Magazinrundschau - Archiv

Linkiesta

29 Presseschau-Absätze - Seite 2 von 3

Magazinrundschau vom 14.02.2017 - Linkiesta

Der in Italien lebende britische Autor Tim Parks beklagt im Interview mit Alessandro Franzi den Mangel an Gemeinsinn in Europa und schließt ein wenig zu sehr von britischer Ignoranz auf die allgemeine Stimmung auf dem Kontinent: "Wir wissen zum Beispiel nichts über Deutschland. Aber sie sind es doch, die in Europa entscheiden. Wir wissen mehr über Amerika als über Italien und Deutschland. Europa ist nicht zu einer Gemeinschaft geworden. Wer Englisch spricht, weiß mehr über die Lage in Amerika als über die Situation jenseits des Ärmelkanals. Wir sind keine Gemeinschaft, in der die Nachrichten von einem Ort zum andern fließen. Der einzige Diskurs, der uns eingetrichtert wird ist, dass wir nicht allein bleiben sollen. Niemand erklärt, warum die politische Union nützlich sein soll, es sei denn um dieses Arguments willen."
Stichwörter: Parks, Tim

Magazinrundschau vom 17.01.2017 - Linkiesta

Zum Glück gibt es Alain Badiou, der die Weltformel schon parat hat. Es handelt sich um den Marxismus, mit dessen Bibeln in der Hand wir nur noch Revolution machen müssen, erklärt er Nicola Grolla. Vom Internet dürfe man sich dagegen nichts erwarten. Es sei nur ein Sphäre, die die Entstehung neuer Weltkonzerene und polizeilicher Überwachung begünstigt habe. "Auch die elektronischen Spiele verdummen nur ihre Fanatiker. Die Sache ist, dass wir all diese Kindereien beiseite lassen und verstehen müssen, dass die Technik seit drei Jahrhunderten nur die entscheidende Zone kapitalistischer Berecherung ist: von der Dampfmaschine bis zu den Atomkraftwerken, von der Laterna magica bis zum Fernsehen, vom Kartenspiel bis  Pokémon. Das ist alles nichts Neues, während es unser Pflicht bleibt, die Alternative zu denken."

Magazinrundschau vom 27.09.2016 - Linkiesta

Zu den Populisten, die am Geäst morscher Demokratien sägen, gehört Beppe Grillo mit seiner Fünf-Sterne-Bewegung. Jüngst hat sich Grillo, dem es nach dem Tod seines Gurus Gianroberto Casaleggio an Spitzenpersonal mangelt, zum Parteichef küren lassen. Das geht auch nicht anders, meint der Politologe Mauro Calise im Gespräch mit Alessandro Franzi, denn "M5S ist eine Einpersonenpartei, eine Person hat sie geschaffen und kontrolliert sie wie einen Besitz. Seit zwanzig Jahren entstehen in Italien nur solche Einpersonenparteien - Berlusconis Forza Italia war die erste. Darum war die Idee, man könne eine so große Macht in andere Hände geben, sonderbar: Wer kontrolliert beim M5S denn wen? (…) Es ist nicht leicht, Regierungspersonal zu entwickeln. Ohne Grillo hätte die Partei nicht zusammengehalten, dafür braucht man keine Kristallkugel." Und mit Grillo könnte laut Calise ein "Nein" beim italienischen Referendum für eine Verfassungsreform herauskommen, das laut Calise das italienische Parteiensystem vollends zerstören würde.

Magazinrundschau vom 05.07.2016 - Linkiesta

Ein bisschen merkwürdig aber ziemlich interessant liest sich das Interview, das Nicola Grolla mit Micah White, einem der Miterfinder der Occupy Wall Street-Bewegung führt und das die verschlungenen Wege rechter und linker Populismen, oder sagen wir plebiszitärer Bewegungen, zeigt. White bekennt sich als Bewunderer der Cinque-Stelle-Bewegung von Beppe Grillo und mehr noch von dessen jüngst verstorbenem Chefideologen Gianroberto Casaleggio, der der M5S-Bewegung noch ein "Betriebssystem" namens "Rousseau" schenkte, das auf digitalem Wege direkte Demokratie bringen soll. White ist begeistert von "Rousseau" und will die Software auch in anderen nationalen Kontexten anwenden. Andere aktuelle politische Figuren sieht er kriitischer: "Donald Trump repräsentiert wie Bernie Sanders ein der Occupy-Bewegung ähnliches Symptom. Beide existieren, weil die Leute verzweifelt nach einem sozialen Wandel suchen. Da sie keine anderen Alternativen sehen, vertrauen sie ihre Hoffnungen charismatischen Führern an. Die Wahrheit ist aber, dass die Konzentration auf Sanders und Trump eine negative politische Regression anzeigt. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir, das Volk als soziale Bewegung, Occupy geschaffen haben. Wir brauchen diese Trumps und Sanders nicht, sondern wir müssen verstehen, wie wir eine Bewegung aufbauen, die Wahlen gewinnt."

Magazinrundschau vom 10.05.2016 - Linkiesta

In Italien sorgt der Fall der Fortuna Loffredo für ein allgemeines Erschrecken in den Medien. Das sechsjährige Mädchen war vor zwei Jahren aus dem Fenster eines neapolitanischen Palasts gestürzt, wie jetzt bekannt wurde (mehr hier). Ihr Fall verweist auf ein große, düstere, aber auch populäre Szenerie von sexy aufgemachten Kindern als Schlagersängern - Mädchen und Jungen, die "Neomelodici" singen, neapolitanische Schlager mit einer ganz eigenen Tradition. Flavia Perina vermutet bei linkiesta.it, dass der Tod Fortunas nur die Spitze des Eisbergs in einer vielleicht von der Mafia organisierten pädophilen Szene ist: "In unserer Kultur, die sich zurecht über den Horror der Kindsbräute in Pakistan oder den Emiraten aufregt, werden diese 'kindlichen sexy Mädchen' - Trashprodukte eines Marktes des Missbrauchs und einer verdorbenen Kindheit, aber auch eines an Dickens gemahnenden Universums von Kinderarbeit - nicht nur toleriert, sie werden sogar zu Pop-Phänomenen. Man muss nur mit dem Suchbegriff 'baby neomelodici' auf Youtube klicken, um sich des Ausmaßes des Phänomens bewusst zu werden. Dahinter versteckt sich eine ganze Industrie mit zwielichtigen Unternehmern, Talentwettbewerben, speziellen Websites und CDs."

Selbst wenn man nicht italienisch versteht, gibt dieser Dokumentarfilm bei Youtube einen faszinierenden Einblick in diese Szene:

Magazinrundschau vom 12.01.2016 - Linkiesta

Es gab eine Zeit, da nannte man Marx, Freud und Darwin als Gründungsväter der Moderne in einem Atemzug, aber die ist lange vorbei, meint Giovanni Maria Ruggiero in einer Linkiesta-Serie über das "in Stücken" liegende 19. Jahrhundert: Von den dreien erscheine nur mehr Darwin als unangreifbar. Und "im Grunde hatte er ja mit den beiden anderen ziemlich wenig zu tun, ein Brite gegen zwei Mitteleuropäer, die in all ihrem Aufklärungswillen ein innerstes Wesen offenbaren wollten, eine wenn auch materialistische Metaphysik der Welt. Nichts ist weiter entfernt vom Pragmatismus des 'Hauptsache es funktioniert" nach angelsächsischem Muster. Sie suchten eine definitive Erklärung, die die Welt verändern könnte, wenn sie für alle offen daliegt. Während Darwin sich damit begnügte, ein - allerdings ziemlich umfassendes - Modell zu beschreiben. Darwin beschrieb Funktionen, er suchte keine Essenzen."

Magazinrundschau vom 15.09.2015 - Linkiesta

Man muss seine Geschichte kennen, wenn man seine Gegenwart gestalten will, sagt der Historiker und Kolumnist Massimo Nava in einem Dossier "Über den Wert der Geschichte". Deutschland, so Nava, handele aus seiner Geschichte - daraus erkläre sich sowohl die deutsche Griechenland-, als auch die deutsche Flüchtlingspolitik. Aber Italien? "Wir sind in Belgien eingewandert, in Deutschland, in Argentinien, aber wir scheinen uns nicht daran zu erinnern, wer wir waren, was wir wollten, was wir unseren Gastgeberländern gegeben haben. Und das größte Paradoxon: Wir halten eine internationale Großmesse wie die Expo zum Thema Hunger und Ernährung ab, und wir haben nichts über die Karawanen zu sagen, die - ausgezehrt und hungrig - bei uns in Europa ankommen."

Magazinrundschau vom 04.08.2015 - Linkiesta

Andrea Coccia schildert den 2. August 1980 am Bahnhof von Bologna aus der Perspektive einiger Beteiligter, zum Beispiel des Schaffners Roberto Castaldo, der gerade die Abfahrt seines Zuges freigeben will: "Roberto hört die Pfeife und dreht sich um. Das Signal steht auf grün. Er hebt den Arm in Richtung seines Kollegen am Ende des Zugs. Aber er kommt zu spät, denn nun steht die Uhr auf 10 Uhr 25, und was vorher ein Bahnhof war, ist nun ein Schlachtfeld. Im mysteriösen Koffer, den ein Unbekannter hat stehen lassen, befanden sich 23 Kilo Sprengstoff. Die Explosion hat den Wartesaal buchstäblich zerstört, den Sonderzug Ancona-Basilea zerrissen, das Bahnhofsrestaurant zum großen Teil pulverisiert und sogar einige Taxis draußen vor dem Bahnhof umgeworfen." Das von Faschisten begangene Attentat, das schlimmste in der Geschichte Nachkriegsitaliens, riss siebzig Personen in den Tod.
Stichwörter: Bologna, Faschismus, Terrorismus, Riss

Magazinrundschau vom 07.07.2015 - Linkiesta

Die griechische Presse steht stärker unter dem Einfluss von Interessengruppe als jede andere in Europa, schreibt Dario Ronzoni in Linkiesta.it und zitiert aus einem Bericht, der im Auftrag der Open Society Foundation in London erstellt wurde: "Ein Fall unter vielen: "Im Oktober 2011 wurde der Journalist Kostas Vaxevanis festgenommen und beschuldigt, die Privatsphäre verletzt zu haben, nachdem er die "Lagarde List", eine Liste griechischer Steuerflüchtiger mit Konten in der Schweiz, veröffentlicht hatte. Zwei Prozesse wurden gegen ihn angestrengt, in denen er freigesprochen wurde. Die Beschuldigungen und Prozesse haben aber schon gereicht", denn sie sind eine Form der Einschüchterung." Ronzonis Artikel ist Teil eines Linkiesta-Dossiers "über das Mittelmeer als Verantwortung", in dem es unter anderem auch um das Vordringen des "Islamischen Staats" in arabischen Ländern geht.

Magazinrundschau vom 05.05.2015 - Linkiesta

Linkiesta präsentiert zum Beginn der Expo ein ganzes Dossier über Mailand. Jacopo Colò unterhält sich mit der Bloggerin Bruna Gherner, die auch den Stadtführer "Milano Low cost" herausgibt und ein wenig erzählt, wie die Mailänder auf die Krise reagieren - nämlich "mit einer sehr starken Tendenz: Mailand ist ist wirklich die Hauptstadt des Selberproduzierens geworden. Es gibt Läden, die verkaufen Grundmaterial für diese Kleinproduzenten, Wolle zum Stricken, Materialien für Schmuck. Das gab es vor drei, vier Jahren noch nicht, ein unglaublicher Boom. Und dann gibt es diese vielen kleinen Märkte wie die Pulci Pettinate, den Markt der "kreativen Boutiquen"."
Stichwörter: Expo, Expo 2015, Mailand, Schmuck, Stricken