In der
taz bringt Lea Fiehler eine erstaunliche Meldung. Die brandenburgische Initiative "
Opferperspektive", die rassistische Gewalt im Land beobachtet, veröffentlicht eine Statistik, nach der die Zahlen
rassistischer Straftaten gesunken seien und kritisiert die Polizei, die von
höheren Zahlen berichtete - ungewöhnlich für eine Organisation, die an möglichst dramatischen Zahlen interessiert sein dürfte. Hintergrund ist ein Streit darüber, welche Taten als "
rassistisch" einzustufen sind. Die Polizei bezieht sich nämlich auf das "PMK-Erfassungssystem" (Politisch motivierte Kriminalität), wo neuerdings auch "
Deutschfeindlichkeit" neben "Fremdenfeindlichkeit" als Unterkategorie im Themenfeld "Hasskriminalität" eingeführt wurde. Das stört Anne Brügmann von "Opferperspektive": Taten, welche "dieser Logik zufolge nur deshalb fremdenfeindlich seien, weil Täter und Opfer unterschiedliche Nationalitäten haben, würden als rassistische Straftaten gewertet. 'Das hat die Statistik der Polizei nach oben getrieben', sagt Brügmann. … Von einem
Rassismus gegen Deutsche zu sprechen, so Brügmann, das verkenne das Grundprinzip von Rassismus, der stets auf
ungleichen Machtstrukturen beruht."

Im
Interview mit
hpd spricht die deutsch-iranische Schriftstellerin
Noshin Shahrokhi über die Aufstände im
Iran, den sie vor 36 Jahren verlassen musste, und ihren neuen Roman
"So leicht kommst du nicht ins Paradies", der den Hintergrund für die
Wut vieler Muslime auf Frauen aber auch für Anschläge wie den auf
Salman Rushdie thematisiert: "Es ist mir wichtig, dass die Deutschen die kulturellen Hintergründe verstehen, warum bestimmte Menschen, ohne sein Buch gelesen zu haben, denken, dass sie verpflichtet sind, ihn zu vernichten. Wenn man versteht, findet man einen Weg. Aber wenn einem die Kultur und diese Taten fremd sind, kann man auch keine Lösung finden. Ich finde, viele Wege zur
Integration in Deutschland sind nicht richtig. Viele Mädchen werden in den muslimischen Familien
allein gelassen. Das Kindeswohl, über das man so viel spricht, gilt nicht für diese Mädchen, weil Religion als Privatsache angesehen wird. Wenn diese Religion aber so fundamentalistisch ausgeübt wird, dass Kinder darunter leiden, muss ihnen geholfen werden, und es ist
keine Toleranz,
sondern Ignoranz, zu sagen, das sei Sache der Familie.
Wenig bekannt ist die Geschichte von
Säuglingsheimen, die sowohl in der DDR als auch in Westdeutschland in den Fünfzigern und Sechzigern boomten und in denen sich die Moralvorstellungen der Zeit grauenhaft ausprägten. Überlebende können nicht berichten, weil sie sich schlicht nicht erinnern können, schreibt der Historiker
Felix Berth, der zum Thema forscht, in der
FAZ. Meist richteten sich die Institutionen gegen alleinstehende Mütter: "Diese Frauen waren gezwungen zu arbeiten, hatten aber
kein Netzwerk aus Großeltern oder Freunden, das ihnen bei der Kinderbetreuung geholfen hätte. Meist waren sie schlecht oder überhaupt nicht ausgebildet, waren häufig chronisch krank, und zumindest in Westdeutschland wurde ein Teil von ihnen in den Akten der Behörden als Prostituierte geführt. Das Säuglingsheim galt den Ämtern damals noch als Lösung dieser Probleme, weil Kinder dort alles erhielten, was man als wichtig ansah: ausreichend Nahrung, saubere Windeln und eine von Hygieneprinzipien geprägte Pflege durch rigides Personal, das man
für professionell hielt."
Den
Arbeitskräftemangel könnten wir ausgleichen, wenn
mehr Frauen weniger Teilzeit und
mehr Rentner arbeiten würden. Viele wollen auch,
meint der Zukunftsforscher
Daniel Dettling in der
Welt, man muss sie nur lassen, und vor allem ersteren brauchen Unterstützung. Und nicht nur vom Staat, meint Dettling Richtung Arbeitgeber. "Von den 58.500 Kitas in Deutschland sind nur etwas mehr als
ein Prozent Betriebskitas. Mehr Kitas in den Unternehmen hätten einen doppelten Effekt: zufriedene Beschäftigte und mehr Babys. Mehr Geschlechter- und Generationengerechtigkeit sind die Bedingungen für eine moderne Arbeitsgesellschaft. Hohe Teilzeitquoten von Frauen und Müttern und geringe Erwerbsquoten von Älteren sind Relikte einer Arbeitsgesellschaft, die demografisch
auf Kosten der Zukunft gelebt hat. Tragen wir diese alte Arbeitsgesellschaft endlich zu Grabe."