Reinhart Koselleck, Carl Schmitt

Reinhart Koselleck, Carl Schmitt: Der Briefwechsel

1953-1983
Cover: Reinhart Koselleck, Carl Schmitt: Der Briefwechsel
Suhrkamp Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783518587416
Gebunden, 459 Seiten, 42,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben von Jan-Eike Dunkhase. Drei Jahrzehnte lang, von 1953 bis 1983, korrespondierten der Staatsrechtler Carl Schmitt (1888-1985) und der Historiker Reinhart Koselleck (1923-2006) miteinander. Der Austausch zwischen dem ehemaligen "Kronjuristen des Dritten Reiches" und dem späterhin "bedeutendsten deutschen Historiker des 20. Jahrhunderts" (Die Zeit) behandelt nicht nur die zentralen Schriften der beiden Protagonisten, sondern auch Kosellecks Werdegang im westdeutschen Hochschulbetrieb und Schmitts Lage am Rand des akademischen Feldes. Maßgebliche Zeitgenossen wie Blumenberg, Habermas und Heidegger finden darin ebenso ihren Platz wie historische Fragen und Begriffe sowie aktuelle politische Entwicklungen. Eine Gelehrtenkorrespondenz im Zeichen von "Kritik und Krise" - und zugleich ein wichtiges Kapitel der bundesrepublikanischen Ideengeschichte. Die Edition gilt einerseits Reinhart Kosellecks bedeutendstem Briefwechsel, dem an Umfang, Dauer und Intensität kein anderer gleichkommt - eine zentrale Quelle für die intellektuelle Biografie des Historikers. Auf der anderen Seite gewährt sie neue Einblicke in Leben und Werk Carl Schmitts, eines Juristen und politischen Theoretikers, an dem das öffentliche kritische Interesse ungebrochen ist.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 31.12.2019

Thomas Wagner liest den von Jan Eike Dunkhase herausgegebenen Briefwechsel zwischen Reinhart Koselleck und Carl Schmitt offensichtlich mit Gewinn, auch wenn die Korrespondenz ihm die Frage, inwieweit Koselleck Denken von Schmitt beeinflusst wurde nur teilweise beantwortet. Der eigentliche intellektuelle Austausch, so vermutet Wagner, fand persönlich unter vier Augen statt, in Schmitts Dachkammer in Plettenberg. Über die Bedeutung von Schmitts Meinung und Kritik für Koselleck, etwa für dessen Dissertation, gibt der Briefwechsel laut Wagner aber dennoch Aufschluss, wenn der Jüngere dem Älteren für seine Mahnungen in Sachen Begriffsarbeit dankt.

Rezensionsnotiz zu Die Welt, 21.12.2019

Stephan Schlak taucht mit dem von Jan Eike Dunkhase herausgegebenen Briefwechsel zwischen Carl Schmitt und Reinhart Koselleck tief ein in die deutsche Ideengeschichte. Einer Antwort auf die Frage, was den jungen, wenngleich historisch gezeichneten Koselleck an Schmitt gereizt haben mag, kommt Schlak hier ebenso näher wie den "Grundbegriffen", Methoden und Theorien der Nachkriegszeit, heute überholten wie weiterhin gültigen. Die Edition überzeugt Schlak mit Urteilssicherheit, Sorgfalt und klugen Kommentaren. Die Briefe selbst bieten laut Rezensent keinen "ereignispolitischen Kalender", doch eine "ungemein anspielungsreiche, gelehrte" Künste und Literatur umspannende Korrespondenz.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 16.12.2019

Gustav Seibt hat lange etwas von dem Briefwechsel zwischen Reinhart Koselleck und Carl Schmitt. Der von Jan Eike Dunkhase laut Seibt vorbildlich edierte Band zeigt ihm unter anderem das frühe Selbstbewusstsein Kosellecks im fruchtbaren geistigen Austausch mit seinem Lehrmeister. Durch alle Formalitäten der Anrede hindurch erkennt Seibt stets die Spannung der Themen und die Konzentration aufs Wesentliche. Zauberhaft geradezu wirken auf ihn die Einblicke in Kosellecks "Lebensprogramm" als Wissenschaftler und die dauernde "Erprobung der Gedanken" in den Briefen. Auch das Schweigen über Schmitts Rolle im Nationalsozialismus tönt laut aus dieser Korrespondenz, findet der Rezensent.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.12.2019

Florian Meinel liest den von Jan Eike Dunkhase herausgegebenen Briefwechsel zwischen dem Historiker Reinhart Koselleck und dem Staatsrechtler Carl Schmitt mit Gewinn, auch wenn das Gespräch der beiden durch die beste Edition (an die diese hier laut Rezensent durchaus heranreicht) nicht in aller Tiefe abzubilden ist, wie Meinel ahnt. Ein "ideengeschichtliches Dokument ersten Ranges" ist die Korrespondenz für Meinel schon deshalb, weil sie zeigt, in welchem Umfang Koselleck sich Kategorien Schmitts anverwandelt hat, und zwar auf originelle Weise. Die Themen Geschichtsphilosophie und Moral, Fortschritt und Utopie, Ost versus West, Russland und China u.a. werden in den Briefen behandelt, wobei vor allem Kosellecks Beobachtungen und Hypothesen den Rezensenten immer wieder in Erstaunen versetzen.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 12.12.2019

Äußerst angetan ist Rezensent Alexander Cammann von dieser Edition des Briefwechsels zwischen dem älterem Juristen und jüngerem Historiker. Nachvollziehbar findet er in den vorliegenden Briefen vor allem, wie geschickt sich der Antisemit und Antidemokrat Schmitt als Gesprächspartner für eine jüngere Akademikergeneration bereit hielt, wie er ihnen den "intellektuellen Freiraum" gab, alle möglichen Ideen und Konzepte in der Diskussion mit ihm auszuprobieren. So sei er entscheidend für Kosellecks "Begriffsgeschichte" gewesen, wie es in den Briefen noch einmal nachzuvollziehen sei. Privates kommt meist nur am Rande vor, so Cammann, dafür macht sich Koselleck allerdings die Zugänglichkeit Schmitts für bösartigen Witz gerne zunutze und höhnt gegen Goethe und seinen vom Großvater als "Damenschneider" und "Weinhändler" erreichten Wohlstand. Immer wieder zeigt sich Schmitt als neugieriger und auf sehr eigene Weise denkender Mann, der beispielsweise schon in den 1950er Jahren den Aufstieg Chinas zur Weltmacht als bedeutsam vorhersagte, lobt Cammann, der dann aber auch - vor good measure - auf Schmitts eher stumpfes "Freund-Feind-Schema" hinweist. Dieser Kritiker jedenfalls scheint höchst vergnügliche und lehrreiche Stunden mit der Lektüre verbracht zu haben.