
Anna Efimova unterhält sich für
New Eastern Europe (von Eurozine
ins Englische übersetzt) mit
Liliya Vezhevatova, einer Koordinatorin des
Feministischen Antikriegs-
Widerstands in Russland, über ihre Bewegung, die sich besonders auf Frauen ab 45 konzentriert. "Die Aktivisten verteilen unseren Samisdat (Selbstverlag), eine Zeitung für
Frauen über 45 mit dem Namen
Female Truth, in 20 russischen Städten und Gemeinden. Die russischen Behörden können die Daten über die Verluste der russischen Armee verbergen, so viel sie wollen, aber sie werden nicht in der Lage sein,
Friedhöfe zu verstecken. ... Langfristig glauben wir jedoch, dass diese Gruppe eine Kraft sein wird, die die
öffentliche Meinung über diesen Krieg erschüttert und umkehrt. Es sind unsere älteren Verwandten, die Mütter der Offiziere, der tschetschenischen Kriegsteilnehmer. Wir betrachten sie als Opfer der gegenwärtigen Situation. Als ihnen erzählt wurde, der Krieg in der Ukraine sei eine Nachfolge des Krieges von 1941-45 glaubten, wurden sie getäuscht und belogen. Wir
verlagern den Krieg vom ideologischen Schlachtfeld in ihre Kühlschränke, Geldbörsen und Familien und machen ihn
so real und nah, als würde er vor ihrer Haustür stattfinden. Wir sprechen sie mit universellen Themen von menschlichem Interesse an, wir sprechen über
Preiserhöhungen, über ihre Lieblingsprominenten, die den Krieg missbilligen, und über die versprochenen Entschädigungen, die nie an die Familien der in der Ukraine gefallenen russischen Soldaten ausgezahlt worden sind. Die Zeitung hat sehr positive Kritiken erhalten. Menschen berichten uns, dass sie, nachdem sie ihren älteren weiblichen Verwandten die Zeitung in die Hand gedrückt hatten, ein Gespräch über den Krieg führen konnten. Sie taten dies zum ersten Mal seit Kriegsbeginn, ohne sich gegenseitig
als Verräter zu beschuldigen. Durch die Wahl eines nicht radikalen Tons und das Eingehen auf die Interessen und Sorgen des Publikums hat unsere Zeitung diese Ergebnisse erzielt."
Außerdem: Kian Tajbakhsh
feiert Irans ersten feministischen Aufstand: "Ich glaube, wir sind Zeugen von etwas, das es in der iranischen Geschichte noch nie gegeben hat: eine feministische soziale Bewegung. Die erneute Forderung nach einer rechenschaftspflichtigen Regierung und individueller Freiheit - dem liberal-demokratischen Ideal - ist aus dem Kampf gegen die patriarchalische Kontrolle über den Körper der Frauen und die paternalistische Beherrschung des öffentlichen Raums hervorgegangen. ... Die heutige feministische Bewegung, Frauen wie Männer, sagt Nein: Frauen werden in der Öffentlichkeit existieren,
nicht als Mündel unter der Kontrolle männlicher Hüter religiöser Gesetze, sondern als gleichberechtigte Bürger. Sie fordern die Anerkennung der grundlegenden individuellen Menschenwürde und Freiheit, wie sie der moderne Mensch zu erwarten hat. Auch wenn diese Forderungen im Moment politisch noch unausgegoren sind, so sind sie doch zum Teil bereits mit umfassenderen Forderungen nach
politischen Veränderungen verbunden."