Magazinrundschau
Ein Affe findet den Fokus
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
10.02.2009. Vanity Fair erzählt, wie man bei Warner erfolgreiche Filmproduzenten feuert. In Eurozine untersuchen Jens-Martin Eriksen und Frederik Stjernfelt die Nähe zwischen Rassismus und Multikulturalismus. Im New Statesman findet Denis Dutton die ideale Landschaft. Polityka genehmigt sich einen karierten Perkal. Im Spectator singt Darwin ein Lob des Affen. In Le Croix geißelt Simon Leys die ganz außergewöhnliche Unanständigkeit Roland Barthes. Im Nouvel Obs zieht Abraham B. Yehoshua eine bittere Bilanz des Gaza-Kriegs.
Clarin | MicroMega | La Croix | Al Ahram Weekly | Salon.eu.sk | Nouvel Observateur | Guardian | Vanity Fair | Eurozine | New Statesman | Polityka | Spectator | Europa
Vanity Fair (USA), 01.03.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q114/A23119/vanity.jpg)
Eurozine (Österreich), 09.01.2009
Einen interessanten Artikel über Islamismus und linken und rechten "Kulturalismus" haben die beiden dänischen Autoren Jens-Martin Eriksen und Frederik Stjernfelt offensichtlich direkt für Eurozine verfasst. Am Beispiel ihres vom Karikaturenstreit traumatisierten Landes stellen sie eine erstaunliche Nähe zwischen dem Rassismus rechtspopulistischer Parteien und dem Multikulturalismus auf der Linken fest. Selbst die Rechte verteidige den Rassismus dabei nicht mehr, sondern benutze den Begriff der Kultur: "Beide Kulturalismen drücken ihren Respekt für kulturelle Unterschiede aus und verbinden diesen Glauben mit dem Wunsch nach Schutz dieser Identitäten. Rechte und linke Kulturalisten geben diesem Schutz nur verschiedene Ausgestaltungen. Linke Kulturalisten fordern, dass verschiedene Kulturen auf ein und demselben Territorum, im selben Staat, koexistieren können sollten, so dass auch für Personen aus unterschiedlichen Kulturen verschiedene Rechtssprechungen gelten können, je nach kultureller Gruppe, aus der sie stammen. Rechte Kulturalisten wollen die Kulturen ebenfalls erhalten, aber jede Kultur in ihrem eigenen Territorium."
New Statesman (UK), 05.02.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q28/A23109/newstates.jpg)
Als das Buch, das sein Leben veränderte, stellt der Philosoph John Gray "The Pursuit of the Millennium" von Norman Cohn vor (deutsch: "Das neue irdische Paradies"), in der Cohn den revolutionären Millenarismus im mittelalterlichen Europa untersucht. Von da an waren Gray Weltveränderungen jedweder politischer Couleur suspekt. "Zugleich wurde ich überzeugt, dass kein Blick auf die Welt ernst genommen werden könnte, der die anhaltende Macht der Religion vernachlässigt."
Weiteres: Isabel Hilton wirft ein Schlaglicht auf China, das gerade das Jahr des Ochsen eingeläutet hat. Und Alice O'Keefe will Charlotte Roches nun als "Wetlands" auf Englisch erschienenen Hygiene-Führer zwar nicht als feministisches Manifest durchgehen lassen, aber durchaus als "scharfzüngige, tabubrechende Comedy".
Polityka (Polen), 09.02.2009
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Spectator (UK), 06.02.2009
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Europa (Polen), 07.02.2009
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Clarin (Argentinien), 07.02.2009
Der uruguayische Schriftsteller Juan Carlos Onetti wäre am 1. Juli 2009 100 Jahre alt geworden. Mario Vargas Llosa hat aus diesem Anlass einen langen Essay zu Onettis Werk verfasst. Die spanische Ausgabe ist vor kurzem erschienen, die deutsche Übersetzung folgt im Mai. Im Interview mit Clarin findet Vargas Llosa "Onettis Welt unendlich traurig und demoralisierend - aber wenn man sieht, dass jemand so gut schreiben kann, möchte man meinen, so schlimm kann es um diese Welt eben doch nicht bestellt sein. Außerdem zeigt er, dass wir Menschen in der Literatur nicht bloß eine Entschädigung für all das erlittene Leid finden, sondern durch die Lektüre ungeheuer bereichert werden und die unglaublichsten Dinge erleben können."
MicroMega (Italien), 30.01.2009
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La Croix (Frankreich), 04.02.2009
Mit der Chinareise der avantgardistischen Zeitschrift Tel Quel um Philippe Sollers und Roland Barthes geriet das Genre der von kommunistischen Regimes veranstalteten Autorenreise in seine postmoderne Spätphase. Barthes veröffentlichte später seine lauwarmen Notizen von der Reise in Le Monde und wurde von dem Sinologen Simon Leys für das Beschweigen der totalitären Schweinereien scharf attackiert. Nun werden Barthes' ebenfalls recht laue Tagebücher von der Reise veröffentlicht, und Leys setzt in der katholischen Zeitung La Croix nochmal nach: "In der letzten Nummer des Magazine litteraire behauptet Sollers, dass Barthes' Tagebücher eine einst von George Orwell gefeierte Tugend besäßen, den 'alltäglichen Anstand'. Mir scheint im Gegenteil, dass Barthes in dem, was er verschweigt, eine ganz außergewöhnliche Unanständigkeit an den Tag legt. Der Vergleich ist sowieso abwegig (der 'alltägliche Anstand' nach Orwell basiert auf Einfachheit, Ehrlichkeit und Mut. Barthes hatte sicherlich gute Eigenschafen, aber nicht diese). Angesichts der chinesischen Schriften Barthes' (und seiner Kumpel von Tel Quel) kommt mir ein anderes Orwell-Zitat in den Sinn: 'Man muss Teil der Intelligentsia sein, um derartige Dinge zu schreiben, ein gewöhnlicher Mensch wäre dazu nicht dumm genug.'"
Al Ahram Weekly (Ägypten), 05.02.2009
Gamal Nkrumah stellt das Programm der American University in Cairo Press vor, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, ägyptische Literatur und Sachbücher ins Englische zu übersetzen und so bekannter zu machen. Nkrumah findet das verdächtig: "Die AUC Press beabsichtigt vielleicht nicht, ein trojanisches Pferd für den US-Imperialismus zu sein. Dennoch sickert der Neokolonialismus unweigerlich in ihre Aktivitäten hier in Ägypten ein, wie die Memoiren von Sadats Witwe und die ziemlich geschmacklose Kritik am heutigen Ägypten zeigt. Wer sucht denn die sogenannten 'Schätze' der ägyptischen Kultur aus, die exportiert werden sollen? Es sind Amerikaner und in Amerika ausgebildete Ägypter, die unweigerlich widerspiegeln, wie das liberale Amerika Ägypten sehen will".
Außerdem: Abdel-Moneim Said, Direktor des Al-Ahram Centre for Political and Strategic Studies, erklärt, warum die Muslimbrüder im Grunde ihres Herzens antiägyptisch sind.
Außerdem: Abdel-Moneim Said, Direktor des Al-Ahram Centre for Political and Strategic Studies, erklärt, warum die Muslimbrüder im Grunde ihres Herzens antiägyptisch sind.
Salon.eu.sk (Slowakei), 03.02.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q214/A23108/salon.jpg)
Nouvel Observateur (Frankreich), 05.02.2009
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q9/A23114/nouvelobs.jpg)
Guardian (UK), 07.02.2009
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Weitere Artikel: Sarah Crown unterhält sich mit dem Dichter Peter Porter über die Arbeit, die Liebe, den Tod: "There's a phrase in a poem called 'The Violin's Obstinacy' in 'Better than God' that captures it: 'the endlessness of almost ending'. The obsession is to keep going, but the means of keeping-going is threatening to stop." Victoria Glendinning bespricht fasziniert und begeistert die Liebesbriefe von Elizabeth Bowen an den kanadischen Diplomaten Charles Ritchie.
Auch Rachel Cooke zieht im Observer vernünftige Schuhe an und macht einen langen Spaziergang durch den Londoner Ortsteil Hackney, der 30 Prozent der Olympischen Spiele beherbergen soll. Sie wird begleitet von Iain Sinclar, der seit vierzig Jahren dort lebt und gerade ein Buch veröffentlicht hat, "Hackney, That Rose-Red Empire" (Leseprobe) das mit dem Slogan: 'Das Buch, das sie verbeiten wollten' wirbt. Tatsächlich hatte die Bibliothek von Hackney unter Berufung auf den Freedom of Information Act sich geweigert, ihn dort lesen zu lassen. Die Begründung: seine kritische Position zu den Olympischen Spielen. "Das Buch macht einen verrückt, aber die Anstrengung lohnt sich. Sinclair verfolgt die Spuren von Aufstieg und Fall des Bezirks, seine vielen Erscheinungsformen und seine Neuerfindungen. Durch seine schwankenden Gassen gingen Joseph Conrad und Orson Welles, Julie Christie und Tony Blair, sogar Astrid Proll, die Baader-Meinhof Kämpferin, die sich in Hackney versteckte, während sie halb Europa suchte. Hackney, stellt sich schnell heraus, ist ein Ort des Verschwindens. Und jetzt verschwindet der Ort selbst."
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