Außer Atem: Das Berlinale Blog

Das Biest will raus: Die Pressekonferenz zu Panahis Wettbewerbsbeitrag

Von Thekla Dannenberg
12.02.2013.


Trotz offizieller Anfrage der Bundesregierung hat der iranische Regisseur Jafar Panahi zur Premiere seines Films natürlich nicht anreisen dürfen. Aber sein Ko-Regisseur und Hauptdarsteller Kamboziya Partovi und seine Schauspieler-Kollegin Maryam Moghadan waren da, und sie konnten auf der Pressekonferenz zumindest einige Fragen beantworten, auch wenn die Veranstaltung immer ein wenig Gefahr lief, von den exiliranischen Journalisten gekapert zu werden, die ihr eigenes Süppchen mit dem Regime in Teheran kochen. Und wenn auch seltsamerweise nicht geklärt wurde, wie es Panahi zur Zeit geht, so wurde doch festgestellt, dass der Hund wohlauf ist, diese im Film wunderbar lebendige Allegorie auf die künstlerische Schaffenskraft, von den Behörden für unrein gehalten und trotzdem nicht totzukriegen: Das kleine Biest will raus, nein, es muss raus. Der Hunde lebt jedenfalls bei Partovi und erst einmal besteht keine Gefahr, dass die Hundefänger respektive die Revolutionswächter ihn abholen.

Im Mittelpunkt stand aber natürlich die Frage, wie es Panahi und Partovi überhaupt möglich war, diesen Film zu drehen. Trotz des zwanzigjährigen Berufsverbots, das über Jafar Panahi verhängt worden ist, zusammen mit einer bisher nicht durchgesetzten sechsjährigen Haftstrafe. Das Arbeiten unter solchen Bedingungen war schwer, sagte Partovi dazu. Was es bedeutet, unter Hausarrest seiner Arbeit, seines Lebens und der Welt beraubt zu sein, führt der Film sehr eindrücklich vor Augen. Aber noch schwerer sei es eben für einen Künstler, unter diesen Bedingungen nicht zu arbeiten, sagt Partovi. Nur zu Hause sitzen und nichts tun? Wie soll das gehen? Der Film ist ausschließlich in einer Villa am See gedreht, tatsächlich waren fast die ganze Zeit über die Fenster verhängt und nur wenige Leute in das Projekt eingeweiht. Abwechselnd haben Partovi und Panahi gedreht, war der eine im Bild, dann hat der andere Regie geführt und den Ton abgenommen.

In einem interessanten Tagesspiegel-Artikel zur Lage der iranischen Filmemacher arbeitet David Assmann sehr schön die Ironie heraus, dass Panahi eigentlich der einzige Regisseur von Rang ist, der im Iran noch Filme dreht, alle anderen arbeiten vornehmlich im Ausland. Maryam Moghadam und Kamboziya Partovi konnten beide nicht einschätzen, was bei ihrer Rückkehr in den Iran auf sie zu kommt. Bisher haben die iranischen Behörden ihnen keinerlei Signale gegeben, wie sie auf diesen Film reagieren werden. So wie Partovi hat der Kameramann aus alter Verbundenheit für Panahi diesen riskanten Job übernommen, und auch Maryam Moghadam, die quasi die dunkle Seite Panahis darstellt, die Hoffnungslosigkeit und alles andere, was man nicht kontrollieren kann, sie hat nicht gezögert, an diesem Projekt teilzunehmen. Und so ist dieser Film, das ist auf der Pressekonferenz klar geworden, nicht nur ein Dokument der Reflexion und künstlerischer Selbstbehauptung, sondern auch der Freundschaft.

Thekla Dannenberg

(siehe auch Lukas Foersters Kritik zum Film)