Der Fall Fabian Wolff ist in Wirklichkeit ein
Fall Zeit, meint Jens Peter Paul bei
Cicero. "Bei Wolff und der
Zeit geht es nicht um fremdländische Folklore im weitesten Sinne wie bei
Relotius, sondern um knallharte Politik,
um Macht, letztlich um das Existenzrecht Israels und die Frage, wie erwünscht, wie sicher Juden in Deutschland heute noch sind. Es werden, sobald es ins eigene Weltbild passt, fragwürdige Autorinnen und Autoren gedruckt, gesendet und gefeiert, es werden selbst
eindeutige Warnzeichen und begründete Zweifel an der Integrität und Glaubwürdigkeit von in den Verlagen und Funkhäusern liebgewonnenen Moderatoren, Text- und Meinungslieferanten fast schon systematisch so lange ignoriert, bis es auffliegt, etwa, weil irgendwer es nicht mehr aushält und auspackt, etwa, weil es Akteure mit ihrem verleumderischen Antijournalismus übertreiben."
Paul zitiert auch aus der berühmten Mail von Wolffs Freundin
Helen R. von 2021, die ihre Zweifel über die Identität Wolffs äußerte, was jedoch kein Medium überprüfte oder zu einer Veröffentlichung veranlasste. Ein Absatz: "Ich fand es einfach einerseits
so absurd, wie er, Fabian Wolff, der Berlin bis auf eine Sprachreise in der 10. Klasse und einen siebentägigen New-York-Urlaub im Jahr 2019 nie verlassen und nie weiter als fünf Kilometer von seiner Grundschule in Pankow entfernt gewohnt hat, meint, auf einer
Diskriminierungs- und Entfremdungserfahrungsebene gleich zu sein mit Frauen aus der Türkei, dem Iran und Syrien."
Fabian Wolff wollte sich nicht nur durch seine angeblich jüdische Herkunft gegen den Antisemitismusvorwurf immunisieren, sondern auch als
Sohn von Kommunisten, die ja angeblich in der Geschichte auf der "richtigen Seite" gestanden hätten. Diesen Aspekt
thematisiert Anetta Kahane in ihrer
FR-Kolumne. Auch die
postkoloniale Nivellierung des Holocaust sei bei Wolff ein DDR-Erbe. In deren Diskurs "ermordeten die 'Hitlerfaschisten' Menschen vieler Nationen. Das Wort Jude erschien nur beiläufig. Nichts Besonderes.
Opfer unter vielen. Wenn überhaupt. In der DDR war Antisemitismus eine Sache des Monopolkapitalismus, sonst nichts. Verbal ging Wolff diesen Weg nicht zu Ende, denn er brauchte ja noch den Habitus der Jüdischkeit. Er übernahm diesen Gedanken allerdings. Nur goss er sie in seltsame
postkoloniale Floskeln."