Link des Tages

Es ist nicht alles Gould

01.08.2001. Miles Davis hat eine, Glenn Gould hat zwei. Auch tote Musiker haben Internetadressen.
Die Feststellung, dass auch tote Musiker Internetadressen haben können, berührt einen ja zunächst immer ein bisschen seltsam: Das Netz als Jenseits! Miles Davis hat zum Beispiel eine, und sogar eine sehr schöne. Glenn Gould hat gleich zwei Gould.com und Gould.ca.

Die erste der beiden Adressen dürfte eine Veranstaltung von Goulds Label Sony sein und ist eine bittere Enttäuschung. An ihr kann man eine Grunderfahrung des Netzes studieren: Adressen, die nicht ständig aktualisiert werden, sollte man besser gleich abschalten. Unter News finden wir folgende Auskunft: "There are no current news items. Please check the archives." Von der unbekannten Live-Aufnahme der Goldberg-Variationen, über die heute die SZ berichtet, keine Spur. Und im Archiv datiert die neueste Meldung vom September letzten Jahres und die zweitneueste von 1998! Klar, dass auch die meisten Links auf dieser Seite nicht funktionieren. Klar auch, dass die Musikausschnitte, die man auf der Homepage hören darf, nach 30 Sekunden abrupt abbrechen. Bei diesem Geiz der so genannten Rechteinahber kann man sich nur wünschen, dass die Musiktauschbörsen im Netz nicht ganz aussterben. Ein besonderer Tipp wäre es, die unbekannte Version der Goldberg-Variationen ins Netz zu stellen, denn Sony verkauft sie nur in einer 10-CD-Box mit lauter alten Hüten.

Immerhin gibt es eine Diskographie der CDs, der Videos und der Laserdiscs auf dieser Adresse und natürlich den allerwichtigsten Hinweis: "Buy Glenn Gould's Albums online." Aber darauf geben wir keinen Link.

Glenngould.ca ist die Homepage der kanadischen Gould-Stiftung, auf der das Leben allerdings auch nicht gerade tobt. Das letzte "Glenn Gould Gathering" hat 1999 stattgefunden, und der nächste "Glenn Gould Prize" wird 2002 vergeben. Entsprechend oft wird die Seite aktualisiert.

Zwei empfehlenswerte Adressen haben wir aber trotzdem gefunden.

Das Glenn-Gould-Archiv der National Library opf Canada bietet nicht nur eine Menge fotografischer und biografischer Devotionalien aus dem Leben des Künstlers, sondern tatsächlich auch einige auf CD nicht veröffentlichte Tonaufnahmen, zum Beispiel eine 15 Minuten lange Privataufnahme der (Vorsicht: Real Player!) Burleske von Richard Strauss, bei der Pinaist allerdings so laut mitsingt, dass man das Piano kaum noch hört.

Und in diesem Zusammenhang ist unbedingt auch die Seite des Glenn-Gould-De-Vocalizers zu empfehlen. Hier preist ein Hersteller sein speziell gefertigtes Gerät an, das es erlaubt, Goulds notorisches Mitsingen auf seinen Platten herauszufiltern. Das folgende Tonbeispiel einer Bach-Partita zeigt die revolutionäre Wirkung dieses Geräts: Die ersten15 Sekunden präsentieren die durch den De-Vocaliser gereinigte Fassung, bei den zweiten 15 Sekunden hören wir die gleiche Passage mit Goulds stimmlichen Manifestationen.