Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
22.12.2003. In dieser Woche: Warum die einen glauben, dass die Krise des Buchhandels kein Ende hat. Und warum die anderen glauben, dass es wieder aufwärts geht. Von Sandra Evertz

buchreport.express

Die wirtschaftliche Wende hat die Buchbranche in 2003 nicht geschafft. Der stationäre Buchhandel wird zum dritten Mal in Folge mit einem Minus abschließen, vermutet der Buchreport (im Gegensatz zu Börsenvereinsvorsteher Schormann im Börsenblatt, siehe dort). 2004 bringe große Veränderungen, es könne das Jahr neuer Ideen und mutiger Entschlüsse werden. Tatsächlich müssen sich die Sortimenter etwas einfallen lassen, denn für sie wird's noch enger: Amazon wächst stetig, die Verlage weiten ihren Vertrieb auf neue Absatzwege aus, Bestseller und Billigbücher werden zunehmend in Supermärkten und auf weiteren Vertriebswegen angeboten.

Müssen die Buchmacher die Einführung eines Goethe-Groschens fürchten? Mit der Zwangsabgabe auf gemeinfreie Klassiker beschäftigt sich zumindest eine von der Bundesregierung eigens eingerichtete Arbeitsgruppe. Der Buchreport zeigt die rechtlichen Hürden auf: Zum einen lege das Europarecht die Schutzdauer des Urheberrechts für ganz Europa auf 70 Jahre fest. Deklariere die Bundesregierung die Abgabe als Maßnahme zur Kulturförderung, verstoße sie gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes, da Kultur Sache der Bundesländer sei.

Die Taschenbuchverlage arbeiten auf Sparflamme. Mit der Programmkürzung, die 2003 im Vergleich zu den Vorjahren am radikalsten ausfalle, und Preiserhöhungen reagierten sie auf die schwierige Lage am Buchmarkt. "Um 7,82 Prozent ist der Titelausstoß bei den Novitäten zurückgegangen", schreibt der Buchreport. "Damit ist die Produktion auf das Niveau von vor acht Jahren zurückgefallen." Eine Entspannung der Situation ist nicht in Sicht: Nach der Übernahme von Heyne durch Random House wird sich der Wettbewerb tendenziell verschärfen.

Die Sortimenter haben gewählt: Insgesamt zwölf Titel in vier Kategorien sind für den Deutschen Bücherpreis 2004 nominiert. Die Verschlankung in der Anzahl der Kategorien, begrüßt der Buchreport, während er der üppigen Liste der Jurymitglieder mit "vornehmlich aus Nischenplätzen blickenden TV-Gesichtern" skeptisch gegenüber steht. "Für den Deutschen Bücherpreis schlägt im kommenden Jahr (...) die Stunde der Entscheidung. Die Veranstaltung (...) braucht endlich einen Erfolg." Die Hauptsponsoren Random House und Holtzbrinck hätten eine Reduzierung der bereitgestellten Mittel nach 2004 angekündigt. Hier die Nominierungen.

Personalien: Die Suhrkamp-Geschäftsleitung ist wieder zu viert, wie zum Jahresende feststeht. Nach der Demontage des Verlagsleiters Günter Berg wird Georg Riepel als Geschäftsführer mit dem Zuständigkeitsbereich Marketing, Vertrieb und Werbung in Frankfurt antreten. Zurzeit ist Riepel in leitender Position beim Verlag C. H. Beck tätig, den er, sobald ein Nachfolger gefunden ist (spätestens mit Vertragsende im Juli 2004), verlassen wird. Außerdem wird Herbert Richter zum Jahresbeginn 2004 Geschäftsführer im Stuttgarter Verlagskontor.

Meldungen: Time Warner, Rechteinhaber von Harry Potter, hat dem Hörbuch-Sprecher aller fünf Bände, Rufus Beck, öffentliche Lesungen für den HörVerlag verboten. Die Fusion der Medienkonzerne BMG und Sony zur neuen Firma Sony BMG ist besiegelt. Und: die Bestsellerlisten.

Börsenblatt

Für die Buchbranche werden bessere Zeiten anbrechen. Damit rechnet Börsenvereinsvorsteher Dieter Schormann aufgrund der allgemein positiven konjunkturellen Stimmung in Deutschland. Schormann geht persönlich von einer schwarzen Null am Jahresende aus, wie er dem Börsenblatt erklärte, "denn: Deutschland liest, das zeigt auch das Phänomen 'Harry Potter'."

Der Buchhandel sollte selbstbewusster auftreten. Das rät der Pressesprecher des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels, Hubertus Pellengahr, den Sortimentern in einem Börsenblatt-Interview zur Einzelhandelskrise. Buchhändler haben das Problem, dass sie gleiche Produkte zu gleichen Preisen anbieten. Deshalb, meint Pellengahr, müsse der Buchverkauf inszeniert und Buchhandlungen stärker zu Begegnungsstätten, zu Unterhaltungstempeln werden. Ein eigenes Profil zu schaffen, sei ein wesentlicher Faktor.

Nach den Club-Ausgaben unterzieht der Sortimenter-Ausschuss des Börsenvereins jetzt auch die Reader-Ausgaben einer genauen Prüfung. Im Dezember-Katalog der Verlagsgruppe Weltbild habe er bei Readern Preisdifferenzen von 50 bis 60 Prozent zur Originalausgabe festgestellt. Erlaubt sind maximal 40 Prozent. "Die Reader sind durchaus von ähnlicher Brisanz wie der Konflikt mit dem Club", zitiert das Börsenblatt den Ausschuss-Vorsitzenden Rudolph Braun-Elwert.

Personalien: Dr. Mathilde Fischer übernimmt ab Januar die Progammleitung für Artemis & Winkler, Walter und Patmos Geschenkbuch (alle Patmos Verlagshaus). Weitere Personalien aus der Buchbranche.

Meldungen: Die seit kurzem zur Bonnier-Gruppe gehörenden Ullstein Buchverlage (Econ, Claassen, List, Marion von Schröder und Ullstein) ziehen Ende April 2004 von München nach Berlin um - die übrigen Verlage, Piper (München), Carlsen (Hamburg) und Thienemann (Stuttgart), sollen nicht in die Hauptstadt mitkommen. In Klütz (Mecklenburg-Vorpommern) ist die Einrichtung eines Uwe Johnson-Literaturhauses geplant. B.I. / Brockhaus übernimmt zum 1. Januar 2004 den Harenberg Lexikonverlag und den Harenberg Kalenderverlag - Verleger Bodo Harenberg will sich künftig ganz auf das Branchenmagazin Buchreport konzentrieren.
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