Magazinrundschau - Archiv

Roads & Kingdoms

4 Presseschau-Absätze

Magazinrundschau vom 14.02.2017 - Roads & Kingdoms

Wo beginnt eigentlich Europa? Auf der Suche nach der eigentlichen Grenze zu Asien setzt Joshua Kucera von Bulgarien über nach Batumi und reist weiter ins Landesinnere von Georgien, nach Poti, am Fluss Rioni gelegen: "Der schmale Rioni scheint kaum geeignet, als internationale Grenze zu dienen. Er fließt faul entlang der überwachsenen Ufer durch Potis verfallende postsowjetische Hochhaussiedlungen ins Schwarze Meer. Die bescheidene Präsenz des Rioni verdeckt seine grandiose Vergangenheit: Dies war der Sitz des antiken Königreichs von Kolchis, bekannt als der Ort, an dem Jason das Goldene Vlies stahl und seine kolchische Frau Medea fand. Der antike Historiker Herodot identifizierte den Rioni, damals bekannt unter dem Namen Phasis, als Grenze zwischen Europa und Asien. Damit gehörte Herodot zu einer Minderheit: die meisten seiner Zeitgenossen setzten die europäisch-asiatische Grenze viel weiter nördlich, wo der Don ins Schwarze Meer fließt, im heutigen Russland. Georgien, das sich selbst als Nachfolger von Kolchis sieht, wurde generell als geografischer Teil Asiens angesehen. Für den britischen Historiker, Staatsmann und Diplomaten James Bryce, der 1876 durch das russische Reich reiste, war Poti ein Hafen, 'den jeder Reisende vom Westen her verdammt ist zu passieren, die größte Fieberhölle Asiens'. Während meines Besuchs im sommer war Poti tatsächlich feucht und schwül. Aber nennen Sie es nicht Asien."

Vor Georgien geht es dann weiter nach Aserbeidschan, aber das ist eine zweite Reportage auf der Suche nach der Grenze zwischen Asien und Europa.

Magazinrundschau vom 08.03.2016 - Roads & Kingdoms

Matt Goulding porträtiert den guatemaltekischen Koch Fernando Lopez, der in Hiroshima ein kleines Restaurant für Okonomiyaki eröffnet hat. Keine Kleinigkeit für einen von gerade mal 145 Guatemalteken in ganz Japan. Okonomiyaki sind mit Kohl, Fleisch und verschiedenen anderen Zutaten gefüllte Pfannkuchen, deren individuelle Behandlung und Schichtung außerordentliche Finesse erfordert. "Man könnte meinen, für jemanden mit seiner Rolling-Stone-Biografie müsste es die Todesstrafe sein, den ganzen Tag ein einziges Gericht zuzubereiten, aber er strahlt eine tiefe Ruhe aus hinter dem Gezische und dem Dampf. 'Die Leute fragen mich immer, ob es mich nicht langweilt, den ganzen Tag dasselbe zu tun. Das ist ein Witz! Sie haben keine Vorstellung, was mir im Kopf herumgeht, wenn ich ein Okonomiyaki mache.' Um mir eine Vorstellung zu geben, erhalte ich eine kurze Lektion über Kohl. Kohl verändert im Laufe der Jahreszeiten, er kommt aus verschiedenen Gegenden in Japan - von den winterlichen Bergen Naganos oder den trockenen Ebenen Fukuokas - wie die Jahreszeiten wechseln, so verändert sich auch das Verhalten des Kohls auf der Herdplatte. Im Frühling, welkt und verbrennt er schnell, im Herbst hat er mehr Flüssigkeit und muss länger und langsamer gekocht werden. 'Es hat ein ganzes Jahr gedauert, bis ich nur verstanden habe, mit dem Kohl umzugehen.' Multipliziert man das noch mit Nudeln, Eiern, Pfannkuchen, Proteinen und der kapriziösen Natur der Grillplatte, beginnt man zu verstehen, warum sich Lopez seit fünfzehn Jahren auf dieses Gericht und dieses Restaurant beschränkt."

Magazinrundschau vom 06.10.2015 - Roads & Kingdoms

Der georgische Badeort Batumi wäre gern das europäische Las Vegas am Schwarzen Meer. Mit fantastischen Hotels und einem Brunnen, dessen Fontaine einmal die Woche Chacha sprudelt, den georgischen Brandy. Doch statt stinkreicher Russen zieht es halbgare deutsche Unternehmer in die Stadt und nicht ganz so reiche Türken, die sich hier gefahrlos amüsieren können: mit Wein, Weib und einarmigen Banditen, erzählt Tara Isabella Burton, die dem künstlichen Charme der Stadt schnell erliegt. "Es wäre so einfach, Batumi zu hassen. Es wäre einfach, die Neonfontänen, türkischen Bäder, glitzernde Seepromenade und die verfallene Ali-und-Nino-Statue zu hassen. Und doch tue ich es nicht. Am Ende meiner Zeit dort habe ich mit in Batumi verliebt, in seine Eigenartigkeit, in sein idealistisches Bestehen darauf, sich immer und um jeden Preis amüsieren zu wollen. Wenn es das ultimative Ziel eines Ferienortes ist, dem Reisenden eine Art Grenzort zu bieten, eine Flucht aus der realen Welt, dann ist Batumi vielleicht der surreal erfolgreichste Ferienort der Welt: eine wilde, selbstreferentielle Kreation, in der jede Straße, jedes Schild, jeder Swimmingpool in Beziehung zu einem anderen Hotel, einer anderen Stadt, einem anderen imaginierten Paradies zu existieren scheint." (Bild: Der Alphabet-Turm in Batumi)

Außerdem: Martin de Bourmont schildert die Situation der in Zelten campierenden Flüchtlinge in Paris, von denen etwa 500 am Quai d"Austerlitz campieren, zwischen der Terrasse des Nachtclubs Wanderlust und dem Schiffsrestaurant Playtime.

Magazinrundschau vom 14.07.2015 - Roads & Kingdoms

Israel - Land des Schweins und Honigs! Zumindest in Tel Aviv trifft das inzwischen zu, erzählt Shira Rubin. Schwein gilt dort nicht nur als lecker, sein Verzehr ist zugleich eine Form des Widerstands gegen ein immer dominanter auftretendes religiöses Establishment. Man bekommt es in fast jeder Form zum Beispiel in Ori Marmorsteins Barbecue Truck de Luxe. "Als unerschütterlicher Atheist betrachtet er das Truck als Teil einer größeren Bewegung in Israel. Ihm ist klar, dass die demonstrativen Bilder auf der Speisekarte potentielle Kunden, die Schwein immer noch als Tabu betrachten, abstoßen. Aber er hofft, dass sich dies bald ändert. Er gibt dem Judaismus, der den Verzehr von Schweinefleisch verbietet, die Schuld für die Kluft zwischen dem säkularen Tel Aviv und dem Rest des Landes. "Religion ruiniert alles", sagt er ohne große Emotion. Viele Israelis mockieren sich über die kulturelle Hauptstadt, die sie zu modern, zu liberal, zu global gesinnt finden und - absurderweise, bedenkt man die winzige Größe des Landes - zu abgekoppelt von den lokalen Gegebenheiten. Aber im Truck ist die Belegschaft typisch Tel Aviv: schöne, hedonistische, blasierte, sexy junge Dinger, die gutes Essen und Alkohol nicht als Belohnung betrachten, sondern als Way of life. Die immer deprimierendere und angespanntere politische Lage zu ignorieren, ist genau der Punkt und Schweinefleisch ein Mittel zur Flucht."