Efeu - Die Kulturrundschau

Die Stille ist doch laut

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11.10.2023. Ausgerechnet die deutschen Theater, die sonst so groß sind in Solidaritätsbekundungen, im Mahnen und Einmischen, vermeiden Solidaritätsbekundungen mit Israel, stellt die nachtkritik fest. Kaum auszuhalten findet es die taz, dass Adania Shibli auf der Frankfurter Buchmesse für ihren Roman "Eine Nebensache" der "Literaturpreis 2023" verliehen werden soll, obwohl er antisemitische Narrative bedient. Wer ethische Leitlinien sucht, sollte sich besser an die Literatur als an die Religion halten, empfiehlt Salman Rushdie im Tagesspiegel.
9punkt - Die Debattenrundschau vom 11.10.2023 finden Sie hier

Kunst

Im Tagesspiegel rekonstruiert Katrin Sohns den jüngsten Vorfall um Kuratoren der documenta 15, die auch ein Jahr nach ihrer Austragung für Schlagzeilen sorgt. Am Montag war bekannt geworden, dass Reza Afisina und Iswanto Hartono, beide Teil des indonesischen Kuratorenteams, ein Video geliket hatten, das feiernde Hamasfans auf der Berliner Sonnenanllee zeigt. "Wie die Hessische/Niedersächsische Allgemeine (HNA) berichtet, wurde Jonas Dörge vom Kasseler Bündnis gegen Antisemitismus auf die Likes aufmerksam und informierte den Hamburger Antisemitismusbeauftragten Stefan Hensel. Dieser zeigte sich im Gespräch mit dem NDR geschockt, dass die beiden Videos geliked haben, in denen auf deutschen Straßen Süßigkeiten ausgegeben worden sind, um Terroristen der Hamas zu feiern, die israelische Zivilisten abgeschlachtet haben. Für ihn zeige dies, dass der Kulturbetrieb, aber auch insbesondere die Hochschule für bildende Künste und ihr Präsident, Martin Köttering, nicht verstanden haben, wie Antisemitismus wirke." Auch der weitere Verlauf der Geschichte kommt einem aus dem letzten Jahr bekannt vor: "Inzwischen haben sich Afisina und Hartono öffentlich geäußert und ihre likes zurückgenommen. Wie die HNA berichtet, seien sie der Annahme gewesen, mit ihren Likes auf ein Video von einer Demo in Neukölln Ende September reagiert zu haben. Dies sei ein Fehler gewesen, so Afisina und Hartono. Sie distanzierten sich zudem von jeder Form der Gewalt."

Emilie Charmy's painting of the writer Colette, c1920. Photograph: A Ricci/Galerie Bernard Bouche

Amy Fleming stellt im Guardian die Gruppe Aware (Archives of Women Artists, Research and Exhibitions) vor, die den Beitrag von Frauen zur Kunstgeschichte (wieder) sichtbar machen möchte. Unter anderem ist es der Gruppe gelungen, auf der Londoner Kunstmesse "Frieze Masters" eine neue Sektion namens "Modern Women" zu etablieren, die sich Künstlerinnen widmet, die zwischen 1880 und 1980 aktiv waren. Ein Abschnitt der Ausstellung widmet sich der weiblichen Wiederaneignung des Aktbilds: "'Nach dem Ersten Weltkrieg gab es viele Künstlerinnen in Paris, London und Berlin, die nackte Porträtbilder komplett anders malten', so Kuratorin und Aware-Chefin Camille Morineau. Viele waren lesbisch oder bisexuell, 'und sie objektifizierten den weiblichen Körper nicht'. Zum Beispiel ein träumerisches Porträt der auf dem Bauch liegenden Schriftstellerin Colette, wie eine Katze, die ihre Belohnung erhalten hat. Gemalt hat es Émilie Charmy - 'vermutlich Colettes Liebhaberin' -, die Teil der Fauvisten um Matisse war. Morineau beschreibt Charmy's Aktbilder als "sehr freizügig, mit masturbierenden Frauen - ein erotischer lesbischer Blick."

Weiteres: Für den Tagesspiegel unterhalten sich Katrin Sohns und Birgit Rieger mit Emma Enderby, die ab Mai 2024 das Berliner KW Institute for Contemporary Art leiten wird. Besprochen werden eine Hiroshi-Sugimoto-Schau in der Londoner Hayward Gallery (Guardian) und die Ausstellung "Nicole Eisenman: What Happened" in der Londoner Whitechapel Gallery (Guardian).
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Literatur

Denis Scheck hat für den Tagesspiegel ein großes Gespräch mit Salman Rushdie geführt. Unter anderem geht es um den Auftrieb, den Religionen in unterschiedlichsten Kulturen haben: "Ich glaube, die Welt verändert sich rasend schnell. In allen Lebensbereichen - nicht nur in der Technik. Und diese Beschleunigung verstört und verwirrt sehr viele Menschen. Diese Menschen suchen Trost in den alten Erzählmustern. Sie sehnen sich nach etwas Konstantem." Und "im Allgemeinen ist eine Religion ein stabiles Gebilde in enorm instabilen Zeiten. Für manche Menschen macht sie das attraktiv. Nicht für Menschen wie mich. Ich glaube, Religionen haben zwei Funktionen für die Gesellschaft erfüllt: erstens Antwort auf die Frage nach dem Ursprung zu geben, und zweitens Antwort auf die Frage der Ethik - also wie wir, da wir nun einmal auf Erden sind, hier eigentlich leben sollen?" Doch "Literatur eignet sich sehr viel besser zur Beantwortung dieser Fragen. Es mag eine Zeit gegeben haben, wo Religionen diese Fragen beantworten konnten. Was die Frage nach unserer Herkunft und unseren Ursprüngen anlangt, ist die Wissenschaft heute sehr viel weiter als zu der Zeit, als die großen Weltreligionen entstanden sind. Dafür brauchen wir sie nicht mehr. Und was nun die Ethik anlangt: wenn ich moralischen Rat suche, wende ich mich gewiss nicht an den Papst. Auch an sonst keine geistlichen Oberhäupter."

Vor dem Hintergrund der Hamas-Massaker in Israel findet es Carsten Otte in der taz "kaum auszuhalten", dass am kommenden Mittwoch bei der Frankfurter Buchmesse Adania Shibli für ihren Roman "Eine Nebensache" mit dem von der Weltempfänger-Jury ausgelobten "Literaturpreis 2023" gewürdigt werden soll. Der WDR-Journalist Ulrich Noller hatte die Jury bereits im Sommer aus Protest verlassen, da der Roman "antiisraelische und antisemitische Narrative" bediene, "und er lässt dabei solche Lesarten nicht nur zu, sondern eröffnet ihnen Räume". Otte kann dies nur bestätigen: Der Roman handelt von einer in Israel längst aufgearbeiteten Gewalttat eines israelischen Soldaten im Jahr 1949 und wie eine palästinensische Journalistin viele Dekaden später die Sache aufklären will. "Sein einfühlsamer Ton überlagert ein Grundproblem des Textes: In diesem Kurzroman sind alle Israelis anonyme Vergewaltiger und Killer, die Palästinenser hingegen Opfer von vergifteten bzw. schießwütigen Besatzern. Die Gewalt gegen israelische Zivilisten kommt wohl auch deshalb nicht vor, weil sie als legitimes Mittel im Befreiungskampf gegen die Besatzer gilt. Das ist die ideologische und auch menschenverachtende Basis des Buchs, und so gerät auch der tödliche Romanschluss zu einer pamphlethaften Anklage, in dem sich alle Stereotype des Textes noch einmal bündeln."

Weitere Artikel: Auf ZeitOnline legt Jana Hensel Anne Rabes "Die Möglichkeit von Glück" und Charlotte Gneuß' "Gittersee" aneinander, die beide aus der Perspektive von Nachgeborenen über die DDR schreiben: Während sie sich von Rabes didaktischer Thesenhaftigkeit sehr eingeengt fühlt, dankt sie Gneuß für "eine eigene literarische Welt, die man vorher noch nicht betreten zu haben glaubt". In den USA erobern Liebesromane eine neue Generation von jungen Leserinnen, berichtet Marlene Knobloch im Tages-Anzeiger. Besprochen werden unter anderem Anne Rabes "Die Möglichkeit von Glück" (FR), Natalja Kljutscharjowas "Tagebuch vom Ende der Welt" (NZZ), Michel Houellebecqs mit Louis Paillard erstellte Comicadaption seines Romans "Karte und Gebiet" (SZ), Daniel Kehlmanns "Lichtspiel" (SZ) und Stephanie Barts Roman "Erzählung zur Sache" über Gudrun Ensslin (FAZ).
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Bühne

Auch die Theaterszene findet kaum zu Solidaritätsbekundungen mit Israel. Die Gründe dafür liegen wohl in dem politischen Ballast, den der Nahostkonflikt automatisch aufruft, vermutet Janis el Bira in der nachtkritik: "Aber die Stille ist doch laut, mit der auch in weiten Teilen der Theaterszene dem Horror der vergangenen Tage begegnet oder vielmehr lieber nicht begegnet wird. Auf den Social-Media-Profilen der meisten großen Häuser jedenfalls scheint die Welt in Ordnung, oder wenigstens nicht schlechter dran als vor dem Wochenende. Ausgerechnet die Theater, die sonst groß sind in Solidaritätsbekundungen, im Mahnen und Einmischen, die öffentlich mitgetrauert haben um die Opfer des Terrors in Paris und Nizza, in Hanau und Halle, in Butscha und Kramatorsk - ausgerechnet sie halten sich jetzt zurück." Und wenn es bei simpler Symbolik bleibt, zumindest irgendeines Zeichens bedarf es jetzt: "Geht es nicht auch um Zeichen, die man setzt, wissend darum, dass sie notwendig unterkomplex bleiben? Dass sie nie den Vollumfang des Leids abbilden werden? Dass das Brandenburger Tor, dieses deutsche Nationalsymbol in Gehdistanz zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas, am Wochenende in den Farben der israelischen Flagge angestrahlt wurde, war ein solches Zeichen, ein Signal. Sehr deutlich, sehr einfach wurde da gezeigt, was vermeintlich nicht extra gesagt werden muss. Manchmal ist das Nicht-Komplexe gerade gut genug."

Die restriktive Kulturpolitik der Polnischen PiS-Regierung trifft auch die Theaterszene, weiß Victoria Großmann in der SZ. Am Krakauer Słowacki-Theater beispielsweise soll der Direktor abgesägt werden: "Eine Regisseurin hatte den polnischen Klassiker 'Dziady' (Ahnen) von Nationaldichter Adam Mickiewicz inszeniert und dabei mehrere Rollen, die üblicherweise von Männern gespielt werden, mit Frauen besetzt. Das reichte für einen Skandal. Gegen Theaterdirektor Krzysztof Głuchowski wurde im Februar 2022 ein Abberufungsverfahren eingeleitet, das andauert. Głuchowski sagte in einem Interview mit der Gazeta Wyborcza, die zuständige PiS-geführte Woiwodschaft versuche mit ständig neuen Vorwürfen und Inspektionen im Theater, ihn mürbe zu machen. Er rechne täglich mit seinem endgültigen Rauswurf." Aufgegeben hat die Szene allerdings noch lange nicht: "Die Widerstandskraft erscheint groß. So wirkt auch Theaterdirektorin Sotowska-Śmiłek vielleicht etwas müde vom ewigen Kampf ums Geld, aber nicht eingeschüchtert. 'Wir können auf private Sponsoren setzen', sagt sie, 'und wir verdienen unser eigenes Geld." Etwa aus Vermietungen der Säle. Vor allem aber sei das Theater künstlerisch erfolgreich, die Vorstellungen oft ausverkauft, unverdrossen bereitet die Spielstätte sechs bis acht Premieren pro Spielzeit vor.'"

In der NZZ besucht Bernd Noack in Berlin das Deutsche Theater, dessen Leitung, mit einigen Vorschusslorbeeren, Iris Laufenberg übernommen hat. Zu einer eigenen Handschrift hat die Neue noch nicht gefunden, meint Noack. Was die ersten Premieren betrifft: Das Rainald-Goetz-Stück "Baracke" (unser Resümee) ist für den Kritiker ein "seltsam zahmer Goetz, der sich zwischen Gesellschafts-Bashing ins Familiäre zurückzieht." Noch einmal deutlich schlechter kommt "Weltall Erde Mensch" weg ("Themen-Wirrwarr in abgehobener Science-Fiction-Atmosphäre, der Staunen und spöttisches Lächeln provoziert"), während dem Suzie-Miller-Monolog "Prima Facie" eine große Zukunft im deutschsprachigen Raum prognostiziert wird. Das Fazit? "Sicher handelt es sich nicht um einen verunglückten Auftakt, eher um einen soliden, vielleicht ein bisschen zu zahmen, zu ehrfürchtigen Anfang im frisch gekürten Theater des Jahres."
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Musik

Mit seiner in Frankfurt dargebotenen Interpretation der Goldberg-Variationen hat Víkingur Ólafsson FAZ-Kritiker Luca Vazgec sehr begeistert. Ólafsson "ist ein filigraner Klavierarbeiter: Jeder Ton ist technisch perfekt, alles führt irgendwohin, keine Phrase verliert sich strukturlos ins Nichts, ohne dass Ólafsson nicht hier noch ein Motiv herausschält, Melodien von der rechten in die linke Hand wirft oder da noch einen Seufzer zelebriert. Dynamik und Artikulation im Dienst am Geistreichen, immer kernig und oft pedallos. ... Auch in den eher barocken und terrassenartig anmutenden Stellen haben seine Skalen immer eine Richtung. An anderen Stellen scheint er mit dem Kopf die Tasten berühren zu wollen. Ja, Ólafssons Bach darf auch mal romantisch werden. Rubato und Pedalgebrauch sind erlaubt, und zwischen zwei Variationen nimmt er sich die Freiheit, irgendwo auf dem Spektrum zwischen Attacca und quälender Spannung den nächsten Klang zu berühren." Für die FR bespricht Bernhard Uske das Konzert. Für die Deutsche Grammophon hat Ólafsson die Goldberg-Variationen auch im Studio eingespielt, hier ein Werbefilm:



Weitere Artikel: Nadine Lange (Tsp) und Michael Hanfeld (FAZ) erklären die Aufregung um ein mittlerweile durch eine lavierende Entschuldigung ersetztes Instagram-Posting der Berliner Rapperin Nura, der nach dem Massaker der Hamas in Israel nichts Besseres eingefallen ist, als einen ihren Songs mit einer lakonischen Solidaritätsbekundung für Palästina zu bewerben. Arne Löffel spricht für die FR mit dem Regisseur Baris Aladag, der eben sein Debüt als Musiker vorgelegt hat. Jürgen von Rutenberg porträtiert für das ZeitMagazin den früheren Rapper und Dealer Jelly Roll, der sich nun mit Country in den USA immenser Popularität erfreut.



Besprochen werden ein neues Album von Pale Blue Eyes (FR) und Fortuna Ehrenfelds neues Album "Glitzerschwein" (taz).
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Architektur

Perfekt eingebettet in sein Umfeld: Das neue Kulturzentrum in Illueca. Foto: Magén Arquitectos


Klaus Englert berichtet in der FAZ von einem Architekturprojekt im spanischen Dorf Illueca, das möglicherweise als ein Modellprojekt beim Versuch dienen könnte, die zunehmend entvölkerten ländlichen Regionen des Landes wieder zum Leben zu erwecken. Das Dorf hat gerade einmal 3000 Einwohner - und jetzt ein neues Kulturzentrum, das von den Anwohnern ausgesprochen gut aufgenommen wurde. Ob das reicht, um die Landflucht zu stoppen? "Als Vorbild taugt der Fall Illueca jedoch in der Art und Weise, in der es den Architekten gelungen ist, das neue Kulturzentrum mit großer Sensibilität in die städtische Textur einzufügen. Damit steht es für eine neue Tendenz spanischer Architektur: die Abkehr von der durch den Bilbao-Boom ausgelösten Spektakelarchitektur, die seinerzeit dazu führte, dass der Bürgermeister eines jeden spanischen Dorfes unbedingt ein Signature Building errichten lassen wollte." Architektonisch ist gleichwohl auch das von den Brüdern Jaime und Francisco Javier Magén entworfene Zentrum interessant, findet Englert, insbesondere in der Art und Weise wie es sich in seine Umgebung einfügt.
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Film

Wim Wenders' "Anselm - Das Rauschen der Zeit"

Wenn es James Cameron nicht gäbe, wäre Wim Wenders wohl der letzte 3D-Filmer der Welt. Mit "Anselm - Das Rauschen der Zeit" widmet er sich nun im mittlerweile doch etwas angestaubten Immersionsverfahren den Arbeiten Anselm Kiefers. SZ-Kritiker Philipp Bovermann sieht hier vor allem naiven Gottesdienst am Werk: "Wenders spielt auf der Tonspur immer wieder ein Flüstern ein, während die Kamera, berauscht von so viel Tiefsinn, so viel Ahnung, so viel Widerhall vergangener Schmerzensschreie, an Kiefers Exponaten vorbeigleitet. ... Die deutsche Öffentlichkeit hat Anselm Kiefer erst die Würdigung verwehrt und sie dann umso mehr nachgeholt, als er bereits international mit seinen germanischen Altlasten aus Stahl und Blei herumgereicht wurde. Nun also ein Heiligenschein, überreicht von Wim Wenders, nicht aus Metall, sondern aus Licht. Kiefer hat sich keinen Gefallen getan, sich für dieses eitle Beweihräucherungswerk zur Verfügung zu stellen." Tazlerin Sophie Jung gewinnt bei dem Film den Eindruck, "dass der Künstler offenbar mehr Distanz zu sich selbst hat, als Wim Wenders mit seinem Porträt ansonsten suggeriert. Der inszeniert ihn lieber als den großen Universalkünstler in seinem Kosmos, lässt Kiefers vom Rauchen tief gesunkene Stimme mit Sätzen aus dem Off kommen wie 'Der größte Mythos ist der Mensch selbst'. Solch pathetische Formeln werden dann abgelöst von den sinfonischen Klängen des Filmkomponisten Leonard Küßner, gehen auf in der überwältigenden Ästhetik des Films."

Für Tagesspiegel-Kritikerin Birgit Rieger macht die 3D-Ästhetik absolut Sinn: "Niemals könnte man so viel von Kiefers Kunst in einer einzelnen Ausstellung sehen. Niemals nah genug herantreten, um zu sehen, was man in Wenders Film zu sehen bekommt. Deshalb lohnt die 3D-Technik, die man - das ist wahrscheinlich ein Kompliment - im Laufe des Films schnell vergisst." 3D-Filme über andere Künstler bilden in Wenders' Filmografie mittlerweile einen eigenen Werkstrang, mit dem sich Daniel Kothenschulte in einem Filmdienst-Essay eingehender beschäftigt.

Dass der Veranstaltungsort The Sphere in Las Vegas mit seiner gigantischen LED-Video-Kuppel Konzerte endgültig ins Gigantomanische verschiebt, hatte gestern bereits die Welt berichtet (unser Resümee). Jürgen Schmieder hat sich dort nun für die SZ Darren Aronofskys eigens für diesen Ort gedrehten Film "Postcard from Earth" angesehen, um zu sehen, was das Immersionsangebot fürs Kino leisten kann. Zu erleben ist eine "Natur-Doku auf Anabolika" mit hoch-höher-höchstauflösenden Bildern von Elefanten, Raupen, Dschungeln und einer Story, die um die Erde trauert, die von den Menschen vernichtet wird. Aber "wer, in aller Welt, kommt nach Las Vegas in eine dekadente Entertainment-Kugel, um dort zu sehen, dass die Welt sowieso den Bach runtergeht?" Dieses Video vermittelt einen kleinen Eindruck des Films, der neben seinen Bildern auch mit Geruchssimulationen aufwartet:



Außerdem: Ralf Krämer führt im Freitag durch den indigenen Schwerpunkt des Human Rights Festivals in Berlin. Valerie Dirk gibt im Standard Viennale-Tipps. Besprochen werden Luc Bessons "Dogman" (Standard), Hafsteinn Gunnar Sigurðssons "Fearless Flyers" (taz), Chloe Domonts "Fair Play" (FD), Heinz Strunks Amazon-Serie "Last Exit Schinkenstraße" (ZeitOnline) und Farzad Fetrats beim Human Rights Festival in Berlin gezeigter Dokumentarfilm "Transition" (Tsp).
Archiv: Film