Magazinrundschau - Archiv

Filmkultura

3 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 26.04.2005 - Filmkultura

Im Dokumentarfilm "Die Nachkommen" führt die Filmerin Agota Varga ein Gespräch mit dem Sohn des Kriegsverbrechers Laszlo Endre, der als Staatssekretär für Inneres 1944 die Ghettoisierung und Deportation von 400.000 ungarischen Juden ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verantwortete und 1946 als Kriegsverbrecher zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Sein Sohn Zsigmond Endre (Anfang achtzig), versucht im Film nicht einmal zu verbergen, dass er selbst Antisemit und Holocaust-Leugner ist. Der Filmkritiker Tibor Sandor ist erschüttert, denn die Regisseurin bezieht keine Stellung: "Auf die Frage, was der Vater 1944 getan hat, behauptet Endre zuerst, dass er es nicht wisse, an anderer Stelle, dass er sich nicht erinnere, an dritter Stelle sagt er, das sei unwichtig. Spätestens hier wird es deutlich, dass die Regisseurin seine Sicherheit ins Wackeln bringen könnte, wenn sie ihn schonungslos mit der Schuld seines Vaters konfrontieren würde. Das könnte ein großer Augenblick des Films sein ... Da die historischen Fakten im Film jedoch nicht klar ausgesprochen werden, können die Zuschauer im besten Fall nur ahnen, dass dieser Mann die Wahrheit kennt, aber verschweigt."

Magazinrundschau vom 29.03.2005 - Filmkultura

Andras Jeles, einer der spannendsten Regisseure des zeitgenössischen ungarischen Films, erzählt eine Geschichte aus dem Alten Testament aus der Perspektive des gefallenen Engels. Seine Schauspieler stehen im Gegenlicht, nur ihre Konturen sind sichtbar, wie in einem modernen, dreidimensionalen Schattentheater (Szenenfotos hier und hier und hier). In Filmkultura, der Zeitschrift des Ungarischen Filmarchivs, findet Szilvia Molnar, dass der Film "Josef und seine Brüder" unseren trägen und bequemen, weil mit Bildern verwöhnten Augen eine ganz neue Wahrnehmung beibringt: "Die ins Gegenlicht gestellten Gestalten sind sichtbar und unsichtbar zugleich. Es ist sichtbar, ob sie Frauen, Männer oder Kinder sind, aber ihre Persönlichkeit bleibt verborgen. ... So wird ein jedes Detail von den Augen verschluckt, der Zuschauer ergänzt die Bilder des Schattentheaters und schreibt so den Film fort. Die Augen müssen arbeiten, wie beim Betrachten abstrakter Malerei ... Die Bilder sind nicht abgeschlossen, ein jeder denkt sie durch seine eigene Vorstellungskraft weiter."

Magazinrundschau vom 15.02.2005 - Filmkultura

"Dallas Pashamende - Dallas unter uns", der zur Zeit im Panorama der Berlinale läuft, spielt inmitten einer Müllkippe, in einer ausschließlich von Roma bewohnten Barackensiedlung am Rande der Stadt Cluj in Rumänien. Der Regisseur Robert Adrian Pejo erzählt im Gespräch mit Filmkultura, der Zeitschrift des Ungarischen Filmarchivs, wie sein Weg zu einer der größten Minderheiten Europas gleichzeitig in die Peripherie der Peripherien führte: Die Roma "können nicht in eine Schublade gesteckt werden, sie bleiben immer Außenstehende, sie folgen nicht den Regeln der modernen Zivilisation. Das rührt zum Teil aus ihren kulturellen Traditionen her, auf die sie sehr stolz sind, die jedoch oft nur noch in Spuren weiterleben. Mein Schlüsselerlebnis unter den Roma war die Wurzellosigkeit, der Identitätsverlust, was nicht nur ein Problem der Roma darstellt - von Cluj bis die Philippinen viele Menschen erleben dasselbe."