Das Unrecht als Gegebenheit

Das Angebot an die  Untertanen, eine komfortable Existenz zu führen, sofern man nicht aufmuckt, stellt ein konstitutives Element diktatorischer Herrschaftstechnik dar. Intervention. Von Richard Herzinger

EFEU - DIE KULTURRUNDSCHAU

Ich komme mir nur selbst entgegen

31.05.2023. Die FAZ bewundert in Tübingen, wie sich Daniel Richter aus dem Gefängnis der Abstraktion befreite. Die SZ erklärt, wer sich hinter dem niederländischen Kollektiv Kirac verbirgt, das Michel Houellebecq vorführte. Die Welt rät, Ludwig Tieck zu lesen. Der Filmdienst feiert die Wiederentdeckung von Djibril Diop Mambétys senegalesischem Klassiker "Touki Bouki". Große Trauer herrscht über den Tod des großen Schauspielers Peter Simonischek, der Grandiosität mit Grazie verband und nur als Toni Erdmann zum Virtuosen der Peinlichkeit wurde. Mehr...

9PUNKT - DIE DEBATTENRUNDSCHAU

Die Autokratie gewann, die Demokratie verlor

31.05.2023. Wer hat gewonnen in der Türkei? Die Hizbullah, die Mafia, die Paschas und die Autokratie, notiert Bülent Mumay in der FAZ. Die Welt fordert, jede Zusammenarbeit mit der Ditib aufzugeben und die doppelte Staatsbürgerschaft zu überdenken. Viele Türken sehnen sich nach einem Übervater, erklärt sich in der NZZ der Schriftsteller Nedim Gürsel den Wahlerfolg Erdogans. In der SZ fordert Gesine Schwan eine neue Flüchtlingspolitik: mit Registrierzentren und Kommunen Matching-Systemen. Im Interview mit dem Tagesspiegel rät der Hongkong-Aktivist Nathan Law der EU, aus dem Ukrainedebakel zu lernen und ihre Abhängigkeit von China zu verringern. Mehr...

BÜCHERSCHAU DES TAGES

Mehr Naturereignis als Mensch

30.05.2023. Die NZZ reist mit dem belarussischen Autor Viktor Martinowitsch in das Minsk einer Zukunft, in der die Erde aufgehört hat, sich zu drehen. Voller Ehrfurcht begibt sich der Dlf in die Kathedrale von einem Roman, die Emanuel Maeß mit "Alles in allem" vor ihm auftürmt. Die SZ bewundert die Modernität, mit der Giacomo Leopardi bereits 1817 die erste Liebe besang. Packend und prägnant findet die FAZ, was Claudia Kemfert in ihrem Buch "Schockwellen" zum Thema Energiesicherheit zusammenträgt. Mehr...

EICHENDORFF21

Taschenbücher des Monats

17.05.2023. Monatlich suchen wir nach viel besprochenen Büchern, die endlich im Taschenbuch erscheinen. Und der Mai hat einiges zu bieten: Antje Ravik Strubels Roman „Blaue Frau“ zum Beispiel, der mit dem Deutschen Buchpreis 2021 ausgezeichnet wurde. Hochgelobt wurde auch Lea Ypis Memoir „Frei“, das von den Folgen des Zusammenbruchs des Ostblocks und dem Ende der Diktatur in Albanien 1990 für eine junge Frau erzählt. Mehr in unseren Neuerscheinungen des Monats Mai.

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MEDIENTICKER

Marimba meets Mozart

30.05.2023. Ludwig Tieck zum 250. Geburtstag & seine wilden Geschichten - Picassos Göttinnen und Fußabstreifer - Perkussionistin Vivi Vassileva im Gespräch - Kunstarzt-Annäherung an Frans Roermond: Bilder um Nichts. Mehr...

ESSAY

Transmission des "Antisemitismus"

27.05.2023. In der Transmission, einem unbewussten Vorgang, gehen präzise semantische Aufladungen verloren. Unbewusst gewordene Spuren etwa durch Verdrängen, Vergessen, Verschieben, Verdichten, die sich in vorigen Generationen einmal antisemitisch in einem agierten Symptom zu erkennen gegeben haben, sind bei einer Reaktualisierung nur noch schwer erkennbar. Sollten wir davon ausgehen, dass sie wie getarnte Attraktoren für aktuelles antisemitisches Denken und Imaginieren fungieren? Nachdenken über "Antisemitismus" - Vorabdruck aus der Zeitschrift Riss. Von Karl-Josef Pazzini. Mehr...

VORWORTE

Menschen im Mahlwerk

25.05.2023. Asylwesen, Umgang mit Flüchtlingen, überlastete Sozialbehörden - in den Medien sind wir fast täglich mit diesen Themen konfrontiert, ihre literarischen Reflexe jedoch sind eher rar. Zu ihnen zählt der Roman von Shady Lewis, der in diesem Beitrag vorgestellt wird, und das Glück will es, dass er im kürzlich erschienenen Debütwerk von Theresa Pleitner eine Art Gegenüber gefunden hat. Die Bücher erhellen sich gegenseitig durch ihre Ähnlichkeiten wie durch ihre Kontraste. Von Angela Schader. Mehr...

ESSAY

Auf Kosten der Rechtsinhaber

25.05.2023. Die VG Wort hat allen bei ihr organisierten Urheberinnen und Urhebern mit älteren Verträgen Ende März einen Brief zugeschickt mit der Warnung, sie könne ihre Rechte nicht mehr wahrnehmen und ihre Vergütungsansprüche nicht mehr eintreiben, wenn man nicht die beiliegende Neufassung des Wahrnehmungsvertrags unterzeichne. Aber der neue Vertragsentwurf enthält wiederum Klauseln, die unwirksam sind. Dies dient maßgeblich dem eigenen Organisationsinteresse der VG Wort und dem Interesse derjenigen, die auch in Zukunft auf Kosten der Rechtsinhaber zu Unrecht begünstigt werden sollen. Von Martin Vogel. Mehr...

IM KINO

Luxuriös schimmernde Traumblase

25.05.2023. Rob Marshalls Neuverfilmung von Disneys "Arielle, die Meerjungfrau" leidet ein bisschen darunter, dass die Technik inzwischen einen Hyperrealismus erreicht, der keinen Raum mehr für Fantasie lässt. Dass Arielle jetzt schwarz ist, ändert im übrigen auch nichts an einer altmodischen Geschichte, in der eine junge Frau ihre Lebensweise aufgeben muss, um seine anzunehmen. Von Katrin Doerksen. Mehr...

IM KINO

Kunstszeneinterne Symbolpolitik

24.05.2023. Laura Poitras' Dokumentarfilm "All the Beauty and the Bloodshed" taucht Nan Goldins Kampf gegen den Pharmakonzern der Sacklers in ein goldenes Licht, das an das gegenkulturelle New York der 1970er und 1980er erinnern soll. Doch die Instant-Nostalgie des Films kann nicht verschleiern, dass Goldin und Poitras weniger an politischen Auswegen aus der Opioid-Krise interessiert sind als an einer glamourösen Inszenierung von Kapitalismuskritik. Von Lukas Foerster. Mehr...

MAGAZINRUNDSCHAU

Er war gefährlich unabhängig

23.05.2023. Die London Review beobachtet ein Erstarken des nationalen Konservatismus auch in Britannien. Persuasion fürchtet sich vor Populisten wie El Salvadors Nayib Bukele oder Singapurs Lee Kuan Yew, die ihr Volk einen, nicht spalten, und dabei auch noch für Wohlstand sorgen. In Pritomnost stellt der tschechische Regisseur Petr Nikolaev den jüdischen Reformkommunisten František Kriegel vor, über den er ein Biopic gedreht hat. Im Filmdienst ärgert sich Lars Henrik Gass über eine staatliche "Filmbildung", die jede Lust aufs Anderssein untergräbt. Die LA Review of Books fragt sich mit Martin Puchners Buch "Culture", wie Kultur und Akademia so schockierend ich-zentriert werden konnten. Nicht die Künstler sind langweilig geworden, sondern wir, ihr Publikum, meint Tablet. Mehr...

INTERVENTION

Das Unrecht als Gegebenheit

23.05.2023. Die Bücher von Dirk Oschmann und Katja Hoyer verharmlosen die DDR-Vergangenheit. Die von Hoyer als Erkenntnis verkaufte Binsenwahrheit, dass man sich auch in Diktaturen bequem einrichten kann, trägt dazu bei, den Unterschied zwischen  Rechtsstaat und Diktatur zu verwischen. Das Angebot der Staatsmacht an ihre Untertanen, eine relativ komfortable Existenz führen zu können, sofern man nicht aufmuckt, stellt gerade ein konstitutives Element diktatorischer Herrschaftstechnik dar. Von Richard Herzinger. Mehr...

FOTOLOT

Linie oder Farbe

10.05.2023. Der Band "Unseen Saul Leiter", herausgegeben von Margit Erb und Michael Parillo, versammelt sechsundsiebzig Farbfilmdias des amerikanischen Fotografen, vor allem aus den Jahren 1946 - 1968, die zeigen, wie Leiter in seinen besten Farbfotografien eine Brücke zur Malerei Willem de Koonings schlug. Von Peter Truschner. Mehr...

ESSAY

Literatur in den Sendern

04.05.2023. Herauszufinden, welche literaturkritischen Angebote die öffentlich-rechtlichen Sender haben, ist gar nicht so einfach. Eine Suche auf den Websites scheitert meist in labyrinthischen Menüs - und jeder Sender hat da in den letzten Jahrzehnten seine ganz eigenen Irrwege und Sackgassen entwickelt. Von senderübergreifenden Bündelungen kann man nur träumen. Dabei haben die Sender einiges zu bieten. Ein Überblick. Von Alice Fischer. Mehr...

EICHENDORFF21

Krieg und Frieden

24.02.2023. Seit einem Jahr führt Russland nun einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine, ein Ende ist nicht in Sicht. In unserer Liste zum Thema haben wir Bücher zusammengestellt, die sicher keine einfache Lösung, aber genaue Analysen liefern. Der Schwerpunkt liegt mit Titeln von Michael Thumann, Rüdiger von Fritzsch, Gwendolyn Sasse oder Gerd Koenen auf dem aktuellen Krieg, aber hier finden Sie auch Margaret MacMillans Kulturgeschichte des Friedens oder Steven Pinkers vor zehn Jahren kontrovers diskutiertes Werk "Gewalt".
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SPENDEN

Unterstützen Sie den Perlentaucher

24.11.2021. Der Perlentaucher bietet seinen Service für die Leser kostenlos und möchte dabei bleiben. Falls Sie uns unterstützen mögen - regelmäßig oder einmalig - freuen wir uns! Hier finden Sie verschiedene Möglichkeiten. Mehr...