Efeu - Die Kulturrundschau
Bild einer Seelenfahrt
Die besten Kritiken vom Tage. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.
17.06.2017. Sex und Schmerz, alles, was einen Teenager bewegt, findet Tracey Emin in den Bildern Egon Schieles. Im Standard taucht Regisseur Marco Arturo Marelli in die depressive, harte Welt von Debussys "Pelléas et Mélisande". Die taz hört vietnamesischen Beatmusik der sechziger und siebziger Jahre. Und die NZZ fragt: Warum wird die neue Intendanz des Zürcher Schauspielhauses hinter verschlossenen Türen ausgehandelt?
9punkt - Die Debattenrundschau
vom
17.06.2017
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Kunst

Weiteres: In der Presse erinnert Johanna Hofleitner an den vor zehn Jahren verstorbenen österreichischen Maler Rudolf Hradil und sein Werk, dem gerade zwei Ausstellungen in Krems gewidmet sind. Besprochen werden außerdem die Ausstellung "The Art of Banksy" im ehemaligen Berliner Clubrestaurants Felix (Berliner Zeitung), die Ausstellung "Von Hopper bis Rothko. Amerikas Weg in die Moderne" im Museum Barberini in Potsdam (Berliner Zeitung), eine Ausstellung mit Bildern von Anita Albus in der Kunsthalle Kiel (FAZ), die Ausstellung "Picknickzeit" im Frankfurter Museum Angewandte Kunst (FAZ) und die neue Dauerausstellung auf dem Monte Verità (SZ).
Film
Welt-Kritiker Hanns-Georg Rodek nimmt sich ein Beispiel an der FAZ (mehr dazu hier und hier) und hebt vorsorglich schon mal zum Requiem auf die europäische Filmwirtschaft an, die die die böse, inkompetente EU mit ihrem Vorhaben, das leidige Geoblocking abzuschaffen, angeblich zerstören wird. Im Cargo-Blog schreibt Bert Rebhandl über Veit Harlans Film "Pedro soll hängen", den das Berliner Zeughauskino heute zeigt.
Besprochen werden Signe Astrups Dokumentarfilm "Die vergessene Armee" über die NVA (Freitag), die BBC-Serie "Peaky Blinders" (Jungle World), Oliver Stones Fernseh-Interviewreihe "The Putin Interviews" (NZZ) und die Komödie "Mädelstrip" mit Amy Schumer und Goldie Hawn (FAZ, unsere Kritik hier).
Besprochen werden Signe Astrups Dokumentarfilm "Die vergessene Armee" über die NVA (Freitag), die BBC-Serie "Peaky Blinders" (Jungle World), Oliver Stones Fernseh-Interviewreihe "The Putin Interviews" (NZZ) und die Komödie "Mädelstrip" mit Amy Schumer und Goldie Hawn (FAZ, unsere Kritik hier).
Bühne
"Pelléas et Mélisande" ist ein "depressives, hartes Stück", erklärt Opernregisseur Marco Arturo Marelli, der Debussys Oper gerade in Wien inszeniert, im Interview mit dem Standard. Offenen Auges muss man zusehen, wie die drei Hauptfiguren in den Abgrund steuern. Doch erlaubt das Ende eine Katharsis. Im Mittelpunkt seiner Inszenierung "ist einfach Wasser: ein Bild von Tiefe, man kann hineinfallen und damit spielen. Und es ist auch das Element der Musik, die ganz organisch ist - eine seltene Qualität. Ich wollte also das Wasser haben und einen abgeschlossenen Raum, einen Rückzugsort. Für den Tod von Mélisande suchte ich das Bild einer Seelenfahrt, denn diesen Schluss sehe ich nicht so realistisch. Es ist nicht einmal komponiert, dass sie stirbt - man weiß gar nicht, wann was passiert. Es ist eher ein Gleiten in eine andere Welt."
In Zürich wird gerade hinter verschlossenen Türen von "sieben hochlöbliche Damen und Herren" die Nachfolge von Barbara Frey am Schauspielhaus Zürich diskutiert. NZZ-Kritikerin Daniele Muscionico findet das Verfahren vorsintflutlich: "Wie ist es möglich, dass in einem zu 75 Prozent mit öffentlichen Geldern finanzierten Haus die Öffentlichkeit bei einer wegweisenden Entscheidung keine Teilhabe hat? ... Theater ist Partizipation. Ansprache, Gemeinschaft. Wieso als erste Form von Partizipation nicht eine öffentliche Debatte - über die Zukunft des Hauses? Über sein Profil? Und das seines neuen Leiters?"
Weiteres: Die FAZ hat Gina Thomas' Bericht vom Festival in Glyndebourne online nachgereicht. In der SZ stellt Christine Dössel das Performance-Duo Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen vor.
Besprochen werden die Performance "Congo Na Chanel" der österreichischen Choreografin Elisabeth Bakambamba Tambwe im Performeum der Wiener Festwochen (Standard), eine erste Kurzkritik zu Peter Brooks "Battlefield" bei den Wiener Festwochen (Standard) und die Uraufführung von Magz Barrawassers Stück "Pussy Riots. Aufstand in drei Akkorden" am Schauspiel Essen (nachtkritik).
In Zürich wird gerade hinter verschlossenen Türen von "sieben hochlöbliche Damen und Herren" die Nachfolge von Barbara Frey am Schauspielhaus Zürich diskutiert. NZZ-Kritikerin Daniele Muscionico findet das Verfahren vorsintflutlich: "Wie ist es möglich, dass in einem zu 75 Prozent mit öffentlichen Geldern finanzierten Haus die Öffentlichkeit bei einer wegweisenden Entscheidung keine Teilhabe hat? ... Theater ist Partizipation. Ansprache, Gemeinschaft. Wieso als erste Form von Partizipation nicht eine öffentliche Debatte - über die Zukunft des Hauses? Über sein Profil? Und das seines neuen Leiters?"
Weiteres: Die FAZ hat Gina Thomas' Bericht vom Festival in Glyndebourne online nachgereicht. In der SZ stellt Christine Dössel das Performance-Duo Monika Gintersdorfer und Knut Klaßen vor.
Besprochen werden die Performance "Congo Na Chanel" der österreichischen Choreografin Elisabeth Bakambamba Tambwe im Performeum der Wiener Festwochen (Standard), eine erste Kurzkritik zu Peter Brooks "Battlefield" bei den Wiener Festwochen (Standard) und die Uraufführung von Magz Barrawassers Stück "Pussy Riots. Aufstand in drei Akkorden" am Schauspiel Essen (nachtkritik).
Literatur
Im September lässt John Le Carré seinen Meisterspion George Smiley literarisch wieder auferstehen. Für die NZZ hat Marion Löhndorf unter anderem auch dazu nachgefragt, warum der Thrillerautor nun eigentlich wieder auf diese mit dem Kalten Krieg assoziierte Figur zu sprechen kommt. Seine Antwort: "Wir leben in einer Zeit der verschwundenen Ideologien und ich dachte, es könnte interessant sein, sich noch einmal genau anzusehen, was wir in der Zeit des Antikommunismus getan haben - vom heutigen Standpunkt aus. Ich wollte diese Geschichten aus einer humanistischen Perspektive neu überdenken: 'Was hat es gekostet, so zu leben?' ... Wir haben damals geglaubt, in einem moralischen Kampf eingeschlossen zu sein. Dieses Gefühl existiert nicht mehr. In Wirklichkeit gab es die feste Linie, die wir uns einbildeten, so gar nicht. Auf mein Engagement gegen den Kommunismus damals blicke ich heute analytisch zurück."
Tilman Spreckelsen erinnert im literarischen Wochenend-Essay der FAZ an den Dichter Ernst Schulze, dem im 19. Jahrhundert eine ganze Generation zu Füßen lag, der heute aber weitgehend vergessen ist. Ein Großteil seines Werks erschien erst nach seinem frühen Tod: "Schulze schreibt, so der Mythos, um seiner toten Geliebten zu gedenken, dann folgt er ihr ins Grab. ... Er war auch deshalb so populär, weil es zu seinem Werk eine Lebensgeschichte zu erzählen gab, die wiederum ganz das Klischee einer romantischen Dichterexistenz erfüllt." In Celle hat sich im vergangenen Jahr eine Ernst-Schulze-Gesellschaft gegründet.
Aus der Literarischen Welt: Wer im Silicon Valley was auf sich und seine Erfolge hält, gibt im Internet mit seinem Lesepensum an, berichtet Konstantin Richter. Denis Scheck fügt Agatha Christies "Tod auf dem Nil" seinem wöchentlich aktualisierten Kanon hinzu. Lesen dürfen wir außerdem einen Auszug aus Stephan Groetzners neuem Roman.
Besprochen werden Carol O'Connells "Es geschah im Dunkeln" und Sophie Hénaffs "Kommando Abstellgleis" (Perlentaucher), Mathieu Riboulets "Und dazwischen nichts" (Welt), eine bibliophile Ausgabe von Charles Baudelaires Essays (taz), Jennifer Haighs "Licht und Glut" (FR), Victor Klemperers "Warum soll man nicht auf bessere Zeiten hoffen. Ein Leben in Briefen" (SZ), Ingeborg Bachmanns "Das Buch Goldmann" (online nachgereicht von der FAZ) und Kat Kaufmanns "Die Nacht ist laut, der Tag ist finster" (taz).
Tilman Spreckelsen erinnert im literarischen Wochenend-Essay der FAZ an den Dichter Ernst Schulze, dem im 19. Jahrhundert eine ganze Generation zu Füßen lag, der heute aber weitgehend vergessen ist. Ein Großteil seines Werks erschien erst nach seinem frühen Tod: "Schulze schreibt, so der Mythos, um seiner toten Geliebten zu gedenken, dann folgt er ihr ins Grab. ... Er war auch deshalb so populär, weil es zu seinem Werk eine Lebensgeschichte zu erzählen gab, die wiederum ganz das Klischee einer romantischen Dichterexistenz erfüllt." In Celle hat sich im vergangenen Jahr eine Ernst-Schulze-Gesellschaft gegründet.
Aus der Literarischen Welt: Wer im Silicon Valley was auf sich und seine Erfolge hält, gibt im Internet mit seinem Lesepensum an, berichtet Konstantin Richter. Denis Scheck fügt Agatha Christies "Tod auf dem Nil" seinem wöchentlich aktualisierten Kanon hinzu. Lesen dürfen wir außerdem einen Auszug aus Stephan Groetzners neuem Roman.
Besprochen werden Carol O'Connells "Es geschah im Dunkeln" und Sophie Hénaffs "Kommando Abstellgleis" (Perlentaucher), Mathieu Riboulets "Und dazwischen nichts" (Welt), eine bibliophile Ausgabe von Charles Baudelaires Essays (taz), Jennifer Haighs "Licht und Glut" (FR), Victor Klemperers "Warum soll man nicht auf bessere Zeiten hoffen. Ein Leben in Briefen" (SZ), Ingeborg Bachmanns "Das Buch Goldmann" (online nachgereicht von der FAZ) und Kat Kaufmanns "Die Nacht ist laut, der Tag ist finster" (taz).
Musik

Auf einen Leckerbissen für Musikarchäologen weist heute Du Pham in der taz hin: Mit der Compilation "Saigon Supersound Vol. 1" präsentiert der Frankfurter Sammler Jan Hagenkötter Fundstücke aus der vietnamesischen Beatmusik der sechziger und siebziger Jahre, die in ihrem Herkunftsland seinerzeit im übrigen verboten war. Ohne Hagenkötters archivarisches Engagement wäre "die Existenz des vietnamesischen Pop in Vergessenheit geblieben. Songs wie 'Căn Nhà Ngoại Ô' von Kim Loan und 'Đoàn Người Lữ Thứ' von Thanh Thuý, Văn Thanh, Hoàng Liêm und Thanh Mai bedienen sich entrückt-atmosphärischer Klänge, weisen dabei auch Stilelemente des US-Jazz auf. Zu den weichen Klängen von Streichern, Marimba und Percussion bilden die Texte der Künstlerinnen einen Kontrast: Sie singen vom Dschungel, von Schlachtfeldern, der Teilung Vietnams in Nord und Süd. Oder geben dem Soldaten der Vietcong eine Stimme, der zu einem Nachbarmädchen spricht." Auf Bandcamp kann man sich die Compilation anhören:
Weiteres: Katja Schwemmers plaudert in der Berliner Zeitung mit der Popsängerin Lorde über deren neues (im Tagesspiegel besprochenes) Album "Melodrama". Yoko Ono wird 48 Jahren eine Autorenschaft an John Lennons "Imagine" zuerkannt, berichtet Michael Pilz in der Welt. Hans-Jürgen Linke gratuliert in der FR dem Komponisten Rolf Riehm zum Achtzigsten. In der SZ schreibt Harald Eggebrecht zum 90. Geburtstag des Filmkomponisten Martin Böttcher.
Besprochen werden Wilfrieds "Gut Lack" (Standard) und das neue Album der Fleet Foxes (ZeitOnline). Daraus ein aktuelles Video:
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