Magazinrundschau
Michael Wolff: Steve Jobs kontrolliert auch dich
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13.11.2007. Für Vanity Fair steht Steve Jobs kurz vor dem Status eines "Der, dessen Name nicht genannt werden darf". Etwas mehr Zivilcourage wünscht sich der Soziologe Elemer Hankiss in Nepszabadsag von den ungarischen Journalisten. Il Foglio stellt den neuen Konkurrenzsender zu Al Dschasira vor. Commentary porträtiert einen begnadeten Musikkritiker, der keine Noten lesen konnte. In Elet et Irodalom stellt die in Siebenbürgen lebende Literaturwissenschaftlerin Eva Cs. Gyimesi einen neue transsilvanische Zeitschrift für Europa vor. Le Point erklärt Marcel Gauchet zum neuen Platon.
Vanity Fair (USA), 01.12.2007
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Seit Herbert Hoover die USA in die Große Depression geführt hat, habe kein amerikanischer Präsident mehr eine solch katastrophale Wirtschaftspolitik betrieben wie George W. Bush, behauptet der Ökonom Joseph Stiglitz. Die Folgen würden über Generationen spürbar sein: "Das Steuersystem fällt auf erschreckende Weise zu Gunsten der Reichen aus, die Staatsverschuldung wird um siebzig Prozent gestiegen sein, wenn der Präsident Washington verlässt, die Kaskade säumiger Hypotheken steigt weiter an, das Handelsdefizit liegt bei rekordverdächtigen 850 Milliarden Dollar, die Ölpreise sind höher als jemals zuvor, und der Dollar ist so schwach, dass es für einen Amerikaner einer Risikoanlage gleichkommt, in London oder Paris einen Kaffee zu kaufen - oder selbst im Yukon. Und es wird noch schlimmer. Nach fast sieben Jahren Regierungszeit dieses Präsidenten sind die USA weniger auf die Zukunft vorbereitet als jemals zuvor. Wir haben nicht genug Ingenieure und Wissenschaftler ausgebildet, die wir brauchen werden, um mit China und Indien konkurrieren zu können. Wir haben nicht genug in die Grundlagenforschung investiert, die uns zum technologischen Kraftwerk des 20. Jahrhunderts gemacht hatte."
Nepszabadsag (Ungarn), 11.11.2007
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Foglio (Italien), 10.11.2007
Roms Bürgermeister und Vorsitzender der neu gegründeten Mitte-Links-Partei Walter Veltroni benutzt den Glamour des Filmfestival von Rom erfolgreich für den eigenen Aufstieg. Doch Veltronis kulturelle Ambitionen spalten die Linke, stellt Marianna Rizzini nicht unerfreut fest. "Wenn man sich das alles einmal ansieht, die Abtrünnigen - Massimo Cacciari, der gegen das aufrührerische Rom wetterte, Felice Laudadio (der Festivaldirektor von Taormina), der die Aufteilung der Subventionen zugunsten Roms beklagte, und schließlich Francesco Rutelli, der Kulturminister, der Neutralität zu bewahren versuchte aber tatsächlich doch Venedig verteidigte - wenn man die drei Festivals Venedig, Rom und Turin betrachtet und die drei Bürgermeister die sie repräsentieren, Cacciari, Veltroni und Chiamparino, dann weiß man, dass die Zeichen schon länger auf Konfrontation stehen."
Maurizio Stefanini setzt große Hoffnungen auf den ägyptischen Medienunternehmer Naguib Sawiris, der dem Platzhirsch Al Jazeera mit seinem angeblich toleranteren Otv Konkurrenz machen will. "'Wenn ein Film hinsichtlich der Kostüme und der Tradition nicht hinnehmbar ist, senden wir ihn nicht', versichert er. 'Aber in dem Moment, in dem wir uns zur Ausstrahlung entscheiden, können wir ihn doch nicht zensieren.' So machen es aber die meisten Sender des Mittleren Ostens, sie schneiden die westlichen Filme bis zur Unkenntlichkeit. Außerdem verspricht Sawiris, die 'hohe Dosis' an religiösen Inhalten drastisch herunterzufahren."
Maurizio Stefanini setzt große Hoffnungen auf den ägyptischen Medienunternehmer Naguib Sawiris, der dem Platzhirsch Al Jazeera mit seinem angeblich toleranteren Otv Konkurrenz machen will. "'Wenn ein Film hinsichtlich der Kostüme und der Tradition nicht hinnehmbar ist, senden wir ihn nicht', versichert er. 'Aber in dem Moment, in dem wir uns zur Ausstrahlung entscheiden, können wir ihn doch nicht zensieren.' So machen es aber die meisten Sender des Mittleren Ostens, sie schneiden die westlichen Filme bis zur Unkenntlichkeit. Außerdem verspricht Sawiris, die 'hohe Dosis' an religiösen Inhalten drastisch herunterzufahren."
Commentary (USA), 01.11.2007
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Le Monde diplomatique (Deutschland / Frankreich), 09.11.2007
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Spectator (UK), 10.11.2007
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Espresso (Italien), 09.11.2007
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Umberto Ecos Bücher sind zum Teil in zwanzig Sprachen übersetzt. Vom Erfolg ermutigt, lässt sein chinesischer Verleger gerade eine Sammlung der Bustine di Minerva aus dem Jahr 2000 ins Chinesische übertragen. Doch es gibt Verständnisschwierigkeiten, und die Übersetzerin bombardiert ihn mit Fragen, berichtet Eco. Wer zum Teufel waren zum Beispiel Tiscordi und Zozzogno (eine vom Komiker Toto erfundene Verballhornung der Musikverleger Ricordi e Sonzogno)? "Ich habe das Gefühl, dass in dieser globalisierten Welt, in der es so scheint als würden alle die gleichen Filme gucken und das gleiche Essen verspeisen, dass es in dieser Welt immer noch abgrundtiefe und unüberwindbare Gräben zwischen den einzelnen Kulturen gibt. Wie sollen sich zwei Kulturen jemals miteinander verständigen, von denen eine Toto nicht kennt?"
Elet es Irodalom (Ungarn), 09.11.2007
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Die im rumänischen Siebenbürgen lebende Literaturwissenschaftlerin Eva Cs. Gyimesi hat die im vergangenen Jahr gegründete rumänische Zeitschrift Foaia Transilvana entdeckt, die sich dem Europäischen in der Geschichte Siebenbürgens, seiner ethnisch-religiösen Vielfalt und seiner eigenartigen Kultur verschrieben hat. Gleichzeitig ist sie überrascht, dass die Zeitschrift bei der ungarischen Minderheit in Rumänien kaum Zustimmung findet: "Als wäre uns immer noch das in der Funar-Ära entstandene Feindbild wichtiger. Die ungarischsprachigen Zeitschriften erwecken den Eindruck, als hätte sich der Horizont der ungarischen Öffentlichkeit um keinen Fingerbreit bewegt. Jahrzehntelanger Argwohn und Frustration, die Verachtung gegenüber dem rumänischen Volk haben eine Isolation zur Folge, mit der sich die Ungarn in Siebenbürgen aus einem größeren Ganzen ausgrenzen und ins Abseits befördern: dabei war so mancher Transsilvanier von einst ziemlich stolz auf jene kulturelle Vielfalt und Religionsfreiheit gewesen, denen sich nun interessanterweise diese rumänische Zeitschrift widmet."
Economist (UK), 09.11.2007
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In weiteren Artikeln wird festgestellt, dass das große New Yorker Berlin-Festival bisher eher bei der geriatrischen Upper-Westside-Bevölkerung auf Interesse stößt und über die Auswirkungen des Drehbuchautoren-Streiks in New York nachgedacht. Ein Schwerpunkt ist der neuen Bedeutung der Technologie in Indien und China gewidmet. Dabei geht es unter anderem um E-Business in China, Handy-Begeisterung (und PC-Zurückhaltung) in Indien und darum, dass die indische und chinesische Ökonomie deutlich weniger avanciert sind, als man auf den ersten Blick meinen könnte.
Point (Frankreich), 08.11.2007
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New Yorker (USA), 19.11.2007
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Weiteres: James Surowiecki kommentiert den Streik der amerikanischen Drehbuchautoren, einige Sätze könnten vielleicht auch den hiesigen Arbeitskampf Lokführer contra Bahn erhellen. Etwa: "Ein Streik ist nicht immer ein Fehler: manchmal erringen Arbeitnehmer einen großen Sieg. Doch wenn beide Seiten glauben, ein Streik diene ihrer Sache, muss sich mindestens eine von beiden irren." In einer Glosse erläutert Larry Doyle "warum wir streiken" und die damit verbundenen Forderungen. Als "Schläger, der gegen alles ausholte" charakterisiert Louis Menand Norman Mailer in seinem Nachruf. Außerdem zu lesen ist die Erzählung "Or Else" von Antonya Nelson und Lyrik von Michael Longley und Franz Wright.
Paul Goldberger besichtigt das neue Domizil des New Museum of Contemporary Art in New York vor, das das japanische Architekturbüro SANAA in der Bowery realisiert hat. Sasha Frere-Jones berichtet über einen neuen Punkrock-Boom in Los Angeles, in dessen Zentrum die Gruppe No Age steht. Dan Chiasson rezensiert Gedichtbände von Mark Strand ("New Selected Poems", Knopf) und Robert Hass ("Time and Materials", Ecco). Und David Denby sah im Kino das Irak-Kriegsdrama "Redacted" von Brian de Palma, Mike Newells Marquez-Verfilmung "Love in the Time of Cholera" und Noah Baumbachs Komödie "Margot at the Wedding" mit Nicole Kidman.
Nur im Print: eine Reportage aus Paris über den Aufstieg eines nicht näher bezeichneten berühmten Antisemiten, ein Artikel über den Streit unter Medizinern um das richtige Geburtsgewicht und ein Porträt von Orson Welles und Laurence Olivier als Shakespeare-Schauspieler.
Nouvel Observateur (Frankreich), 08.11.2007
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Zusätzlich dokumentiert sind Zeugenaussagen ehemaliger Häftlinge sowie Auszüge aus zwei bisher noch unveröffentlichte Texte von Alexander Solschenizyn aus den Jahren 1941 und 1995. Bei Ersterem handelt es sich um Auszüge aus einem 1940 begonnenen Romanfragment, das heute in Frankreich erscheint: "Aime la revolution". Der zweite entstammt dem Buch "Une minute par jour", einem Sammelband mit Gesprächen mit Solschenizyn.
New York Times (USA), 12.11.2007
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Weitere Artikel zum Schwerpunkt: Der Filmkritiker A.O. Scott erzählt die Geschichte des Westerns als filmischer Form. Der brasilianische Regisseur Walter Salles ("Central Station") denkt über das Road Movie nach. Philip Weis berichtet über eine neue Spezies von Hollywood-Filmproduzenten, die ausdrücklich Filme für erwachsene und denkende Menschen machen wollen.
In der Book Review stellt Neil Genzlinger Aine Colliers Geschichte des Kondoms vor, die, wie er meint, nicht zuletzt vom menschheitsbeglückenden Triumph des Werkstoffs Gummi berichtet: ""Lebten wir noch im alten Rom, würden Sie vielleicht ein Fell-Kondom tragen, hergestellt aus der Mähne einer Eselin. In der islamischen Welt rund um die erste Jahrtausendwende wäre das Teil wahrscheinlich aus Teer oder flüssigem Blei gewesen... Geburtenkontrolle, heute eine ein bisschen lästige Sache, war jahrhundertelang eher eine Form der Folter. 'Das willst du beim Sex benutzen?', könnte jeder der beiden Partner damals gesagt haben. 'Das ist doch ein Scherz. Das Ding ist aus Baumrinde. Dann doch lieber ein Baby."
Weiteres: Für Richard Brookhiser ist Christopher Hitchens' Buch über Thomas Paine in Wahrheit die Diskussion zweier Bücher, Paines "Die Menschenrechte" und Burkes "Über die Französische Revolution". Jed Pearl schreibt über den dritten und vorletzten, die Jahre 1917-1932 umfassenden, Band von John Richardsons Picasso-Biografie. Und Jay McInerney bespricht Pierre Bayards Ratgeber dazu, wie man über Bücher spricht, die man gar nicht gelesen hat.