Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
02.11.2004. Diese Woche lesen Sie: Warum sich die Sortimenter über die Zeit ärgern. Wie gut sich plötzlich Jelinek verkauft. Welche deutsche Autoren 2005 ins Englische übersetzt werden. Wie sich die Aktion "Unsere Besten" auf den Buchhandel auswirkt. Von Sandra Evertz.

Börsenblatt

Nach monatelangem Hin und Her wird endlich Tacheles geredet: Der Börsenverein zieht nicht innerhalb Frankfurts um (und auch das Haus des Buches Leipzig ist als Verbandssitz passe). Stattdessen soll der Stammsitz des Verbands, im Großen Hirschgraben in Frankfurt, saniert werden, dafür sprach sich der Börsenvereins-Vorstand in seiner letzten Sitzung aus. Der Vorstand sehe es als vordringliche Aufgabe des Verbands an, sich auf seine Kernaufgaben zu konzentrieren und nicht Kapital und Kräfte in einen Umzug zu investieren, zitiert das Börsenblatt aus der Begründung des Beschlusses.

Dass der Literaturnobelpreis heuer zum zweiten Mal innerhalb von fünf Jahren in den deutschsprachigen Raum ging, überrascht angesichts der Tatsache, dass Deutschland Literatur weitaus mehr importiert als exportiert (in 2003: 2.881 aus dem Ausland eingekaufte Belletristik-Titel, 1.016 verkaufte Belletristik-Lizenzen). "Deutsche Literatur hat im Ausland keinen leichten Stand", heißt es zusammengefasst im "Thema der Woche" des Börsenblatts. Doch langsam tut sich etwas. Bemerkenswert viele junge deutsche Gegenwartsautoren - darunter Marcel Beyer, Jenny Erpenbeck und Durs Grünbein - würden kommendes Jahr in englischer Sprache erscheinen, schreibt das Branchenmagazin. Vielversprechende Initiativen in punkto Literaturvermittlung seien die Frankfurter Literaturbiennale, das vom Literarischen Colloquium Berlin eingerichtete E-Mail-Forum für ausländische Übersetzer und das vom Goethe Institut getragene Informationsportal für deutschsprachige Literatur Litrix.de.

Die Mair-Gruppe (Falk, Baedeker, Marco Polo), Marktführer im Reisesegment, verhandelt mit dem Kölner Medienhaus DuMont Schauberg über den DuMont Reiseverlag. Im Interview mit dem Online-Dienst des Börsenblatts gab Verleger Frank Mair Auskunft über seine Vorstellungen von der Zukunft der Marke DuMont. Mehr.

Nicht nur die Film- und die Musikbranche kämpfen gegen Raubkopien - auch immer mehr Bücher landen illegal vervielfältigt auf dem Schwarzmarkt. Oft schon vor der Veröffentlichung der Bücher, wenn eigentlich nur die Manuskripte und die Rezensionsexemplare "draußen" sind. Literaturnobelpreisträger Gabriel Garcia Marquez konnte den Schwarzhändlern, die Raubdrucke seines neuen, nach zehnjähriger Schreibpause erscheinenden, Romans "Erinnerung an meine traurigen Huren" kursieren ließen, eher unbeabsichtigt ein Schnippchen schlagen: Kurz vor Andruck änderte er "aus künstlerischen Gründen" das Schlusskapitel.

Die ZDF-Aktion "Unsere Besten - Das große Lesen" wirkt sich direkt auf die Nachfrage im Buchhandel aus. Ein Rundruf des Börsenblatts ergab, dass der Absatz von Titeln aus der Liste der 50 beliebtesten Bücher "vielerorts spürbar nach oben" ging. Weitere Ergebnisse der Umfrage: Die Leser im Westen zeigen stärkeres Interesse an den gewählten Büchern als jene im Osten. Besonders gut verkaufen sich Marlen Haushofers "Die Wand", Ken Folletts "Säulen der Erde", Cornelia Funkes "Tintenherz" und Goethes "Faust".
Meldungen: Der weltweit größte Online-Einzelhändler, Amazon, hat im dritten Quartal einen Umsatz von rund 1,16 Milliarden Euro erwirtschaftet (plus 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Der mit dem Booker Prize ausgezeichnete Roman "The Line of Beauty" von Alan Hollinghurst wird in deutscher Übersetzung 2005 bei Blessing herausgegeben. Für die Jury des Deutschen Sprachrats ist "Habseligkeiten" das "Schönste deutsche Wort des Jahres". Und: die SWR-Bestenliste von November.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Die deutschen Buch-Filialisten, die in den vergangenen zehn Jahren knapp 300 Läden mit einer Verkaufsfläche von insgesamt weit mehr als 200.000 Quadratmetern neu eröffnet haben, drosselten, was die Expansion betrifft, in den letzten zwölf Monaten das Tempo. Das geht aus dem aktuellen Buchreport-Filialatlas hervor. Ausnahme, heißt es darin, seien Branchenprimus Thalia (erhöhte die Übernahmen und Neueröffnungen von 77 auf 93, ist jetzt in 58 deutschen Städten vertreten) und Spezial-Filialist Weltbild (erhöhte von 206 auf 226, jetzt in 199 Städten). Als Gründe nennt das Branchenmagazin u.a. die schwache Konjunktur, eine Verunsicherung des Marktes (etwa durch die Karstadt-Krise), den Mangel an geeigneten Standorten sowie die Sättigung des Nachholbedarfs in den wichtigsten Städten der neuen Bundesländer. "Trotzdem", so das Fazit der Studie, "ist die Filialisierung des Buchhandels in Deutschland keineswegs abgeschlossen."

Nachdem der Buchreport in seiner letzten Ausgabe über die Infragestellung der Buchpreisbindung in der Schweiz berichtet hat (siehe Perlentaucher-Archiv), folgen ähnlich beunruhigende Nachrichten aus Österreich. Zwar gilt das Preisbindungsgesetz in der Alpenrepublik nach einem einstimmigen Parlamentsbeschluss zeitlich unbefristet, doch beschäftigen sich derzeit die Gerichte mit der inhaltlichen Auslegung: Der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels hat den Morawa-Buchkonzern verklagt. Dieser habe, beanstandet der Verband, mit hohen Rabatten, die er der öffentlichen Hand gewährte, dem übrigen österreichischen Buchhandel enorme Umsatzverluste beschert und somit die Preisbindung unterlaufen. Hier der vollständige Artikel.

Verärgert hat die Sortimenter die Ankündigung der Zeit, den ersten Band der Marketing-Aktion Zeit-Lexikon mit dem Kauf einer Zeitung zu verschenken. Die Wettbewerbszentrale hält es allerdings mit der Zeit: Zugaben seien grundsätzlich erlaubt, sofern nicht unverhältnismäßig hoch oder ihre Wertigkeit unklar. Beide Einschränkungen lägen in diesem Fall nicht vor.

Niedersachsens Buchhändler können sich nach dem Fall der Lernmittelfreiheit in ihrem Bundesland über gestiegene Verkaufszahlen freuen. "An die Schulen ist zwar deutlich weniger verkauft worden, dafür aber umso mehr an Privatkunden", informierte Thomas Wrensch, Vorsitzender des Börsenverein-Landesverbands Niedersachen. Wrensch schätzt, dass 20 Prozent der Eltern die Bücher gekauft und nicht von den Schulen ausgeliehen haben. Wie aus dem Buchreport-Umsatztrend hervorgeht, hat sich das Schulbuchgeschäft in Deutschland in dieser Saison insgesamt positiv entwickelt: Für die ersten drei Quartale weist die Erhebung ein kumuliertes Plus von 2,5 Prozent gegenüber 2003 aus.

Meldungen: Große Nachfrage nach Elfriede Jelinek-Titeln: Rowohlt hat von den, nach Bekanntgabe des Nobelpreises, nachgedruckten 300.000 Exemplaren bereits 200.000 verkauft. Die Frankfurter Buchmesse führt Vorgespräche für eine eigene Antiquariatsmesse, und das ungeachtet der sinkenden Nachfrage (die gestern zu Ende gegangenen Antiquariatsmesse Liber Berlin zählte 61 Aussteller, im Jahr 2000 waren es noch 137). Das Magazin Stern will mit der Edition "Stern-Stunden der Filmgeschichte" ins Zusatzgeschäft mit DVDs einsteigen. Pop-Star Robbie Williams hat es mit seiner Autobiografie "Feel" von 0 auf 1 in die Spiegel-Bestsellerliste geschafft. Was sich sonst in den "Top 50" getan hat, hier.