialer Medien, um den Wandel zu erläutern, lässt uns Siemons wissen. Mode, Kunst, Aktivismus, Konsum - alles eins, stellt der Rezensent fest. An formalen Kriterien vermag ihm der Autor die Veränderung aber leider nicht überzeugend festzumachen. Doch das findet Siemons verzeihlich. Schließlich geht es nicht einfach nur um eine neue Kunstrichtung, sondern um ein ganz neues Koordinatensystem, meint er.