Wohl kein zweiter schreibt so sinnlich wie kundig über die Geschichte des BRD-Kinos wie der Filmemacher
Dominik Graf. Das
CulturMag bringt die "Director's Cut"-Fassung von Grafs Beitrag zur filmhistorischen
Aufsatzsammlung "Geliebt und verdrängt" über das
deutsche Kino der 50er Jahre, die anlässlich der Retrospektive beim Filmfestival in Locarno erschienen ist. In seinem Essay ertastet der Regisseur die
Konturen des Männerkörpers im Nachkriegskino, die sich ihm unter anderem auch in den Synchronisationen amerikanischer Filme offenbaren: Diese Praxis mag als Ausweis von Provinzialismus gelten, doch sie hat auch "deutschen Schauspielern
sprachliche Coolness gelehrt, wenn sie Jean Paul Belmondo oder Humphrey Bogart sprechen konnten. Hinzu kommt, daß die deutschen Mimen im Synchronstudio vollends
die Sau rauslassen konnten, ja mußten, wenn sie sich an Louis de Funes' oder Alberto Sordis Tempi angleichen sollten. Und so sah man bzw hörte, was sie alle technisch-schauspielerisch konnten! Zu solchen Höchst-Leistungen gab ihnen nämlich das deutsche Kino ab den 70ern nur noch selten Gelegenheit. ...Um zu einem gerechten Urteil des westdeutschen Kinos (im Grund bis in die Jetzt-Zeit) zu kommen, muß man solche
erstaunlichen Sonderwege des deutschen Films auch ans Herz drücken können, will sagen: erspüren, wie sehr die Grenzen, die Übergänge stets ineinander flossen. Wahnsinn und Modernität, Tradition und Lüge, Verdrängung und wunderbares Understatement, Aufrichtigkeit, Kunst und Kunstgewerbe sind Nachbarn im deutschen Film und erzeugen so ein
schmerzhaftes Quietschen in den Scharnieren der Darstellung, der Herstellung - aber auch oft eine wirklich
einzigartige Schwingung der Filme."
Sehr unterhaltsam und erfreulich ausführlich geraten ist auch ein
Beitrag von
Lee Child, in dem der
Bestsellerautor erklärt, wie er seine Thrillerfigur
Jack Reacher ersonnen hat. Unter anderem erfahren wir auch, dass die ikonische Figur ihren Namen auf sehr unkonventionelle Weise erhalten hat - beim Einkauf: "Im Supermarkt trat - was für große Männer eine alltägliche Erfahrung ist - eine kleine alte Dame zu mir und sagte: 'Sie sind ein recht großer Mann, könnten Sie mir bitte diese Dose reichen (Englisch: 'to reach')?' Meine Frau sagte zu mir: 'Wenn das mit dem Schreiben nicht funktioniert, kannst du jederzeit als Reicher (Englisch: 'reacher') im Supermarkt arbeiten.' Ich dachte,
was für ein toller Name! Und ich nahm ihn und muss jedes Mal schmunzeln, wenn ich im Internet Kommentare lese, in denen es heißt, dass ich den Namen gewählt hätte, weil
das Zielstrebige und Unaufhaltsame darin enthalten seien." Dazu ein Hinweis in eigener Sache: Bereits 2007 hat
Perlentaucher Ekkehard Knörer einen
Essay über diesen großartigen Thriller-Zyklus geschrieben, der Reacher-Neulingen gut als Einstieg dienen kann.
Außerdem: Ein
Auszug aus
Georg Seeßlens neuem
Buch, in dem der umtriebige Kulturkritiker das Phänomen Trump aus Perspektive der Popkultur deutet.