Efeu - Die Kulturrundschau
Dieser Einbruch des Profanen
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12.08.2023. Die SZ verfällt der zauberischen Realität der ersten vier Akte von Barbara Freys Inszenierung des "Sommernachtstraums", der die Ruhrtriennale eröffnete. Die FAZ lässt sich von Ulla von Brandenburg Goethes Farbenlehre vortanzen. Außerdem berichtet sie über Versuche der italienischen Regierung, die Filmpolitik nach rechts zu rücken. Die taz feiert fünfzig Jahre HipHop.
9punkt - Die Debattenrundschau
vom
12.08.2023
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Bühne
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In der FAZ fragt sich Patrick Bahners zwar auch, ob man nicht mit den Industrieruinen hätte arbeiten können, statt einfach eine Drehbühne in eine Halle zu setzen, aber die Inszenierung hat ihn dann doch fasziniert: "Welchen Reim soll man sich darauf machen, dass in dieser Komödie die natürliche Welt der Menschen von einer übernatürlichen Welt der Feen verdoppelt wird, sodass den Hochzeitsvorbereitungen von Theseus und Hippolyta die Eheprobleme der Luftspielleiter Oberon und Titania entsprechen? Barbara Frey präpariert an der konventionellen Apparatur zur Perpetuierung sozialer Härten das Sanfte heraus und am absurden Theater der sogenannten Rüpel das Zarte. Das kann man so verstehen, dass die unvollkommenen Arrangements der sozialen Wirklichkeit die Gegenwelt schon enthalten, deren Lebendigkeit man sich zu Shakespeares Zeiten im Rückgriff auf sagenhafte Geschichten des Volksglaubens herbeiträumen konnte." Der fünfte Akt verhagelt SZ-Kritiker Egbert Tholl zwar die Gesamtwirkung, aber davor ist es wirklich ganz zauberhaft, besonders Oliver Nägeles Zettel, versichert er: "Also, Zettel hat seinen Traum, der keiner war, sondern zauberische Realität, und er denkt darüber nach, dass der Mensch ein Esel sei, wenn er sich einfallen ließe, diesen Traum zu verstehen. ... Wäre danach die Aufführung zu Ende, man schwebte hinaus in einem wundervollen Zustand".
Weiteres: Jakob Hayner unterhält sich für die Welt mit dem Schauspieler Jens Harzer, der Energiesparen im Theater für keine gute Sache hält: "Die Kirche muss offen bleiben, und das ewige Licht muss brennen." Simon Strauß schreibt in der FAZ zum 80. Geburtstag des Theatermachers Wolfgang Engel. Besprochen wird außerdem die Uraufführung der Choreografie "Age of Content" von "(La) Horde" & Ballet National de Marseille beim Tanz auf Kampnagel, bei der sich FAZ-Kritikerin Wiebke Hüster gründlich gelangweilt hat.
Literatur
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Weitere Artikel: Sergei Gerasimow schreibt in der NZZ weiter Kriegstagebuch aus Charkiw. Für die WamS hat Mara Delius die Schriftstellerin Eva Sichelschmidt einen Tag lang begleitet. Der Literaturwissenschaftler Detlev Schöttker sammelt für die FAZ Passagen, in denen sich Grass, Enzensberger und Walser lobend über Ernst Jünger äußerten. Jan Wiele blättert für "Bilder und Zeiten" der FAZ nach, wie es um das "dramatische Präsens" in der Gegenwartsliteratur steht. In "Bilder und Zeiten" dokumentiert die FAZ Martin Hielschers Abschiedsrede als Lektor und Programmleiter des Verlags C.H.Beck. Claus Leggewie reist für die FAZ mit Albert Camus' Erzählung "Noces" im Gepäck nach Tipasa an der algerischen Küste. Die NZZ bringt einen Vorabdruck aus dem neuen, in der WamS besprochenen Roman von Maxim Biller. Dlf Kultur würdigt Herta Müller, die am 17. August 70 Jahre alt wird, mit einem Literaturfeature von Carsten Hueck.
Besprochen werden unter anderem Kathrin Rögglas "Laufendes Verfahren" (Zeit), Dovid Bergelsons "Die Welt möge Zeuge sein" (FR), Tobias Rüthers Biografie über den Schriftsteller Wolfgang Herrndorf (taz), Johannes Willms' Biografie über Ludwig XIV. (Tsp), eine Ausstellung im Deutschen Romantik Museum in Frankfurt über das Schreiben mit der Hand (FR) und Franz Hohlers Wanderbuch "Rheinaufwärts" (FAZ).
Architektur
Detlev Schöttker besucht für Bilder und Zeiten (FAZ) das Haus "Am Horn", das der Maler Georg Muche vor hundert Jahren für die erste Ausstellung des Bauhauses entwarf und das offenbar vom römischen Atrium-Haus inspiriert war, obwohl Muche es nie erwähnte. Das Haus könnte aber ein schöner Anlass sein, auch mal über die Kontinuitäten des Bauhauses zu reden, findet Schöttker.
Film
Die rechte Meloni-Regierung ist drauf und dran, den italienischen Film einzuhegen, berichtet Andreas Rossmann in der FAZ. Aktuell eingereichte Anträge sehen eine Zusammenlegung des Centro Sperimentale di Cinematografia (CSC), der Filmakademie und des Filmarchivs sowie die Besetzung wichtiger Posten mit Personal aus der Politik vor. Die italienische Filmindustrie läuft dagegen Sturm. "Das CSC, ein Exzellenzinstitut, das jedes Jahr nur 18 Schauspielstudenten aufnimmt, ist ein kultureller Leuchtturm. Claudia Cardinale, Paolo Sorrentino, Giuseppe De Santis, Paolo Virzi, auch kurz der junge Gabriel García Marquez oder Michelangelo Antonioni gehören zu seinen Alumni; letzterer hatte hier, wie Roberto Rossellini, Andrea Camilleri, Rudolf Arnheim, eine Professur inne. ... Wenn über die Auswahl der Bewerber wie auch über Strategien der Konservierung oder Restaurierung von Filmen Politiker entscheiden, trifft sie das in ihrer Integrität und ihrer Tradition. Der italienische Film hat schon bessere Zeiten gesehen, nun drohen sie sehr viel schlechter zu werden."
Julia Habernagel schaut für die taz auf die russischen Kinos, in denen weiterhin internationale Filme zu sehen sind - ob nun legal oder illegal. Weder in den USA, noch in Deutschland gibt es einen offiziellen Boykott. Wer will, könne fast wie vor dem Krieg in diesen Markt verkaufen. Doch einige Firmen halten sich derzeit zurück. Filme ohne offiziellen russischem Kinostart, werden dann oft als Download aus dem Netz gezeigt. Jedoch seien vor kurzem "Verkaufs- und Lieferwege für illegale Kinofassungen aufgeflogen, weshalb der Schwarzmarkt nun auf Onlineversionen von Filmen zurückgreifen müsse, die erst nach der internationalen Kinopremiere erscheinen. 'Barbie' zum Beispiel wird aufgrund der Kinoeinnahmen in Milliardenhöhe noch eine ganze Weile in den Kinos zu sehen sein, bevor der Film auf Streamingplattformen angeboten wird." Dennoch sei der Film "in der sibirischen Stadt Tyumen gezeigt worden, nicht allzu weit entfernt von der kasachischen Grenze. Zuschauern zufolge muss die Synchronisation jedoch katastrophal gewesen sein. Dass zudem immer wieder Pop-up-Ads für Glücksspiele auf der Leinwand aufgetaucht sind, wird ebenfalls nicht gerade für Kinostimmung gesorgt haben."
Außerdem: "Unsere Branche kann nicht überleben, wenn wir diesen Kampf nicht gewinnen", sagt der Schauspieler David Krumholtz im FAZ-Gespräch mit Patrick Heidmann zum Hollywood-Streik. Die Streamingdienste verkommen mehr und mehr zu klassischem Fernsehen, seufzt Kurt Sagatz im Tagesspiegel. Marcus Stiglegger schreibt im Filmdienst einen Nachruf auf William Friedkin (hier weitere Nachrufe).
Besprochen werden der Netflix-Agentinnenfilm "Heart of Stone" mit Gal Gadot (Tsp), der neue Eberhofer-Krimi "Rehragout-Rendezvous" (Welt), die ARD-Serie "Everyone is f*cking crazy" (Freitag), die ARD-Doku "Unparteiisch" über Schiedsrichter (FAZ), der Amazon-Film "Red, White & Royal Blue" nach dem gleichnamigen Roman von Casey McQuiston (FAZ), die Paramount-Serie "Slip" (taz) und die zweite Staffel der Amazon-Serie "Good Omes" (taz).
Julia Habernagel schaut für die taz auf die russischen Kinos, in denen weiterhin internationale Filme zu sehen sind - ob nun legal oder illegal. Weder in den USA, noch in Deutschland gibt es einen offiziellen Boykott. Wer will, könne fast wie vor dem Krieg in diesen Markt verkaufen. Doch einige Firmen halten sich derzeit zurück. Filme ohne offiziellen russischem Kinostart, werden dann oft als Download aus dem Netz gezeigt. Jedoch seien vor kurzem "Verkaufs- und Lieferwege für illegale Kinofassungen aufgeflogen, weshalb der Schwarzmarkt nun auf Onlineversionen von Filmen zurückgreifen müsse, die erst nach der internationalen Kinopremiere erscheinen. 'Barbie' zum Beispiel wird aufgrund der Kinoeinnahmen in Milliardenhöhe noch eine ganze Weile in den Kinos zu sehen sein, bevor der Film auf Streamingplattformen angeboten wird." Dennoch sei der Film "in der sibirischen Stadt Tyumen gezeigt worden, nicht allzu weit entfernt von der kasachischen Grenze. Zuschauern zufolge muss die Synchronisation jedoch katastrophal gewesen sein. Dass zudem immer wieder Pop-up-Ads für Glücksspiele auf der Leinwand aufgetaucht sind, wird ebenfalls nicht gerade für Kinostimmung gesorgt haben."
Außerdem: "Unsere Branche kann nicht überleben, wenn wir diesen Kampf nicht gewinnen", sagt der Schauspieler David Krumholtz im FAZ-Gespräch mit Patrick Heidmann zum Hollywood-Streik. Die Streamingdienste verkommen mehr und mehr zu klassischem Fernsehen, seufzt Kurt Sagatz im Tagesspiegel. Marcus Stiglegger schreibt im Filmdienst einen Nachruf auf William Friedkin (hier weitere Nachrufe).
Besprochen werden der Netflix-Agentinnenfilm "Heart of Stone" mit Gal Gadot (Tsp), der neue Eberhofer-Krimi "Rehragout-Rendezvous" (Welt), die ARD-Serie "Everyone is f*cking crazy" (Freitag), die ARD-Doku "Unparteiisch" über Schiedsrichter (FAZ), der Amazon-Film "Red, White & Royal Blue" nach dem gleichnamigen Roman von Casey McQuiston (FAZ), die Paramount-Serie "Slip" (taz) und die zweite Staffel der Amazon-Serie "Good Omes" (taz).
Kunst
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Boris Pofalla besucht für die Welt das Haus der Kulturen der Welt und die Eröffnungsausstellung "O Quilombismo!" der neuen Intendanz von Bonaventure Ndikung. Mit dem Geist des Hauses hat sie nicht viel zu tun, findet er: "Es ist sehr viel von Wurzeln, von Affirmation und Bewahrung die Rede", seufzt er. "In der Rhetorik der Schau ist ein Künstler jemand, der eine Kultur, eine Tradition, ein Volk in seinem Werk zu Wort kommen lässt, die Geister und Erfahrungen der Vorfahren belebt und sich ihnen gegenüber respektvoll verhält. Der westliche Kunstbegriff dagegen verlangt radikale Individualität, Zertrümmerung der Vorgänger und Kritik an der eigenen Gesellschaft. Nur einmal taucht in der über das ganze Haus und die Gärten verteilten Ausstellung die eigentlich naheliegende Idee auf, dass Wurzeln, Traditionen und Überliefertes auch mal hinter einem gelassen werden müssen - in dem Video 'We Are Not Your Monkeys' von 1996, das sich gegen die Verachtung der Kaste der Dalit, der 'Unberührbaren' richtet."
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Weitere Artikel: Ingeborg Ruthe besucht für die FR die Sommerausstellung "Rohkunstbau" im Schloss Altdöbern im Spreewald. Rewert Hoffer unterhält sich für die NZZ mit der Fotografin Herlinde Koelbl über Imagepflege in der Politik. Henning Kober stellt in der FAZ die Künstlerin Hani Hape vor, die Helmut-Newton-Fotos kopiert, die fotografierten Frauen aber mit Männern ersetzt. Stefan Trinks schreibt in der FAZ zum Tod des Malers Brice Marden.
Besprochen werden die Ron-Mueck-Ausstellung in der Fondation Cartier in Paris (Welt) und eine Kabinettausstellung zum Schreiben mit der Hand im Deutschen Romantik-Museum (FR).
Musik
In den USA geht das Jubiläum "Fünfzig Jahre HipHop" (mehr dazu hier) ohne großen Festakt und auch ohne die Eröffnung eines entsprechenden Museums, dessen Bau sich durch Corona verzögert hatte, über die Bühne, berichtet Sebastian Moll in der taz. "Den Grund dafür muss man darin vermuten, dass sich Amerika bis heute schwertut mit dem HipHop. Niemand kann mehr ernsthaft leugnen, dass der HipHop eine ureigene US-amerikanische Kunstform von globaler Bedeutung ist. ... Doch der HipHop sperrt sich dagegen, sich so leicht in die Schatztruhe nationaler Kulturerrungenschaften legen zu lassen. Weit mehr als etwa der Jazz bewahrt sich der HipHop bis heute seiner Beliebtheit im gesamten urbanen und suburbanen Amerika zum Trotz seine Störfunktion und seine Gefährlichkeit." Und das trotz des Blings!
Weitere Artikel: Claudia Franziska Brühwiler wirft für die NZZ einen Blick auf die US-Kontroverse um den Countrymusiker Jason Aldean, dem vorgeworfen wird, mit dem Musikvideo zu seinem Song "Try That in a Small Town" Pogromstimmung gegen Linke zu machen: "Die Kontroverse ist exemplarisch für die Dynamik in Amerikas Kulturkrieg." Carolina Schwarz empfiehlt in der taz den Podcast "Queens of Rap", in dem die Journalistin Nina Damsch mit Rapperinnen spricht. Atifa Quazi stellt im Tagesspiegel das Rapdup PNL aus Paris vor, das in Frankreich bereits Starstatus hat.
Besprochen werden das neue Album der Hives (Sie "sind älter geworden und klingen jünger denn je", stellt SZ-Kritiker Max Fellmann fest), ein Schubert-Konzert von Matthias Goerne mit dem Pianisten Alexander Schmalcz in Salzburg (Standard), ein Wiesbadener Konzert von The Trinity Sinfonie und Fabian Müller (FR) und ein neues Album der Wiener Indiepop-Band My Ugly Clementine (Standard).
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