9punkt - Die Debattenrundschau - Archiv

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2006 Presseschau-Absätze - Seite 4 von 201

9punkt - Die Debattenrundschau vom 09.02.2024 - Medien

Seit Donnerstamorgen wird im Inntal eine Journalistin vermisst, es soll sich um Alexandra Föderl-Schmid, derzeit wegen Plagiatsvorwürfen in der Kritik stehende stellvertretende Chefredakteurin der Süddeutschen Zeitung handeln, meldet die Passauer Neue Presse: "Wie die Landespolizeidirektion Oberösterreich auf Anfrage der Mediengruppe Bayern bestätigt, gab es einen Einsatz am Inn wegen Suizidgefahr. Am Ufer und im Wasser waren Gegenstände entdeckt worden, die eindeutig der vermissten Person zugeordnet werden konnten. Außerdem wurde auf dem Parkplatz einer großen Tankstelle in Grenznähe das Auto von Föderl-Schmid gefunden und von der Polizei durchsucht. Wie es aus Polizeikreisen hieß, sei auch ein 'Abschiedsbrief' gefunden worden."

In der taz hält Clara Löffler nichts von der Einladung von AfD-Politikern in Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen: "Die Verantwortlichen begründen diese Entscheidung gern mit dem Argument, bei der AfD handle es sich um eine demokratisch gewählte Partei. Auch in Talkshows müsse sie deshalb ausreichend vertreten sein. Tatsächlich ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk an den Grundsatz der Chancengleichheit der Parteien gebunden. Was dabei gern übersehen wird: Dieser Grundsatz gilt für das Gesamtprogramm einer Anstalt und nicht für jedes einzelne Format. Es wird also niemand dazu gezwungen, AfD-Politiker:innen zu sich in die Sendung einzuladen. Stattdessen sind ARD, ZDF & Co laut Medienstaatsvertrag zu etwas anderem verpflichtet: die Achtung der Menschenwürde zu schützen sowie die Achtung vor Leben, Freiheit und der Meinung anderer zu stärken. Dass die AfD diese Werte infrage stellt, ist mittlerweile mehrfach juristisch bewiesen."

Der Historiker Joseph Croitoru analysiert auf Zeit Online arabische Fernsehsender und ihre Berichterstattung über den Nahostkonflikt: "Insgesamt zeigt sich, dass bei der arabischen Fernsehberichterstattung über den Krieg im Gazastreifen zwar allenthalben Solidarität mit der extrem leidenden palästinensischen Zivilbevölkerung herrscht. Der Grad dieser Solidarität wie auch Art und Umfang ihrer Artikulation hängen jedoch deutlich von der jeweiligen politischen Haltung zum Nahostkonflikt und zum bewaffneten Kampf der Palästinenser ab. Israels Vorgehen wird zwar kritisiert, keineswegs aber einstimmig etwa als 'verbrecherisch' verurteilt. Dass die Hamas und ihre Verbündeten von den proiranischen Sendern als Waffenbrüder und von Al-Dschasira als legitime Kämpfer gegen eine ungerechte israelische Besatzung betrachtet werden, überrascht wenig. Dass sie für andere arabische Fernsehstationen aber nicht einmal erwähnenswert sind, offenbart den ideologischen Riss, der gegenwärtig durch die arabische Welt geht."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 08.02.2024 - Medien

Um Julian Assange ist es still geworden, auch wenn der Wikileaks-Gründer kurz vor einem wichtigen Gerichtstermin steht, der über seine Auslieferung an die USA entscheidet, was für Assange hundert Jahre Haft bedeuten könnte. In der FR berichtet Uli Kreikebaum von einer Ausstellung am Sitz des Europäischen Parlaments, zu deren Eröffnung Investigativjournalist Günter Wallraff die Freilassung von Assange fordert und ihn mit dem Schriftsteller Émile Zola vergleicht: "'Wegen manipulierter Beweisführung und juristischer Fehlleistungen war Colonel Dreyfus - obwohl unschuldig - der Spionage für das Deutsche Reich für schuldig erklärt und zu lebenslanger Haft verurteilt worden', so Wallraff. 'Im Fall Assange haben wir das alles und noch mehr: juristische Fehlleistungen, manipulierte Beweise, Psycho-Folter und Anklage wegen Spionage gegen einen Unschuldigen.'" Dreyfus wurde später freigesprochen: "'Bis dahin bedurfte es aber mutiger Einzelpersonen und Gruppen, die sich beharrlich und unerschrocken für Dreyfus und damit für die Gerechtigkeit einsetzten. Genau das müssen wir heute auch wieder tun - es kommt auf jeden einzelnen an -, bis Julian Assange endlich ein freier Mann ist.'"
Stichwörter: Assange, Julian

9punkt - Die Debattenrundschau vom 07.02.2024 - Medien

Der TikTok-Algorithmus begünstigt Terrorpropaganda, Falschinformationen, Verschwörungsideologien und Hassrede, entnimmt Mina Marshall in der FAZ dem Report "Die TikTok-Intifada - Der 7. Oktober & die Folgen im Netz" der Bildungsstätte Anne Frank: "Tiktok überlässt das Feld Judenhassern jeglicher Couleur, Islamisten wie Rechtsextremisten, heißt es in dem Report der Bildungsstätte. Das Netzwerk werde im öffentlichen Diskurs und in der Kulturberichterstattung zu wenig oder fast gar nicht problematisiert. Tiktok sei ein 'unbekanntes Massenmedium' und damit ein idealer Nährboden für Extremisten, die sich in die endlose Kurzvideoschleife einfügen, ohne hinterfragt zu werden. Das nutzten auch AfD-Politiker. Ihre Partei ist die reichweitenstärkste der deutschen Parteien auf Tiktok. Das alles trage zu einer Art 'Speed-Radikalisierung' junger Menschen bei. 'Kein anderes soziales Medium versorgt so eine vulnerable Zielgruppe mit derart verstörendem Content', sagt Deborah Schnabel, Direktorin der Bildungsstätte. Lehrer berichteten, wie Schüler 'plötzlich mit terrorverharmlosenden, israelfeindlichen, antisemitischen und unverrückbaren Positionen zum Nahostkonflikt in die Schule kommen - als hätten sie sich über Nacht radikalisiert'. 70 Prozent der Tiktok-Nutzer sind zwischen 16 und 24 Jahren alt."

Zeit Online meldet mit dpa, dass die Doktorarbeit der stellvertrenden Chefredakteurin der SZ, Alexandra Föderl-Schmid, nach Plagiatsvorwürfen (unser Resümee) vom Kommunikationswissenschaftler Stefan Weber geprüft wird. Der Auftrag kam vom Medienportal Nius, für das auch der ehemalige Bild-Chefredakteur Julian Reichelt arbeitet.

Die Redaktion der Süddeutschen Zeitung hätte sich in der Affäre um eine Abhöraktion vorrangig auf die Plagiatsvorwürfe gegen Alexandra Föderl-Schmid konzentrieren müssen, meint Christian Meier in der Welt. Die Suche nach dem "Maulwurf" lenke von der größeren Frage nach journalistischer Glaubwürdigkeit ab: "Wohl aber wäre ein möglicher Plagiatsfall von öffentlichem Interesse. Hier hat sich die SZ in ein Dilemma manövriert. Statt sich um Vertrauensbrüche in den eigenen Reihen, so bedenklich diese aus interner Sicht auch sein mögen, zu kümmern, hätte die Aufklärung des ursprünglichen Vorwurfs eher Priorität gehabt. Fälle wie diese treffen den Journalismus schließlich an seiner empfindlichsten Stelle, der Glaubwürdigkeit. Jetzt aber ist die Debatte aus dem Ruder gelaufen. Vertrauensbruch hier, Verletzungen redaktioneller Standards da, Misstrauen gegenüber den eigenen Mitarbeitern dort. Bis das Betriebsklima bei der Süddeutschen Zeitung wieder auf Normaltemperatur ist, dürfte es etwas dauern."

Weitere Artikel: Eine BBC-Angestellte, die auf Facebook und X antisemitische Hetze, Holocaustleugnung und Nazivergleiche verbreitete, ist vom Sender entlassen worden, meldet Daniel Zylbersztajn-Lewandowski in der taz. Kein Einzelfall: "Weitere Beispiele antisemitischer Posts von BBC-Angestellten wurden in britischen Medien berichtet, vor allen von Einzelpersonen aus dem arabischsprachigen Dienst der BBC. Es ist nicht klar, wie vehement die BBC gegen sie vorging."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 06.02.2024 - Medien

Nach Plagiatsvorwürfen zieht sich Alexandra Föderl-Schmid, stellvertretende SZ-Chefredakteurin aus dem Tagesgeschäft zurück, meldet unter anderem Benjamin Lamoureux im Tagesspiegel: "Länger bekannt war bereits, dass Föderl-Schmid in ihren Texten längere Passagen aus anderen Quellen zum Teil wortgleich übernommen haben soll. In einem Text zur Ideologie der Hamas soll sie etwa einem Bericht des Portals Medieninsider zufolge Teile der Charta der Terrororganisation verwendet haben, ohne dies klar zu kennzeichnen. In einem weiteren Artikel soll sie Teilstücke aus Veröffentlichungen der Bundeszentrale für politische Bildung übernommen haben. (…) Darüber hinaus hat dem Spiegel zufolge nun der österreichische Publizist und Plagiatsjäger Stefan Weber neue Vorwürfe erhoben. Diese betreffen offenbar Föderl-Schmids Dissertation an der Universität Salzburg aus dem Jahr 1996."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 05.02.2024 - Medien

Die SZ steht nach Berichten des Online-Magazins Medieninsider im Verdacht, ihre eigene Redaktion, immerhin im Einvernehmen mit dem Betriebsrat, abzuhören, um einen "Maulwurf" zu finden, der Informationen nach außen gibt (Unser Resümee). Heute veröffentlicht die SZ ein "In eigener Sache", in der sie sich rechtfertigt. So wurden nach dem Durchsickern von Informationen aus der Redaktionskonferenz Maßnahmen angeordnet: "Wie bei anderen Unternehmen auch gibt es für diesen Fall bei der SZ Regeln, wie vorzugehen ist (...). Diesen Regeln folgend, entschied die Chefredaktion, im Einvernehmen mit dem Betriebsrat, überprüfen zu lassen, ob es Datenverkehr zwischen den IP-Adressen der Redaktion und des Branchendienstes gegeben habe. Diese Überprüfung erbrachte kein Ergebnis, weitergehende Maßnahmen erfolgten nicht. (...) Die gesamte Redaktion wiederum erfuhr in einer vom Ausschuss einberufenen und veranstalteten Redaktionsvollversammlung am 30. Januar von dem Vorgang. (...). Erneut wurden aber auch aus dieser Versammlung vertrauliche Informationen, zum Teil im Wortlaut, nach außen gegeben." Die SZ scheint derweil weitermachen zu wollen: "Das Abhören einer Redaktionskonferenz beziehungsweise die Weitergabe des Wortlauts dieser Konferenz nach außen ist ein Angriff auf das Redaktionsgeheimnis, den wir nicht tolerieren können."

Die Expertin Saba-Nur Cheema hatte für das Bundesinnenministerium einen Bericht über grassierende Muslimfeindlichkeit verfasst. Dagegen hatte der Autor Henryk Broder geklagt, der in dem Bericht kritisiert wurde, er habe "Aufrufe zur Deeskalation und Rücksichtnahme offen verhöhnt und Muslim*innen pauschal als unwissende, ehrversessene, blutrünstige Horden dämonisiert". Vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin hat Broder Recht bekommen, meldet Michael Hanfeld in der FAZ: "Die Qualifizierung Broders im Bericht des Expertenkreises stelle einen Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht dar, befand das OVG. Das Urteil über Broder sei erlaubt. Das Innenministerium müsse jedoch deutlich machen, dass dies keine 'amtliche' Position sei. Dieser Pflicht habe das BMI nicht Genüge getan. Im Gegenteil: Auf dem Bericht prangt das Logo des Ministeriums, im Vorwort spricht Ministerin Nancy Faeser davon, es gelte, sich mit den Empfehlungen der Experten ernsthaft auseinanderzusetzen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 03.02.2024 - Medien

Genüsslich zitieren Michael Maier und Moritz Eichhorn in der Berliner Zeitung einen Artikel des Online-Magazins Medieninsider, der leider hinter einer Paywall steht. In dem Artikel wiederum geht es um die Chefredaktion der SZ, die nach einem kritischen Bericht des Medieninsider vor einiger Zeit - das Magazin hatte herausgefunden, dass die stellvertretende Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmidt hier und dort mal abgeschrieben hatte - offenbar die Redaktion systematisch abgehört, um herauszufinden, wer der "Maulwurf" war. Die Chefredaktion agierte dabei offenbar nicht ohne Rückendeckung. "Der Betriebsrat stimmte zu, 'dass die IT der SZ Arbeitsgeräte der Redaktionsmitglieder nach Kommunikation mit Medieninsider untersuchen durfte'. Das Branchenmagazin weiter: 'Den Aussagen zufolge wurden Verbindungen über Festnetztelefone ausgewertet wie auch Netzwerke und die E-Mail-Kommunikation der SZ-Journalisten. Laut Betriebsrat sollte dafür nach Nachrichten an Medieninsider-Domains wie auch nach IP-Adressen gefahndet werden. Auch habe man nach Audio- oder Videodateien gesucht.'"

9punkt - Die Debattenrundschau vom 01.02.2024 - Medien

Der Journalist Farhad Payar betreibt in Deutschland das Iran Journal. Im Interview mit Clara Löffler von der taz spricht er über seine Nichte Ghazaleh Zarea, ebenfalls Journalisin, die im Iran von den Behörden schikaniert wird und offenbar auch Drohungen gegen ihn hörte. Er setzt weiter seine Hoffnung in die iranische Opposition: "Die Gesellschaft ist sehr aktiv. Die landesweiten Proteste gehen in anderer Form weiter, weil die Probleme, weshalb die Menschen auf die Straße gingen, nicht gelöst sind. Ich habe meine Nichte gefragt: 'Willst du nicht rauskommen?' Sie sagte: 'Nein, das ist auch mein Land. Warum sollte ich das Land verlassen?' 'Du kommst vielleicht drei Jahre ins Gefängnis', sagte ich. Sie antwortete: 'Wenn das der Preis ist, um in diesem Land zu leben, dann bezahle ich ihn.' Und sie ist nicht die Einzige, die so denkt."
Stichwörter: Iran, Payar, Farhad

9punkt - Die Debattenrundschau vom 26.01.2024 - Medien

Im Welt-Gespräch geht der Fotograf Manfred Klimek mit Blick auf die Medienkritik noch einen Schritt weiter als Hartmut Rosa. Im deutschen Journalismus würden derzeit "zwei Gefühlshaltungen immer relevanter", die dem Journalismus nicht zuträglich sind, meint er: "Die erste Haltung wird geradezu zwanghaft geprägt vom Hang zur moralischen Belehrung - und das betrifft nicht nur linksliberale, sondern auch rechtsliberale Medien." Zudem sei der Journalismus von Angst geprägt: "Die Angst, keinen Platz auf der gesellschaftlich, moralisch und politisch richtigen Seite zu besetzen. Und die Angst, durch Auffälligkeiten, auch durch Ambivalenz, die zum Menschen gehört, derart aufzufallen, dass die eigene Karriere darunter leiden könnte. Dass diese Angst überhaupt greift, haben auch die Sozialen-Medien zu verantworten, der dort herrschende Gerichtshof und die Medienkrise generell, die ihre Ursachen nicht nur in den sozialen Medien findet - aber eben auch. Wir leben nicht mehr nur in Zeiten eines Journalismus, der ausschließlich von Wirklichkeiten erzählt und der lediglich Fakten aufführt, wie es früher meist gang und gäbe war; wir leben nun in einem Journalismus, der von Klickraten stärker dominiert wird als von verkauften Exemplaren und einer harten Auflage."

Der NDR-Untersuchungsbericht zum Fall Hubert Seipel liegt vor, Steffen Klusmann, ehemaliger Spiegel-Chefredakteur, der den Bericht verfasst hat, kommt zu dem Schluss, sowohl der NDR als auch andere Medien hätte Seipels Arbeit zu wenig hinterfragt, resümiert Christian Meier in der Welt: "Gleichwohl entlastet der Bericht, an dem auch NDR-Justiziar Michael Kühn gearbeitet hat, die Mitarbeiter des Senders.  (…) Was bedeutet, dass der NDR keine Klagen gegen die Produktionsfirma oder gegen Seipel selbst anstrengen wird. Diese seien wenig aussichtsreich. Die Firma, eine indirekte Tochter des NDR, sei von den Zahlungen an Seipel nicht von diesem in Kenntnis gesetzt worden. Ein Verdacht, dass Seipel für seine Arbeit aus einer weiteren Quelle bezahlt worden sei, das zumindest hätten Gespräche mit namentlich nicht genannten Mitarbeitern ergeben, sei nicht geschöpft worden. Und ein direkter Einfluss des Kreml auf die Inhalte der Filme sei ebenfalls nicht nachzuweisen."

9punkt - Die Debattenrundschau vom 24.01.2024 - Medien

Dass Hubert Seipel auch für seine Bücher Geld aus Russland kassierte, ist seit Mitte November bekannt (Unsere Resümees), aber viel tut sein Verlag Hoffmann und Campe nicht für die Aufarbeitung, berichtet ein Autorenteam im Spiegel: "Nach wie vor wird Seipel auf der Homepage des Verlags mit eigener Autorenseite gelistet, als Autor ohne Bücher. Die einzige öffentliche Reaktion des Verlags auf die Vorwürfe bestand bisher darin, Seipels Werke nicht mehr zu verkaufen. Vor allem Seipels erstes Buch, für das er auch Geld aus Russland bekommen hat, wurde in zahlreiche Länder verkauft. Sorgt der Verlag nun dafür, dass die Auslandsausgaben ebenfalls nicht mehr verkauft werden? Werden die jeweiligen Verlage zumindest informiert? Man weiß es nicht. Hoffmann und Campe hatte in einer Stellungnahme im November erklärt, sich 'weitere Schritte' gegen Seipel vorzubehalten. Gab es solche Schritte, und wenn ja, wie sahen sie aus? Man weiß es nicht. Hat der Verlag Anzeige erstattet? Auch das weiß man nicht - weil der Verlag sich auf eine Anfrage nicht äußern wollte."

Anfang 2022 hatte Seipel der ARD zudem ein Putin-Interview angeboten, entnimmt Michael Hanfeld (FAZ) ZDF- und Spiegel-Berichten: "Seipels Angebot, ein Interview mit Putin zu führen, lehnte die ARD nicht nur ab. Das Ansinnen löste dort, wie das ZDF schreibt, angeblich 'helles Entsetzen' aus. Die WDR-Chefredakteurin Ellen Ehni habe den ARD-Chefredakteur Oliver Köhr am 9. Februar 2022 per Whatsapp gewarnt: 'Hubert Seipel wird in zwei Tagen Putin im Kreml treffen', Seipel habe ein Interview angeboten. Mit Blick auf das unterwürfige Gespräch, das Seipel 2014 mit Putin geführt und das die ARD ausgestrahlt hatte, als Putin die Krim überfiel und einnahm, schrieb Ehni demnach: 'Erstens war es schon 2014 ein Desaster (unkritisch, unterwürfig), zweitens trat Seipel 2016 auf der Buchmesse mit Putin auf.' Drittens wirke so etwas in der angespannten Lage, als habe man 'kein Rückgrat'. Sie habe andere ARD-Anstalten 'vorgewarnt' und hoffe auf Köhrs Unterstützung. Der habe prompt reagiert: 'Liebe Ellen, bin voll und ganz Deiner Meinung.'"
Stichwörter: Seipel, Hubert, Russland, Krim, WDR, ARD

9punkt - Die Debattenrundschau vom 23.01.2024 - Medien

Seit Wochen macht ein "Zukunftsrat" von sich reden, der beitragen soll, das System der öffentlich-rechtlichen Sender zu reformieren. Zu den Ratsvorsitzenden gehört neben Peter M. Huber Julia Jäkel, die sich ihre Zukunftsqualifikation wohl dadurch erwarb, dass sie Gruner + Jahr zu Tode verwaltete - der Konzern ist inzwischen von Bertelsmann mehr oder weniger abgeschafft worden. Michael Hanfeld unterhält sich in der FAZ mit den beiden. Das Hauptproblem ist die ARD, sagt Jäkel: "Sie wird aufwendig koordiniert, sie ist schwerfällig. Sie ist reformwillig, aber nicht wirklich reformfähig. Sie hat keine klare Leitung. Der ARD- Vorsitzende hat keinen Durchgriff. Die ARD braucht Leitung. Und Aufgabenteilung."

Die SZ veröffentlichte in der letzten Woche Unter dem Rubrum "In eigener Sache" eine sich auf zwei Texte beziehende Rüge des Deutschen Presserats. Beide enthielten Falschaussagen zur Migrationspolitik. Wolfram Schütte stellt den Fall im Perlentaucher dar: "Anscheinend wollten die Redakteure der SZ, die diese Meldungen verfasst haben, Migranten vor vermeintlich übler Nachrede in Schutz nehmen - eine wohlmeinende Besorgnis, die von vielen im linksliberalen Lager geteilt worden ist. Sie hatte jedoch als Kehrseite die klammheimliche Leugnung der Realität."