Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
13.10.2003. Diese Woche lesen Sie: Warum sich die Buchmesse bei den Verlagen entschuldigt. Warum die Verlage Geld verschenken. Wer die Öffentlichkeit meidet, und wer sie sucht. Von Sandra Evertz.

Börsenblatt

Die Karten im "Random House"-Poker sind neu gemischt: Der schwedische Medienkonzern Bonnier hat die Verlagsgruppe Econ Ullstein List sowie die Heyne Taschenbuchreihen Fantasy und Esoterik gekauft. "Der Verkauf (...) ist an die Voraussetzung geknüpft, dass die Eingliederung von Heyne an Random House genehmigt wird", heißt es im "Thema der Woche" des Börsenblatts. Die Führung des EUL-Verlagsgruppe solle weiter bei Christian Strasser liegen. Wieviel das Übernahmepaket gekostet hat und, ob die rund 100 EUL-Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz behalten können, sei nicht bekannt.

Die Standmieten der Frankfurter Buchmesse sinken - generell um zwei Prozent, Frühbucher erhalten noch mehr Rabatt. Mit dieser Mitteilung und einer Flasche Rotwein wurden die Aussteller am ersten Messetag überrascht. Möglich macht's der neue Vertrag der Buchmesse mit der Frankfurter Messe GmbH. Den Ausstellern sei durch die Preisdiskussionen, aber auch durch die Standortfrage einiges zugemutet worden, wird Messechef Volker Neumann im Börsenblatt zitiert. Dafür wolle sich die Buchmesse entschuldigen. Und noch eine gute Nachricht: Die für Dauer-Zündstoff sorgenden Hotelpreise sollen - nach erheblichen Steigerungsraten in den Vorjahren - auf dem Niveau von 2003 eingefroren werden.

Der neue Literaturnobelpreisträger J. M. Coetzee ist nicht gern eine öffentliche Person. Und auch auf Auszeichnungen scheint er nicht all zuviel Wert zu legen. "Ich wusste nicht einmal, dass die Bekanntgabe anstand", erklärte er auf der Website der Universität Chicago. Nicht so egal scheint dem deutschen Publikum und den Buchhändlern der Nobelpreisträger zu sein: Nur Minuten nach der Bekanntmachung seien die Restbestände bei Fischer von Coetzees Werk (insgesamt 40.000 Exemplare, Hardcover und Taschenbuch) ausverkauft gewesen. Wenig später hätten auch die Barsortimenter keine Exemplare mehr vorrätig gehabt.
(Der Fischer Verlag hat es dafür bis heute nicht geschafft, auf seiner Internetseite die Verleihung des Nobelpreises an seinen Autor zu melden!)

"Wollen Verlage Geld verschenken?" fragt sich Unternehmensberater Hermann Simon auf der Meinungsseite zum Thema "Pricing". Bei einer stichprobenartigen Analyse von Hardcovern sei zwischen Seitenzahl und Preis eine Korrelation von 86,2 Prozent heraus gekommen (Bei 100 Prozent Korrelation würde sich der Preis eins zu eins mit der Seitenzahl verändern.) Simon vermisst bei der Preisbildung beispielsweise die Bewertung der Reputation des Autors, der Aktualität des Themas, der Marke des Verlags und findet, dass es an der Zeit wäre, "den gesamten Prozess der Preisbildung zu professionalisieren und zu systematisieren", denn "die Gewinnpotenziale sind enorm."

Meldungen: Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Filialisten Bouvier Gonski ist eröffnet, der Geschäftsbetrieb der Kette wird an zehn Standorten aufrecht erhalten.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Der Börsenverein und sein Mitglied Bertelsmann haben Streit. Die Ankündigung, Dieter Bohlens "Hinter den Kulissen" zeitgleich mit der Verlagsausgabe von Random House preisgünstig im Buch-Club herauszubringen war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. "Vordergründig geht es (...) um die Anforderungen des Preisbindungsgesetzes an verbilligte Parallelausgaben. Im Grunde aber steht die Preisbindung selber auf dem Spiel: Wenn die billige, zeitgleich erscheinende Parallelausgabe zum Regelfall wird, macht das Gesetz keinen Sinn mehr", kommentiert der Buchreport.

Erst mal sieht's für "Hinter den Kulissen" allerdings schwarz aus. Fünf einstweilige Verfügungen und eine weitere verbunden mit der Aufforderung zum Rückruf: Eva Hermann, Michael Bischoff (wer ist das überhaupt?), Jens Riewa, Jenny Elvers und Thomas Anders haben den Verkauf der urprünglichen Bohlen-Fassung gerichtlich gestoppt, nur Bücher mit geschwärzten Textstellen dürfen derzeit gehandelt werden. Der Verlag habe das Buch vor dem Erscheinen von drei Rechtsanwälten prüfen lassen und die Entscheidung des Gerichts stoße auf Unverständnis, berichtet der Buchreport. "Alles Pillepalle", findet Bohlen wohl selbst. Bei der Buchmesse freute er sich über ein enormes Medieninteresse und diktierte den Journalisten: "Wenn zwei Prozent der Deutschen mein Buch kaufen, also 1,6 Millionen, dann bin ich der Hero."

Keinen Konsens gibt es weiterhin zwischen Buchhändlern und Verlagen, was angemessene Verlagsrabatte betrifft. "Der Sortimenterausschuss des Börsenvereins will es (...) auf einen Musterprozess ankommen lassen, um die Pflichten der Verleger, die sich aus dem (...) Preisbindungsgesetz ergeben, auf der Grundlage eines Richterspruchs festlegen zu lassen", schreibt der Buchreport. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation, in der sich Verlage wie Buchhändler gleichermaßen befinden, gelinge es dem Börsenverein nicht mehr, zwischen den Sparten zu vermitteln.

Meldungen: der Europa Verlag sucht einen neuen Partner - die Senator Entertainment AG, die 100 Prozent der Anteile des Hamburger Verlags besitzt, will sich schnellstmöglich aus dem Buchgeschäft zurückziehen. Die Ganske-Gruppe schickt ab 2004 den Reiseverlag Travel House unter der Geschäftsleitung von Thilo Heller an den Start. Das Verlegerduo Monika Thaler und Gert Frederking kaufte den Taschenbuchverlag Sierra / National Geographic von Random House zurück. Zum Schluss: die Bestsellerlisten.