Italien, das Land der Verschwörungen. Als finstere Strippenzieher eignen sich wahlweise Silvio Berlusconi, die Mafia oder der Vatikan. Beim verspäteten Start von
Alejandro Amenabars Film
"Agora" verdächtigten einige letzteren. Der Fim über die von
fundamentalistischen Christen im 5. Jahrhundert ermordete Naturwissenschaftlerin und Philosophin
Hypatia lief hierzulande am 1. März an. Nach Italien konnte er nicht verkauft werden, woraufhin im Internet 10.000 Menschen mit einer
Petition den unverzüglichen Start forderten. Emanuele Rauco
berichtet: "Am 7. Oktober gab es in
La Stampa einen
Artikel von einer gewissen Flavia Amabile mit dem Titel 'Der Film, den Italien nicht sehen wird', in dem sie die Schlacht um die Veröffentlichung des Films nachzeichnet. Eine zentrale Rolle spielt Jan Klaus Di Blasio, der Autor der Online-Petition. 'Ich will nicht von Zensur sprechen, aber man sollte sich den Mangel an Texten über den Neoplatonismus und Hypatia einmal vor Augen halten. Zum Beispiel die
Folge 8 der
Reihe über die römische und griechische Philosophie von
Giovanni Reale bei Bompiani. Der Band mit dem Titel 'Plotin und der heidnische Neoplatonismus' ist der einzige Band, der
nicht mehr erhältlich ist, wie die Di Blasio erklärt. Hinter ihm stehen einige wichtige Persönlichkeiten wie Piergiorgio Odifreddi, ein Wissenschaftler, der für seine antiklerikalen Tendenzen bekannt ist. Er meint: 'Die Figur der Hypatia ist exemplarisch, sie war Mathematikerin, eine Frau von großer Kultiviertheit, die die erste Schlacht zwischen Wissenschaft und Glauben austrug. Sie starb durch die Hände der
Schergen des Bischofs von Alexandria, Kyrill, und wurde die erste Märtyrerin der Wissenschaft. Seitdem sind 1600 Jahre vergangen, und wir sind immer noch am gleichen Punkt.'" Mittlerweile ist "Agora" übrigens auch in Italien angelaufen, und
Band 8 wird
nach Informationen von Umberto Eco demnächst nachgedruckt.