Hans Blumenberg

Die nackte Wahrheit

Cover: Die nackte Wahrheit
Suhrkamp Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783518298817
Taschenbuch, 199 Seiten, 20,00 EUR

Klappentext

Seit der frühen Neuzeit und verstärkt seit der Aufklärung sollte das göttliche Privileg vom unbedingten Besitz der Wahrheit demokratisiert werden. Die Enthüllung der Wahrheit war auch ein herrschaftskritisches Motiv. Hans Blumenberg verfolgt in diesem späten Nachlasstext die Figur der nackten Wahrheit durch die Philosophiegeschichte, allerdings mit einer verstärkten Aufmerksamkeit für die Kosten jenes Enthüllungsgestus. Nietzsche, der Verteidiger der Rhetorik, und Freud, der die Entwicklung seiner Theorie ohne Rücksicht auf das Wohl einzelner Patienten verfolgt habe, sind für Blumenberg dabei die zentralen Antipoden.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.01.2020

Helmut Mayer nutzt die Edition aus Hans Blumenbergs Nachlass für einen "Rückblick auf Metaphorologisches" bei Blumenberg. Die versammelten Texte, die sich der Rede von der "nackten Wahrheit" widmen, scheinen Mayer durch ihre Kürze und ihre lockere Folge charakteristisch für Blumenbergs Spätwerk. Allerdings haben sie es auch in sich, erklärt der Rezensent. Wie der Autor ausgehend von Autoren wie Rousseau, Kant, Fontane oder Aktaion und Zitaten den "hermeneutischen Turbo" zündet und elegant wie virtuos und ohne ideengeschichtlichen Ballast zeigt, was im Einzelfall aus der Metapher gemacht und wie Wahrheit enthüllt wird, das überrascht Mayer ein ums andere Mal und bringt sein Denken in Gang.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 02.11.2019

Christian Thomas freut sich über den von Rüdiger Zill aus dem Nachlass herausgegebenen abschließenden fünften Band von Hans Blumenbergs Metaphorologie. In der auf 161 Typoskriptseiten als Vorlage für Münsteraner Publikumslesungen beruhenden Edition erweist sich Blumenberg laut Thomas als großer Philosoph und eminenter Stilist. Die vielen Bezüge in den vorliegenden Analysen und Aphorismen, Skizzen und Fragmenten zu Kierkegaard, Kafka, Heine, Kant oder Schopenhauer ergeben für Thomas zwar keinen historischen Durchgang durch die Geschichte der nackten Wahrheit, anregende Lektüre jedoch allemal.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 21.10.2019

Leander Scholz empfiehlt die Lektüre von Hans Blumenbergs Metaphorologie und dieses Buches im Besonderen. Wie der Autor die Frage nach der Wahrheit, der Rede und dem Schein von ihr vom Beginn der Neuzeit über die kritische Philosophie im 18. Jahrhundert bis zu Nietzsche und Freud verfolgt, findet Scholz lesenswert. Wenn Blumenberg die "vernünftige Illusion" und ein erträgliches Maß an Selbstbetrug zur Voraussetzung eines stabilen Selbst erklärt, versteht der Rezensent, dass für Blumenberg in dieser Hinsicht Aufklärung und Psychoanalyse Antipoden darstellen.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 19.10.2019

Eckart Goebel lernt von Hans Blumenberg, wie mit dem Enthüllungsfanatismus unserer Zeit umzugehen ist. Rüdiger Zills "sorgfältige" Edition des Textes aus dem Nachlass von Hans Blumenberg empfindet er daher als großes Glück. Wie der Autor hier mit seinem geschärften Sinn für Metaphern die Rede von der "nackten Wahrheit" prüft, wie er mit Nietzsche, Freud, Kafka, Pascal das Spiel von Entblößung und Verbergen selbst enthüllt und fragt, wie viel Wahrheit wir vertragen, findet Goebel äußerst lesenswert, weil sensibilisierend und wie immer bei Blumenberg pointiert und unterhaltsam.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 26.09.2019

Rezensent Felix Philipp Ingold liest Hans Blumenbergs Abhandlung als "letztes Meisterstück". Das Panorama des europäischen Geistes, das der Autor mittels Zeugenschaft von Kierkegaard, Platon, Nietzsche, Fontane, Heine, Freud, Kafka und anderen entfaltet, um der "nackten Wahrheit" auf die Spur zu kommen, scheint Ingold umfassend und aussagekräftig. Der Text aus dem Nachlass glänzt für ihn durch Präzision  und stilistische Brillanz, aber auch durch die Kraft der Assoziation, der der Autor laut Ingold lieber folgt als der historischen Entwicklung der Wahrheitsmetaphorik. Dass die Wahrheit keinen Kern hat, sondern einer Zwiebel gleicht, vermag Blumenberg dem Rezensenten verständlich zu machen.