Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
02.01.2006. In dieser Woche: Wer mit dem Weihnachtsgeschäft halb und wer "äußerst" zufrieden ist. Und wer demnächst in der Buchbranche 500 Millionen Euro Jahresumsatz macht. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Das Börsenblatt ist in dieser Woche allein auf weiter Flur!

Zwischen den sonst eher nachrichtenarmen Tagen bestimmt Thalia, größter Buchhändler im deutschsprachigen Raum, die Schlagzeilen. Der Marktführer (461 Millionen Euro Jahresumsatz) will zum 1. Januar die Buchhandelskette Gondrom (26 Filialen, mehr als 60 Millionen Euro Jahresumsatz) übernehmen - vorbehaltlich der Zustimmung des Bundeskartellamts. Mit dem Zukauf überspringt Thalia die 500-Millionen-Euro-Umsatzhürde und steigert seinen Marktanteil von fünf auf sechs Prozent. "Der Veränderungsprozess im Sortimentsbuchhandel ist damit um eine Facette reicher: Die Konzentration spielt sich unter den größten Unternehmen ab", kommentiert das Börsenblatt den Deal.

Zwar konnte der Einzelhandelsverband bei Redaktionsschluss des Börsenblatts noch keine endgültige Aussage zum Ausgang des Weihnachtsgeschäfts 2005 treffen, jedoch rechnete er "ungefähr mit den gleichen Einnahmen wie 2004". Der Buchhandel scheint im Mittel zu liegen: Eine Börsenblatt-Umfrage unter 60 Sortimentern hat ein leichtes Umsatzplus von einem Prozent ergeben. Das Weihnachtsgeschäft sei - als Folge der Flut an Billigbibliotheken und Sondereditionen - geprägt von der Suche nach günstigen Angeboten gewesen, der "Run" auf die Buchläden habe erst spät eingesetzt und vor allem Frauen hätten "Panikkäufe" zu Heiligabend getätigt, teilten die Buchhändler, zu den Besonderheiten befragt, mit.

Auch bei den Onlinern wurden die Bücher diesmal erst "kurz vor Schluss" in den Warenkorb gelegt. Die meisten Bestellungen seien zwei Wochen vor dem Fest eingegangen, melden einstimmig Weltbild.de und Buch.de. Trotz der Spätkäufe sind die Online-Anbieter von Büchern "äußerst zufrieden". Weltbild feiert dank täglich eingehender Bestellungen im Wert von mehr als einer Million Euro "das beste Weihnachtsgeschäft" seit Bestehen seines Angebots, Amazon.de freute sich in Spitzenzeiten über 400.000 bestellte Artikel pro Tag.

Der scheidende Börsenvereinsvorsteher Dieter Schormann macht der Branche in einem Abschiedskommentar Mut, warnt jedoch vor Übermut: Es gehe langsam aufwärts, aber es sei nicht gesagt, ob die positive Entwicklung zu einer dauerhaften Trendwende führe. "Die Buchbranche erwartet noch einige wirtschaftliche Kämpfe in den nächsten Jahren", vermutet der langjährige Buchhandlungs-Inhaber, den die Reaktionen auf den Verkauf der eigenen Buchhandlung an Branchenprimus Thalia zum Rücktritt vom höchsten Ehrenamt im Verband gebracht haben.

Auf zwei Seiten blickt Verlegerin Rosemarie von dem Knesebeck auf die rund fünfjährige Amtszeit Dieter Schormanns zurück. Ein unumstrittener Vorsteher sei Schormann nie gewesen, schreibt Knesebeck. Sie erinnert sich an dessen "markenbewussten, medientauglichen Auftritt mit Fliege, Brille, Schal in einer strahlenden Farbe sowie zwei Uhren am Handgelenk, manchem zu laut für die Branche". Schormann habe mit großem Elan die Idee eines erfolgreichen Branchenmarketings verfolgt - bis heute sei sie an der Uneinigkeit der Branche gescheitert. Auf die Fahnen schreiben kann sich der zu diesem Zeitpunkt "Altvorsteher" das Anpacken der Themen Verbandsreform, Sanierung der Börsenvereinsfinanzen, Preisbindungsgesetz, Stärkung der Buchmessen und Ausbau der Marktforschung.

Im preisbindungsfreien Großbritannien verschärft sich der Wettbewerb im Sortiment: Das Florieren der Vertriebszweige Internet (Umsatzanteil 2005: 11,2 Prozent, 2004: 9,1 Prozent) und Supermarkt (2005: 8,5 Prozent, 2004: 5,6 Prozent) zwingt die stationären Buchhändler mit Nachlässen bis zu 50 Prozent in die Knie.

Meldungen: Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki ist mit dem Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet worden, fast gleichzeitig verlieh ihm die Freie Universität Berlin die Ehrendoktorwürde. Nach Macmillan (Holtzbrinck) und Random House gibt der amerikanische Verlag HarperCollins Pläne für eine Plattform digitaler Inhalte bekannt. Laut Bestseller-Jahresauswertung von Media Control GfK International sind J. K. Rowlings "Harry Potter und der Halbblutprinz", das Original "Harry Potter and the Half-Blood Prince" und Dan Browns "Sakrileg" die meistverkauften Bücher 2005. Und hier die aktuelle SWR-Bestenliste von Januar 2006.
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