Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
23.10.2006. Wie Koch, Neff mit Karstadt einen Paradigmenwechsel im Zwischenbuchhandel einleiten will. Wer den Donnerstag zum Event machen will. Warum der Buchhandel dringend eine auskömmliche Marge braucht. Weshalb Verlagsvertreter den Kürzeren ziehen. Was Nina Hagen und die 7 Zwerge lesen.

Börsenblatt

Auf der Frankfurter Buchmesse hat das Börsenblatt ein "Forum" zu den neuen Warenbezugsmodellen der Barsortimente einberufen - dabei übernimmt der Zwischenbuchhandel für den Buchhändler immer stärker die Auswahl der Titel, die präsentiert werden sollen. Ziel: Einkauf und Wareneingang im Buchhandel rationalisieren. Für Sortimenter ist beipielsweise die Kooperation mit der Einkaufsgenossenschaft Anabel ein weitreichender Schritt, wie die Buchhändlerin Ilona Rehme erklärt: "Anabel greift so tief in die Struktur einer Buchhandlung ein, dass es nur schwer möglich ist, diesen Schritt wieder rückgängig zu machen - dies käme dann schon fast einer Neukonzeption gleich." So unterschiedlich die Positionen am Round Table sind - dass, je weniger Titel die Buchhändler direkt beim Verlag bestellen, besonders die Vertreter der Verlage und schließlich die Verlage selbst den Kürzeren ziehen, scheint klar. Dementsprechend defensiv wirkt Kunstmann-Vertriebsleiter Uli Deurer, der einräumt, dass die Auflagenkalkulation für die Verlage immer schwieriger gerät, weil die Rückmeldungen aus dem Buchhandel immer spärlicher werden.

Einen nett gemeinten Appell an Verlage und Barsortimente richtet der Unternehmensberater Rolf Reisinger: "Bitte gebt des Buchhandlungen eine auskömmliche Marge." Gemessen an den Renditen im gesamten Mitelstand sei die wirtschaftliche Situation vieler Buchhandlungen "erschütternd". Um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen, zitiert Reisinger aus dem Preisbindungsgesetz und dem Spartenpapier des Börsenvereins, wo ebenfalls eine Rücksichtsnahme auf die Situation von kleineren Buchhandlungen angemahnt werde.

Nach Matthias Horx, Peter Sloterdijk, Gert Kaiser, Norbert Bolz, Denis Scheck und Martin Walser äußern sich - und jetzt wird's ungewollt komisch - Otto, Nina Hagen und die Comedians Ralf Schmitz und Martin Schneider sowie weitere "7 Zwerge"- Akteure über ihre Leseerfahrungen (mitgeschrieben bei der Frankfurter Buchmesse). Das Ergebnis ist erwartungsgemäß dürftig - vielleicht der überfällige Schlusspunkt einer von Beginn an seltsamen Serie?

Im "Menschen"-Ressort stehen der Schöningh-Chef Raimar Zons, Hanser-Chef Michael Krüger (der sich über Nobelpreisträger Orhan Pamuk äußert) und Wolfgang Ferchl im Mittelpunkt - der Piper-Verlagsleiter füllt den "Fragebogen" aus.

Weitere Artikel: Rätselraten um die Frankfurter Buchhandlung Peter Naacher: Angeblich wurden Rechnungskunden seit August nicht mehr beliefert, ein Inkassobüro wolle für Verlage 19000 Euro Schulden eintreiben, Firmenchef Peter Naacher habe den Sitz der Firma nach Berlin verlegt. Oetinger, Ravensburger und C. Bertelsmann Jugendbuch kooperieren beim Leseförderungsprojekt "Mein Lieblingsbuch", das die Verlage mit Super RTL aufziehen.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Einen Paradigmenwechsel im Zwischenbuchhandel erkennt buchreport in der neuen Kooperation von KNV und den 74 kleineren Karstadt kompakt-Häusern. Dabei liefere KNV nicht mehr Bücher auf Bestellung, sondern bestimme selbst, welche Titel auf den 50 bis 200 Quadratmetern großen Flächen angeboten werden. Bei der Sortimentszusammenstellung profitiere Koch-Neff von den Statistiken über Buchhändler-Bestellungen, auf deren Basis bereits 50 "Sorglos-Pakete" (Vorauswahlen gängiger Titel) entstanden seien. Mit dem Karstadt-Deal habe KNV in letzter Minute Rackjobber wie Buchpartner oder TMI ausgestochen, die einzelne Filialen probeweise bestückt hätten.

Im Interview rät Heinrich Riethmüller, Chef von 14 Osiander-Filialen, das Gebrauchtbuchgeschäft dem Internethandel zu überlassen. Alle Versuche, Second-Hand-Bücher in eine Buchhandlung zu integrieren, seien gescheitert.

Den Start der Focus-DVD-Edition mit 50 Spielfilmen nimmt buchreport zum Anlass, groß und breit den Wasserstand bei den Presse-Editionen zu messen. Fazit: Silberlinge (Hörbuch-CDs oder Film-DVDs) böten noch viel Potenzial - also sind die Themen offenbar doch noch nicht ausgereizt, wie noch vor kurzem von den Dortmundern behauptet.

Anlässlich der Ladenschluss-Debatte hat buchreport bei den Filialisten nachgefragt: Hugendubel und Thalia wollen dezentral über längere Öffnungszeiten entscheiden, bei Weiland plane man einen "langen Donnerstag" (bis maximal 24 Uhr) mit "Event-Charakter", während an den restlichen Tagen um 20 Uhr Schluss sein soll - eine Idee, von der buchreport-Chef Bodo Harenberg in seiner Kolumne "66 Wörter" in den höchsten Tönen schwärmt.

Weitere Artikel: Thalia eröffnet im Hamburger Einkaufszentrum Europa-Passage eine 1700-Quadratmeter-Buchhandlung, die durch ihre Inneneinrichtung (verschieden gestaltete Zimmer wie Küche, Jugendzimmer) jedoch ein Unikat bleiben soll (hier der Artikel). Nach Weltbild plant auch der Bahnhofsbuchhändler Valora Retail, SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte mit Büchern zu bestücken. Nach der Übernahme von Xenos (Umsatz 2005: 16,1 Millionen Euro) aus den Händen des bisherigen Eigentümers FAZ zieht Oetinger wieder an Ravensburger vorbei an die Spitze der umsatzstärksten Kinder- und Jugendbuchverlage (hier der Artikel). Revirement bei Suhrkamp: Thomas Sparr wird stellvertretender Verlagsleiter, Raimund Fellinger steigt zum Cheflektor auf. In Großbritannien schreibt der Filialist WH Smith nach einem Gewinn-Plus von 42 Prozent auf 66 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2005/2006 wieder "tiefschwarze Zahlen".