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Internationales Literaturfestival in Berlin

09.09.2002. Morgen beginnt das Internationale Literaturfestival in Berlin. Übermorgen diskutieren hier unter anderem Daniel Cohn-Bendit, Tariq Ali, Abdelwahab Meddeb und Eliot Weinberger über den 11. September.
Es ist Zeit, auf das in Kürze beginnende 2. Internationale Literaturfestival in Berlin hinzuweisen. Vom 10. bis zum 21. September werden rund 100 Autoren aus dem In- und Ausland die deutsche Hauptstadt wieder zu einer Pilgerstätte für Literatur-Interessierte machen. Zwölf Tage wird Berlin das Zentrum von Literatur und literarische Begegnungen sein. Ulrich Schreiber hat das Festival im letzten Jahr ins Leben gerufen, und so für die Welt der Literatur in Berlin ein neues Podium geschaffen. Der Anspruch, das Festival von da an jährlich stattfinden zu lassen, hat sich verwirklicht.

Eröffnet wird das Festival im Berliner Ensemble von Dzevad Karahasan. Der aus Bosnien stammende Autor liest zur "Literatur als Verteidigung unserer Geschichte". Ein zentrales Ereignis der Veranstaltung wird sicherlich die aktuelle Thematisierung des Jahrestages der Terroranschläge in den USA werden. Im Zentrum des Diskussionsforums "Reflections", dessen Blick im Kern auf das Zusammenleben der verschiedenen Glaubensrichtungen gerichtet ist, und sich mit Fragen zum Antisemitismus und zum europäischen Islam beschäftigt, steht das "Symposion über die Ursachen und Folgen der Terroranschläge in den USA am 11. 09. 2001", das von Daniel Cohn-Bendit eingeleitet und moderiert wird. Vortragen und diskutieren werden hier unter anderen Abdelwahab Meddeb aus Tunesien, der Engländer Tariq Ali, der New Yorker Essayist Eliot Weinberger, und die Deutschen Peter Schneider und Reinhard Hesse, wie der 11. September zu interpretieren ist, was heute die Begriffe Liberalität und Toleranz bedeuten, oder was generell unter der Bekämpfung des Terrorismus zu verstehen ist. Wer nicht direkt dabei sein kann, hat die Möglichkeit, im Anschluss eine Fernsehdiskussion mit Volker Panzer und Gästen, die als 'ZDF nachtstudio-Extra' am 12. September um 0:35 Uhr ausgestrahlt wird, zu verfolgen.

Der Programmumfang des Vorjahres ist in diesem Jahr um einiges erweitert. Aufgeteilt ist es in drei Haupt- und vier kleinere Sparten. In den Hauptkategorien sind für "Literaturen der Welt" 33 Autor/innen von einer internationalen Jury ausgewählt - ein Novum. Hier sind unter anderem Drago Jancar, Laszlo Krasznahorkai, und Ulrich Peltzer vertreten. Mit "Kaleidoskop" ist der Programmteil betitelt, der sich aus 35 Autor/innen zusammensetzt, die direkt vom ILB nominiert worden sind. Eingeladen sind hier zum Beispiel Stefano Benni, Assia Djebar und Christa Wolf. Der dritte Teil, die "Internationale Kinder- und Jugendliteratur", bietet erwartungsgemäß renommierte Kinder- und Jugendbuchautor/innen auf. Nicht weniger wichtig werden die vier kleineren Kategorien sein. Im Rahmen des "Länderschwerpunkts Spanien" werden sich neun Autor/innen des Landes zu Wort melden. Mit dabei auch der mit dem Premio Herralde ausgezeichnete Marcos Giralt Torrente Zudem gibt es noch "Scritture Giovani" mit Kurzgeschichten, Beiträge von Exilautoren in "Writers in Exile - Programm des P.E.N. Deutschland" sowie "Gäste des DAAD". Zusätzlich zu den literarischen Veranstaltungen läuft ein breites Programm aus musikalischen, künstlerischen und filmischen Darbietungen.

Auf der gut zu überblickenden Homepage des ILB, auf der alle wesentlichen Programmpunkte und Autoren in Kürze nachzulesen sind, kann man sich das ganze Programm als PDF-Datei runterladen.

Das letztjährige Festival hatte sich manifestiert in der Berliner Anthologie "Die Welt über dem Wasserspiegel." Die Sammlung beinhaltet 100 Gedichte, die teils von den Autor/innen des Festivals stammen, teils von ihnen vorgeschlagen wurden, und versteht sich mit den Worten des Festival-Initiators als 'Botschaft für Berlin'. Wie diese Botschaft sich für das diesjährige Event auswirkt, wird sich zeigen. Wer in der Einleitung zur Anthologie lesen möchte, oder eine Auflistung aller beteiligten Autoren des Sammelbandes sucht, der wird hier bedient.

Einige Stimmen der kritischen Nachlese zum Festival 2001 finden sich hier, hier, hier und hier.

Henning Wiechers