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Schickt die Familienplanungsbrigade: Zhao Dayongs 'Shadow Days' (Forum)

Von Thekla Dannenberg
07.02.2014. Zhao Dayongs "Shadow Days" gibt einen realistischen, wenn auch leider nicht sehr künstlerischen Einblick in die Brutalität der chinesischen Ein-Kind-Politik.


Mit seinem Film "Shadow Days" führt uns der chinesische Regisseur Zhao Dayong in eine sehr schöne, aber schrecklich arme und rückständige Gebirgsregion im Süden Chinas. Hier ist noch nichts vom neuen Wohlstand des Landes angekommen. Der örtliche KP-Funktionär herrscht mit uneingeschränkter Macht, Gefolgschaft kann er sich noch mit einigen wenigen Zigaretten sichern. Hierhin zieht sich Renwei mit seiner Freundin Pomegranate aus der Stadt zurück, die junge Frau ist schwanger und wie es scheint, hat die Polizei auf den Mann ein Auge geworfen.

Renweis Onkel ist der Parteichef des Dorfes, und weil er die Einhaltung der Ein-Kind-Politik durchsetzen will, heuert er seinen Neffen für die Familienplanungsbrigade an. Diese Brigade darf man sich nicht als chinesische Variante von Pro Familia vorstellen, sondern eher als einen mafiösen Schlägertrupp. Männer in Tarnanzügen und mit Knüppeln bewaffnet ziehen von Haus zu Haus, zählen die Kinder (meist sind es drei oder vier) und zerren die schwangeren Frauen heraus. Eine Frau, die sich versteckt hält, wird regelrecht ausgeräuchert. Auf einem LKW werden die hochschwangeren Frauen zur Abtreibung in eine Klinik in der Stadt deportiert. Ein Schamane erspürt einen bösen Geist im Dorf, und der übel hinkende Parteichef macht sich daran, den Dämon auszutreiben, den er in der jungen, mit dem Christentum sympathisierenden Frau erkennt.

Zhao Dayong hat ein gespenstische Thema für seinen Film gewählt, und die chinesische Journalistin neben mir im Kino beteuerte nach der Vorführung, dass er die Brutalität der Ein-Kind-Politik und den Süden Chinas sehr realistisch schildere, wo die alten Kader noch immer ihren Mao verehren und die Menschen verachten. Doch leider findet der Regisseur für seine Geschichte keine Bilder und keine Sprache. Die Szenen und Dialoge geraten meist so unbeholfen, dass die Schauspieler gar nicht wissen, was sie tun oder sagen sollen, Raum für Bewegung finden sie gleich gar nicht.

Ausgesprochen zäh schleppt sich der Film dahin, auch wenn er einen nachhaltigen Eindruck von der Rückständigkeit und Gewalt vermittelt, mit der sich die alten Kader an der Macht halten, gegen die Jugend und neue Ideen. Wie ärgerlich also, dass ausgerechnet der diabolische Parteikader auch noch der stärkste Schauspieler ist!

Thekla Dannenberg

Gui ri zi - Shadow Days. Regie: Zhao Dayong. Mit Liang Ming, Li Ziqian und Liu Yu. China, Hongkong 2014, 95 Minuten
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