9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

Internet

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9punkt - Die Debattenrundschau vom 17.04.2024 - Internet

Zehn Jahre nachdem Mathias Döpfner in der FAZ einen offenen Brief an den damaligen Google-Vorstandsvorsitzenden Eric Schmidt geschrieben hat (Unser Resümee), in dem er die Marktmacht von Google im Werbemarkt kritisierte, macht er erneut eine Bestandsaufnahme und meint, alles ist viel schlimmer gekommen: "Das, was Harvard-Professorin Shoshana Zuboff 'Überwachungskapitalismus' nennt, hat sich weitgehend durchgesetzt. Google (beziehungsweise Alphabet) hat bei einer Marktkapitalisierung von knapp 2 Billionen Dollar das Geschäftsmodell und also die Umsätze der Verlage - und fast der gesamten 'Creative Industries'  - weitgehend aufgesaugt. (…) Der Kampf der Verlage um ein modernes, den digitalen Realitäten angepasstes Copyright war nach fünfzehn Jahren zur großen Überraschung aller wenigstens in der EU erfolgreich. Aber es war zu spät. Die meisten Verlage waren bereits wirtschaftlich sehr stark unter Druck und flüchteten sich in Einzelverträge mit Google statt in eine robuste kollektive Rechteverwertung, was den Niedergang beschleunigte."
Stichwörter: Döpfner, Mathias, Google

9punkt - Die Debattenrundschau vom 12.04.2024 - Internet

China hat seine digitalen Desinformationskampagnen zunehmend perfektioniert, weiß Kira Kramer in der FAZ. Seit 2017 fluten chinesische Akteure das Internet bereits mit Fake-Inhalten, von westlichen Beobachtern wurde die Operation "Spamouflage" getauft. Im US-Wahlkampf wird jetzt eine neue Strategie erprobt, so Kramer. Die "Spamouflage"-Akteure geben sich als amerikanische Patrioten aus, mit Amerikaflagge und Wappenadler im Profil, dazu häufig echte Videos von Trump, wie er tanzt, wie er redet. Und auf einmal stehen die Fake-Konten nicht mehr am Rand, sondern im Zentrum der Debatten. Erstmals führen die Beiträge der vermeintlichen Trump-Anhänger dazu, dass andere Nutzer die Konten des 'Spamouflage'-Netzwerks ernst nehmen. Als Fake sind sie nicht mehr ohne Weiteres zu erkennen. Mitunter haben sie fünfstellige Followerzahlen und das Zehnfache an Interaktionen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 05.04.2024 - Internet

Schön, dass es noch solche Meldungen gibt: Das Land Schleswig-Holstein steigt auf LibreOffice um und versucht sich zusehends von Microsoft-Systemen zu lösen, berichtet Martin Holland bei heise.de: "Für den Wechsel auf Open-Source-Software spricht laut der Landesregierung nicht nur das Ziel der digitalen Souveränität. Außerdem erwartet man sich eine verbesserte IT-Sicherheit, geringere Kosten, mehr Datenschutz und ein besseres Zusammenspiel unterschiedlicher Systeme. Das Land möchte sich an der Weiterentwicklung der Software beteiligen und Ergebnisse unter freien Lizenzen veröffentlichen. Der Wechsel zur LibreOffice als Office-Software in der Kommunikation zwischen Ministerien und Behörden soll jetzt kurzfristig erfolgen."

Allerdings sind auch Linux-Systeme angreifbar, berichten Patrick Beuth und Torsten Kleinz im Spiegel. Der Microsoft-Entwickler Andres Freund aus San Francisco machte die Entdeckung, dass eine Schadsoftware ein Programm zur Komprimierung von Daten angegriffen hat, das für viele Anwendungen weltweit entscheidend ist: "Die Software ist in den meisten Linux-Versionen enthalten. Auch wenn das offene Betriebssystem bei Privatnutzern kaum verbreitet ist, stellt es das Rückgrat des Internets dar. Viele Rechenzentren laufen auf Basis von Linux, genauso Android-Smartphones oder Kleingeräte wie Fritz!Box-Router. Hätte Freund den Schadcode nicht zufällig kurz nach Veröffentlichung entdeckt, wäre die Hintertür in immer mehr Systeme eingezogen."
Stichwörter: Open Source, Linux

9punkt - Die Debattenrundschau vom 28.03.2024 - Internet

"Die digitalen Klärwerke sind überfordert", KI-generierte Trash-Inhalte fluten das gesamte Netz, stöhnt Adrian Lobe in der taz: "So spuckte Google bei der Bildersuche nach 'Tank Man' - jenem mutigen Mann, der sich im Juni 1989 am Tiananmen-Platz in Peking einer Panzerkolonne entgegenstellte - im vergangenen Jahr ein KI-generiertes Fake-Selfie als Top-Ergebnis aus. Schon seit einiger Zeit beklagen Nutzer die nachlassende Qualität der Suchmaschine. Die Ergebnisliste sei mit Anzeigen und suchmaschinenoptimiertem Müll gepflastert, heißt es. Jahrelang konnten sich die Tech-Konzerne das Müllproblem vom Leib halten, indem sie einen digitalen Putztrupp auf den Philippinen beschäftigten, der für ein paar Dollar am Tag den Unrat aussortierte. Doch jetzt dringt dieser Müll an die klinisch reinen Benutzeroberflächen."
Stichwörter: KI-Generierte Inhalte

9punkt - Die Debattenrundschau vom 15.03.2024 - Internet

Dass Tiktok unter anderem als Schleuder extremistischer Inhalte dient, ist inzwischen bekannt (Unsere Resümees). Die USA, wo inzwischen laut Andrian Kreye (SZ) die Hälfte aller Staatsbürger Tiktok nutzen, definiert die chinesische App aber vor allem als "Speerspitze psychologischer Kriegsführung und geheimdienstlicher Tätigkeiten" Chinas - und scheiterte am Versuch die App zu verbieten. Stattdessen soll die App laut einem Gesetzentwurf nun an ein amerikanisches Unternehmen verkauft werden, berichtet Kreye. Und auch deutsche Geheimdienstler warnen "bei Hintergrundgesprächen davor, dass China der viel wirksamere und gefährlichere Gegner im Cyberwar sei als Russland. Das müssen nicht nur Fake News oder Hassbotschaften sein, die über soziale Netze in Umlauf gebracht werden. Die gibt es auch und sie wirken wie Rostfraß auf demokratische Prozesse. Die eigentliche Gefahr sozialer Netze für die Demokratie aber sind die Dynamik und Wirkweise der Algorithmen. Da zumindest waren die amerikanischen Gesetzgeber kundig. Ein zentraler Punkt des Gesetzentwurfs H.R.7521 sieht vor, dass nicht nur die Firma, sondern auch die Algorithmen in amerikanischen Besitz übergehen müssen."

Auch der Perlentaucher hat ihn oft zitiert: Markus Beckedahl verlässt nach zwanzig Jahren das von ihm gegründete Blog Netzpolitik, mit dem er viele Debatten aus diesem Themenbereich in Deutschland mit prägte. Er will Neues ausprobieren, sagt er selbst. Seine Kollegen verabschieden sich von ihm: "Seine Anfänge nahm netzpolitik.org in einer Zeit, als soziale Medien und Online-Journalismus noch in den Kinderschuhen steckten. Die noch junge Blogosphäre blühte auf. Markus startete das Blog netzpolitik.org als Ersatz für eine Mailingliste und teilte Links zum Thema Internet und Politik. netzpolitik.org wurde schnell zu einem wichtigen Knotenpunkt der Blogosphäre in der zivilgesellschaftlichen Debatte um die Gestaltung des Internets." Mehr bei heise.de.
Stichwörter: Tiktok, USA

9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.03.2024 - Internet

Zwei Artikel aus der FAS zum Thema KI in den Kulturindustrien sind nachzutragen. Ein ganzes Autorenteam berichtet über die Ängste der Übersetzer vor den oft sehr guten, aber manchmal auch nur tückisch-plausibel klingenden Übersetzungen von Deepl und anderen Diensten. Die FAZ-Autoren argumentieren, wie man seinerzeit beim Aufkommen von Taschenrechnern argumentierte - man macht sich Sorgen ums Kopfrechnen: "Es geht bei der Frage von Qualität und Legitimität von KI-Übersetzungen nicht einfach um die beruflichen Perspektiven einer altmodischen Zunft. Sondern um eine grundsätzliche Beziehung zu Sprache und Kultur, die durch ihre Automatisierung verloren zu gehen droht, weil sie ja nur durch intellektuelle Techniken lebendig bleibt. Die Debatte um die Zukunft dieser Praxis wird nicht nur die Übersetzer beschäftigen, die bilden nur die unfreiwillige Avantgarde." Wie trügerisch KI-Übersetzungen sein können, weist die Autorin und Übersetzerin Anja Utler in der heutigen FAZ an Beispielen nach.

Viel zuversichtlicher klingt da der Bertelsmann-Chef Thomas Rabe im Gespräch mit einem Team von den Wirtschaftsseiten der FAS! "KI wandelt Text zu Audio oder umgekehrt, sie übersetzt, sie fasst Texte zusammen und personalisiert Werbung. Nehmen Sie das Beispiel Pumuckl. Für die Neuauflage der Serie haben wir die Stimme des Schauspielers Hans Clarin mit KI imitiert..." Rabe führt dann  aus, dass man sich aber mit der Familie von Clarin abgesprochen habe (wie das finanziell aussieht, fragen die Interviewer nicht). Und dann sagt Rabe genau den Satz, den man von einem Boss der Kulturindustrie erwarten würde: "Im Zentrum steht für Bertelsmann das Urheberrecht. Es geht darum, dass unsere Rechte und unsere Daten nur mit unserer Zustimmung genutzt werden dürfen..." Nein, Bertelsmann ist nicht der Urheber!
Stichwörter: KI, Künstliche Intelligenz

9punkt - Die Debattenrundschau vom 04.03.2024 - Internet

Unternehmen könnten bald lieber mit virtuellen Avataren als mit echten Influencern zusammenarbeiten, schreibt Adrian Lobe im Tagesspiegel. Den Vorwurf, Avatare vermittelten ein überhöhtes körperliches Ideal, lässt er indes nicht gelten: "Auch Influencer aus Fleisch und Blut erzeugen eine oberflächliche Scheinwelt und üben mit perfekten Proportionen 'Körperdruck' auf das Publikum aus, das sich beim Anblick der makellosen Körper seltsam unförmig fühlt. Für Schönheitswahn braucht es keine Avatare."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 26.02.2024 - Internet

Die Telekom plant ein Telefon ohne Apps, das nur mit KI auskommt. Wenn es so intelligent ist wie die Labyrinthe der Chatbots, in denen Telekom und sämtliche anderen Firmen heute verzweifelte Kunden verenden lassen, schwant einem Übles. Aber SZ-Experte Andrian Kreye jubelt. Für ihn ist das eine Revolution wie das Iphone. Und "die Wirtschaft steht nun vor der Herausforderung, sich in solchen Nadelöhren und Flaschenhälsen zu behaupten. Markenwirkung, Marketing, Search Engine Optimization, Webpräsenz, Social-Media-Kampagnen? Wären mit einem Smartphone, auf dem es keine Apps mehr gibt, Makulatur." Etwas konkreter geht es in einem zweiten SZ-Text über KI zu. Jan Krüssmann erzählt, wie sie alte Schriftrollen aus Pompeiji entziffern hilft. Die ganze KI bringt aber nichts, ohne  schnelles Internet nach 6G-Standard insistiert der Tech-Unternehmer Ivo Ivanov in der FAZ.
Stichwörter: Künstliche Intelligenz

9punkt - Die Debattenrundschau vom 20.02.2024 - Internet

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In seinem aktuellen Buch "The Coming Wave" untersucht der KI-Forscher Mustafa Suleyman gemeinsam mit Michael Bhaskar Chancen und Risiken des Zusammenspiels von KI, Robotik und Biotech. Damit der Mensch von den Entwicklungen nicht überrollt werde, bedürfe es "Containment", sagt er im SZ-Gespräch: "Das ist eine Idee, die aus vielen Teilen besteht. Dazu gehören Regierungen und Regulierungen, aber auch harte technische Sicherheitsarbeit und Audits von Modellen und Labors. Da ist die Diplomatie gefordert, wir brauchen globale Verträge. Aber es geht auch um eine Generation von Unternehmen, die die Strukturen, Kulturen und Anreize schaffen müssen, um verantwortungsvolle Einsätze dieser Technologien zu priorisieren. Es braucht auch eine massive Bewegung von Menschen auf der ganzen Welt. Und all diese Elemente müssen zusammenwachsen, damit das mehr ergibt als die Summe seiner Teile. Um es deutlich zu sagen: Wir haben in der Vergangenheit noch nie eine Technologie wirklich eingedämmt."
Stichwörter: Ki, Robotik, Suleyman, Mustafa

9punkt - Die Debattenrundschau vom 13.02.2024 - Internet

Heute wird aller Voraussicht nach im EU-Parlament die KI-Verordnung beschlossen. Für die taz fasst Svenja Bergt die wichtigsten Fakten zusammen, unter anderem die Kritik am sogenannten "AI-Act": "Die europäische Bürgerrechtsorganisation EDRi warnt daher davor, dass die neuen Regelungen dazu beitragen könnten, 'die Überwachungsaktivitäten von Polizei und Migrationskontrollbehörden auszuweiten und zu legitimieren'. Die NGO Algorithmwatch kritisiert darüber hinaus 'große Schlupflöcher' für Unternehmen: So hätten die Hersteller von KI-Systemen ein Mitspracherecht bei der Frage, ob ihre Systeme als Hochrisiko-KI, für die besonders strenge Regeln gelten, eingestuft werden. Darüber hinaus gebe es für Bereiche der nationalen Sicherheit, der Strafverfolgung und der Migration Ausnahmen für Hochrisiko-Systeme. 'Der Kompromiss zur KI-Verordnung offenbart einen systemischen Fehler bei der EU-Gesetzgebung. Die nationalen Regierungen und die Strafverfolgungslobby haben einen unverhältnismäßig großen Einfluss', kritisiert Algorithmwatch-Expertin Angela Müller. Das gehe zulasten von Menschenrechten und öffentlichem Interesse."
Stichwörter: AI-Act, KI-Verordnung