Die Buchmacher

Lübbe und die Telenovas

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
18.05.2007. Warum man auch ohne "Ulysses" ein erfülltes Leben führen kann. Weshalb die Übernahme der Karstadt-Bücherflächen durch Thalia eine Fehlentscheidung sein könnte. Und was Lübbe mit Telenovelas vorhat.

buchreport.express

Topthema im buchreport ist der jüngste Coup von Douglas-Tochter Thalia. Deutschlands bisherige Nummer zwei übernimmt mit dem Buchgeschäft in Karstadt-Warenhäusern "jene Buchkette, die traditionell republikweit in besten Citylagen als Buchanbieter am Markt ist und damit perfekt in die Thalia-Strategie passt", schreiben die Dortmunder. Zuletzt habe Karstadt mit dem bisher schmalspurigen Angebot nach eigenen Angaben rund 70 Millionen Euro umgesetzt. Nach Einschätzung von buchreport steigt Thalia mit der übernahme der 89 Karstadt-Buchshops (mit einem kumulierten Umsatz von rund 800 Millionen Euro) wieder an die Spitzenposition im deutschen Buchhandel auf, die bislang vom Weltbild-Hugendubel-Joint-Venture DBH belegt werde.

Die Turbulenzen bei der Sortimentsgenossenschaft eBuch halten an. Nachdem Anfang April der technische Vorstand Alexander Klein suspendiert wurde und gleichzeitig Gerüchte über eine finanzielle Schieflage aufkamen, sind bei der Hauptversammlung jetzt die Altvorstände Britta Lange und Sara Willwerth zurückgetreten. "Es gibt keine finanziellen Probleme und nicht einmal die Andeutung einer Insolvenzgefahr", versuchte Vorstand Holm Löwe im Gespräch mit buchreport die Wogen zu glätten (hier der Artikel).

Vier Monate, nachdem Christophe Montague als Vorsitzender in die Lübbe-Geschäftsführung eingetreten ist, hat buchreport nachgefragt, was aus dem Ziel, den Verlag zu einem "Inhalte-Management-Haus" zu entwickeln, geworden ist. Der gebürtige Franzose bereite gemeinsam mit Rundfunksendern den Einstieg in das neue Geschäftsfeld Telenovela vor - mit Hörserien für den Buchhandel. Außerdem werde die ZDF-Enterprises-Tochterfirma Network Movie die Romane des Lübbe-Autors Ken Follett verfilmen (hier der Artikel).

Weitere Themen: Das Oberlandesgericht München hat die elektronische Dokumentelieferungen des Subito-Lieferdienstes - als Verstoß gegen das Urheberrecht - verboten. In der ersten Instanz hatte das Landgericht München den Service als zulässig erklärt. Herder legt seine Hörbücher mit denen des im Oktober 2006 übernommenen Kreuz Verlags zusammen - das neue Label heißt Herder Audio. Ein Konsortium um die Private-Equity-Firmen Apax Partners und OMERS hat die Thomson-Bildungssparte für 5,8 Mrd Euro übernommen.

Börsenblatt

Das Börsenblatt stellt die drei Modelle vor, die für die in die Bredouille geratene Buchhändler Abrechnungs-Gesellschaft (BAG) im Gespräch sind: die Umwandlung in eine brancheneigene Bank (über die die Mitglieder ihren Geldverkehr abwickeln, die die Zinserträge von anderen Instituten abzieht und über die Deutsche Buchhändler Bank direkt in die Branche lenkt); das "Kölner Modell" (die BAG wird ein eigenständiges Unternehmen, gleichberechtigt neben den anderen Börsenvereins-Wirtschaftsbetrieben AuM und MVB) und das Genussscheine-Modell (Ausgabe von bis zu 60.000 Genussscheinen im Nennwert von je 100 Euro, zuschlagen können alle Unternehmen im Buchhandel und deren Mitarbeiter). Hier der Artikel.

Jochen Jung, Leiter des gleichnamigen Verlags in Salzburg und fast in Alleinregie Gast-Kommentarschreiber im Börsenblatt, nimmt dem Leser das schlechte Gewissen angesichts hunderter ungelesener Bücher im Schrank. "Gewisse Titel können Sie vermutlich schon heute auf eine Liste schreiben mit der Überschrift: Was ich nie lesen werde. 'Der Mann ohne Eigenschaften' vielleicht? 'Witiko'?? 'Don Quijote'??? Sie dürfen dabei davon ausgehen: Auch ein Leben ohne 'Ulysses', ja selbst ohne 'Krieg und Frieden' kann ein erfülltes Leben sein."

Mit gemischten Gefühlen reagiert die Branche auf die Übernahme der Karstadt-Bücherflächen durch Thalia. Der angekündigte Umzug der Bücherabteilungen in die oberen Geschosse der Warenhäuser sei für die Kundenfrequenz abträglich. Ein namentlich im Artikel nicht genannter Vertriebsmitarbeiter spricht sogar von einer "krassen Fehlentscheidung" von Thalia. Karstadt habe schon vorher das Problem fehlender Kunden gehabt, dies werde jetzt verschärft.

Weitere Themen: Weltbild testet den Büchervertrieb in einem Familia-Warenhaus in Karlsruhe. Zweitausendeins hat den ersten Shop-in-Shop im Georg-Büchner-Buchladen in Darmstadt eröffnet. Im "Menschen"-Ressort stellt Stephan Eppinger den Darmstädter Buchhändler Stephan Jaenicke vor. Den "Fragebogen" hat die Kinderbuchillustratorin Sybille Hein ausgefüllt (sehr nett: mit kleinen Skizzen; sehr sympathisch: Begeisterungsfähigkeit und Verwirrtheit seien ihre Hauptcharakterzüge).
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