Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
29.01.2007. Wieso der Börsenverein die "Verriss-Gefahr" beim Branchenprojekt "Volltextsuche Online" fürchtet. Weshalb Basel II besonders im Buchhandel Auswirkungen hat. Wie sich die Aufsichtsräte der Verbands-Wirtschaftstochter BAG angesichts der Beinahepleite der FGM zur Wehr setzen. Und was der Buchhandel von der Lebensmittelbranche lernen kann.

Börsenblatt

Während die österreichischen Kartellwächter grünes Licht für die Beteiligung der Morawa Buchhandelsgesellschaft an Leykam (49%) gegeben hat, darf die deutsche XXL-Kette DBH (u.a. Hugendubel, Weltbild) die norddeutsche Kette Weiland nur teilweise übernehmen. Das Flaggschiff in Hannover muss verkauft werden, meldet Autor hc. Erstmals habe das Kartellamt den Konzentrationsgrad in der Buchhandelslandschaft einer Region bewertet - und eine marktbeherrschende Stellung von DBH befürchtet. Im Interview mit Oberkartellwächter Ulf Böge erklärt dieser, dass 80 Buchhandlungen im Rahmen der Prüfung befragt worden seien. Derzeit prüfe die Behörde den beabsichtigten Zusammenschluss von Thalia und Buch & Kunst.

Im Kommentar vergleicht Bernd Biehl, Chefredakteur der Lebensmittelzeitung, seine Branche mit der Welt der Bücher und empfiehlt den Händlern: "Die Frage ist vielmehr, wer sind meine Kunden, welches Kundenpotenzial habe ich? Der klassische Buchhändler mit seinem intellektuell gesteuerten Sortiment muss sich solchen Marketingfragen stellen und seine Fachkompetenzen herausstellen. Nur einen Ausschnitt von Hugendubel zu bieten, ist zu wenig." Eine Möglichkeit sei die Spezialisierung im Sortiment, bei gleichzeitig hohem Service für das Komplettprogramm.

Nach der Beinahepleite der Börsenvereinstochter Factoring Gesellschaft Media (FGM) und der daraus resultierenden Krise der Mutter Buchhändler-Abrechnungs-Gesellschaft BAG setzen sich die fünf BAG-Aufsichtsräte im Börsenblatt zur Wehr. Im Artikel von Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir ist von "dunklen Kräften", Beteiligten "mit krimineller Energie" die Rede. Jedenfalls sei die wirtschaftliche Lage beim Billigbuchändler Zanolli (dessen Pleite die FGM mit in die Krise riss) regelmäßig von den FGM-Chefs geprüft worden - ohne Hinweise auf Ungereimtheiten. Von 2003 bis 2004 seien von der FGM "solide sechsstellige Gewinne" erwirtschaftet worden. Als im November 2006 der Wertberichtigungsbedarf für die Zanolli-Bestände korrigiert wurde (von 13,7 Millionen Euro auf 2,8 Millionen Euro), war die FGM in Not. Jetzt vermuten die BAG-Kontrolleure, dass Bestände aus der Zanolli-Insolvenzmasse "illegal abgeführt" worden sind (was übrigens damals vom Insolvenzverwalter überprüft und von diesem als Gerücht dargestellt wurde).

Nach 14 Klagen von Übersetzern gegen Verlage wegen zu geringer Vergütung (und neun Urteilen in erster Instanz) haben die Verleger einen neuen Vorschlag vorgelegt. Holger Heimann stellt das Münchner Modell vor (hier der Artikel). Demnach sieht der Vorschlag eine Garantiezahlung vor, die sich am bisherigen Seitenhonorar orientiert; dazu eine prozentuale Beteiligung an jedem verkauften Exemplar und an Erlösen aus der weiteren Nutzung der Übersetzung; wie bei den Autoren ist das Garantiehonorar auch im Falle eines wirtschaftlichen Misserfolgs nicht zurück zu zahlen. Ein Solidarfonds soll aus Bestsellererlösen gespeist werden, aus dem insbesondere Übersetzer anspruchsvoller und schwerverkäuflicher Werke zusätzliche Honorare erhalten können. Ob die Übersetzer auf das Modell eingehen, ist zu bezweifeln. Die Vorsitzende des Übersetzerverbandes in Verdi, Gerlinde Schermer-Rauwolf, wies das Modell als "entäuschend und ungenügend" zurück.

Weitere Themen: Der Bertelsmann Club macht erstmals seit sieben Jahren wieder Gewinn - nach der Prognose von Ewald Walgenbach lag der Überschuss 2006 bei fünf Millionen Euro. Google hat mit der University of Texas (fünftgrößte akademische Bibliothek in den USA) einen neuen Kooperationspartner für das Digitalisierungsprojekt Google Library Project gewonnen. Sybille Fuhrmann analysiert das Geschäft mit englischsprachigen Titeln in Deutschland (dazu gibt es hier auch eine Buchhändler-Umfrage). Christina Schulte stellt einen vom Börsenverein in Auftrag gegebenen Bilanzkennzahlenvergleich vor, bei dem die kleinen Buchhandlungen am besten abschnitten - weil sie dem Prinzip Selbstausbeutung folgten. Im "Menschen"-Ressort porträtiert Ursula Roesler-Graichen den Wiley-VCH-Verleger Manfred Antoni. Den Fragebogen hat der Schriftsteller Jürgen Becker ausgefüllt.
Archiv: Börsenblatt
Stichwörter: Solid, Fgm, Riss, Texas

buchreport.express



Auch dem buchreport kommen Zweifel angesichts des Starts von "Volltextsuche Online", dem vom Börsenverein angeschobenen Volltextsuche-Projekt. Auf der Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Publikumsverlage habe MVB-Chef Ronald Schild deutliche Hinweise auf einen möglichen Misserfolg gegeben. Er befürchte eine "Verriss-Gefahr", wenn die Volltextplattform zum Start zu wenig Titel enthalte und warne vor einer "Totgeburt" von VTO, wodurch Google zum Monopolisten der digitalisierte Texte würde (und was ist mit "Amazon Search Inside", fragt der geneigte Leser?). Bislang seien 210 "Teilnahmeerklärungen" (Verträge und Letters of Intent) eingegangen, aus denen sich nach buchreport-Schätzungen 15.000 Titel zum Start ergäben. Außerdem habe Schild "Rechteprobleme" eingeräumt, die sich bei den Vertragsverhandlungen mit Google (dabei geht es darum, ob die Suchmaschine an VTO andockt) ergeben hätten: Google habe Schwierigkeiten mit Buchtiteln, die nur sehr eingeschränkt eingesehen werden können; solche Titel werden bei der Google-Suche möglicherweise nicht erfasst.

Passend zum Thema Volltextsuche referiert buchreport eine Meldung aus der "Sunday Times", nach der Google derzeit an einer Plattform zum Vertrieb von E-Books arbeite. Zu den kooperierenden Verlagen gehörten Penguin, Harper-Collins und Simon & Schuster.


Für kleine Buchhandlungen brechen schwierige Zeiten an. Im Interview mit buchreport erklärt der Wirtschaftsanwalt Horst Werner, dass durch die neuen Basel-II-Richtlinien (bei denen die Anforderungen der Banken auf eine Eigenkapitalquote von 20 Prozent hinausliefen) mittelständische Unternehmen (durchschnittlich 6 Prozent) Probleme bekämen, künftig Kredite zu bekommen. Als Fachbuchautor empfiehlt Werner bankenunabhängiges Mezzanine-Kapital.Auch buchreport greift noch einmal die Beinahe-Pleite der Börsenvereins-Wirtschaftstochter Factoring Gesellschaft Media (FGM) auf und lässt Kritiker zu Wort kommen: Die FGM habe zu spät die Reißleine gezogen und vorher die Misere vertuscht.

Weitere Themen: Im Buchhandel sind 2006 rund drei Prozent mehr Kalender verkauft worden (hier der ausführliche Artikel). Alexander Bob, seit 1998 Vorstand bei BI/Brockhaus, wechselt zum 1. Oktober als Geschäftsführer zur Cornelsen Verlagsholding. Das Kartellamt hat entschieden, dass die Buchhandelskette DBH Weiland nur dann übernehmen darf, wenn die größte Filiale in Hannover an einen Dritten verkauft wird (hier der Artikel). Zwölf Verlage haben ein "Münchner Modell" zur Lösung des Übersetzerstreits vorgelegt (hier der Artikel). Ein Jahr ohne "Asterix" und "Harry Potter" hat im französischen Buchhandel Spuren hinterlassen: Von den Top-50-Büchern sind 20 Prozent weniger Exemplare verkauft worden; Top-Seller des Jahres war der 11. Band der Comic-Serie "Titeuf" von Zep. Und hier die Bestsellerliste.