Jan Mohnhaupt

Tiere im Nationalsozialismus

Cover: Tiere im Nationalsozialismus
Carl Hanser Verlag, München 2020
ISBN 9783446264045
Gebunden, 256 Seiten, 22,00 EUR

Klappentext

Tiere in Alltag und Ideologie der Diktatur: Jan Mohnhaupt erzählt ein bisher vernachlässigtes Kapitel der NS-Geschichte. Kartoffelkäfer als Kriegswaffe, Schweine zur "Volkserziehung" - Tiere wurden von den Nazis vereinnahmt. Die Hundezucht diente ihnen als Vorbild für ihren Rassenwahn. Insekten waren Teil der Kriegsvorbereitung. Und der Hirsch sollte den Mythos vom "deutschen Wald" stützen. In Tagebüchern, Fachzeitschriften, Schulfibeln und Propagandamaterial stößt Jan Mohnhaupt auf Tiere und ihre besondere Rolle im Nationalsozialismus. Im Stil einer historischen Reportage begibt er sich auf ihre Spuren, von den Pferden an der Ostfront bis zu den Katzen in deutschen Wohnzimmern. Er macht deutlich: Auch in diesem Ausschnitt der NS-Geschichte zeigt sich das nationalsozialistische Weltbild überraschend klar.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 13.07.2020

Rezensent Wolfgang Schneider dankt Jan Mohnhaupt für einen neuen originellen Zugang zum Thema Nationalsozialismus. Dass und wie die Nazis sogar Tiere ideologisch "ausschlachteten", legt der Autor dem Rezensenten anhand von Görings Löwenliebe und Hitlers Wolfsfetisch dar. Die so entstandenen Zwiespälte und ihre mitunter aberwitzigen Erklärungen (das Schwein wurde zur "Leitrasse") setzt Mohnhaupt Schneider auseinander und verbindet laut Schneider auf sachliche wie erzählende Weise NS-Geschichte mit Tiergeschichten aus Treblinka und weiterreichenden historischen Exkursen.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29.05.2020

Rezensent Thomas Macho gefällt Jan Mohnhaupts Studie über Tiere im Nationalsozialismus. Die Kapitel über den Tierschutz im "Dritten Reich", "Herrentiere", den Zoo am KZ Buchenwald, Göring als Jägermeister und die Seidenraupenzucht für die Falschirmproduktion findet er aufschlussreich und anschaulich. Der "flüssig" geschriebene Text vermittelt Macho vor allem "ideologische Hintergründe und Widersprüche". Manchmal kommt der Autor mit seinen Überlegungen dem "Nazi-Kitsch" allerdings allzu nah, kritisiert der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 23.05.2020

Rezensentin Jutta Person lernt bei Jan Mohnhaupt, wie sich das Tier-Mensch-Verhältnis im NS-Staat gestaltete. Mit seiner Studie betritt der Autor laut Person unerforschtes Gebiet. Anhand von Schwein, Hund, Insekten, Katzen und Wild führt der Autor sie in das nationalsozialistische Gedankengut, zeigt ihr die ideologische bzw. pragmatische Inanspruchnahme von Schäferhund und Seidenraupe. Dem Anekdotischen im Band zieht Person das Nachdenken über die Zusammenhänge von Tier- und Menschenzucht vor, auf die der Autor ihrer Meinung nach noch näher hätte eingehen können.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 19.05.2020

Dieses Buch behandelt keineswegs nur einen "Bagatellaspekt" der Nazi-Herrschaft, insistiert Oliver Pfohlmann, denn das Verhältnis der Nazis zu den Tieren lässt sehr charakteristische Schlaglichter auf ihre Ideologie zu, und das mache der Autor in "griffigem Schreibstil" mehr als deutlich. Inszenierte man einerseits Hitlers Schäferhund "Blondi" als ein deutsches Herrentier, so behandelte man Hauskatzen andererseits als die "Juden unter den Tieren" (nach einer Formulierung des NS-Literaten Will Vesper). Kinder lernten anhand von Kartoffelkäfern, was ein "Volksschädling" sei. Die Nazis wandten ihren Rassenwahn auf die Tiere an und leiteten ihn zugleich aus tierischer Biologie ab. Auch das fortschrittliche Tierschutzgesetz der Nazis, das ein Schlachten von Tieren ohne Betäubung untersagte, war mit ihrem Antisemitismus verknüpft, denn hier ging es in erster Linie darum, den Juden das Schächten zu verbieten. Der Rezensent hat aus diesem seiner Auskunft nach wie eine Reportage geschriebenen Buch eine Menge gelernt und gibt eine emphatische Leseempfehlung.

Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.03.2020

Für Rezensentin Nora Voit füllt dieses Buch eine Lücke, denn über Tiere im Nationalsozialismus mochte bisher kaum jemand schreiben, aus Angst, die Verbrechen an den Menschen zu verharmlosen, erklärt sie. In diese Falle tappt der Journalist Jan Mohnhaupt jedoch nicht, versichert sie. Mohnhaupt gelinge es vielmehr, auch im Kleinen den ganz großen Rassenwahn herauszupräparieren, dabei immer faktentreu und anschaulich, lobt die Rezensentin. So lerne man, wie bestimmte Tiere zu "Herrentieren" gemacht wurden, Menschen andererseits zu Tieren herabgewürdigt wurden. Ein eminent politisches Buch, findet die Rezensentin.