Ernst Jünger, Gerhard Nebel

Ernst Jünger / Gerhard Nebel: Briefe (1938 - 1974)

Cover: Ernst Jünger / Gerhard Nebel: Briefe (1938 - 1974)
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2003
ISBN 9783608936261
Gebunden, 989 Seiten, 49,00 EUR

Klappentext

Herausgegeben, kommentiert und mit einem Nachwort von Ulrich Fröschle und Michael Neumann. Der Briefwechsel zwischen Jünger und Nebel begann 1938, als sich Nebel wegen seines "Versuchs über Jünger" an den schon berühmten Autor wandte. Rund 300 Zeugnisse dieser Beziehung, die nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und der gemeinsamen Pariser Zeit eine Freundschaft wurde, sind in diesem Buch abgedruckt. Behandelt werden in den Briefen die gemeinsamen Bekannten aus Paris, dann aber auch die politische und geistige Lage der Zeit. Der Briefwechsel geht ein auf den 20. Juli 1944, die Kollektivschuldfrage und die Vertreibungen der Deutschen, auf Ernst Jüngers Friedensschrift, aber auch auf Fragen des Romans im Zuge der Entstehung von "Heliopolis". Jüngers Wertschätzung für den acht Jahre jüngeren Philosophen, Altphilologen und Autor kommt deutlich zum Ausdruck. Die Briefe sind Teil jener Debatten der Nachkriegsjahre mit ihrer intellektuellen Brisanz, sie beleuchten aber auch die konservative Kritik am Nationalsozialismus schon während der NS-Zeit.

Rezensionsnotiz zu Neue Zürcher Zeitung, 20.04.2004

"Welch ein Buch" staunt Rezensent Bernhard Gajek: gut 450 Seiten davon enthalten Briefe, Karten, Telegramme, Todes- und Heiratsanzeigen, übertrumpft von 500 Seiten Kommentar, der Werk und Biografie der beiden Briefschreiber an entscheidenden Punkten neu erschließt. Die Bekanntschaft Ernst Jüngers mit dem Kölner Deutsch-, Latein- und Griechischlehrer Nebel geht auf das Jahr 1938 zurück, erläutert Gajek, als Nebel dem bewunderten Autor seinen Aufsatz über dessen "Abenteuerliches Herz" schickte. Die Bewunderung schmeichelte Jünger, meint Gajek, doch versuchte er auch zu "versachlichen", man schrieb sich Briefe, tauschte Ideen und Gedanken aus, hielt auch während des Krieges Verbindung. Als Nebel allerdings, berichtet Gajek, Jüngers erstes Buch nach 1945, "Heliopolis", zu kritisieren wagte, gab es eine Missstimmung, die zu einer jahrelangen Unterbrechung der Korrespondenz führte. 1960 versöhnten sich die beiden, allerdings, meint Gajek, wären die Briefe seither auch konventioneller geworden. Der Kommentar, der überwiegend auf Archivmaterial beruhe, leiste Wesentliches, lobt der Rezensent, diese dreißig Jahre währende Epoche im Leben der beiden Schriftsteller zu erhellen.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 30.03.2004

Leider erhält der Leser von Sebastian Kleinschmidt keine detaillierten Angaben darüber, wer Gerhard Nebel war: Briefpartner von Ernst Jünger, soviel ist klar, ein Altphilologe und Philosoph, der für Kleinschmidt der ideale Jünger-Leser und ein Bewunderer von dessen "metaphysischer Phantasie, Natur- und Götterverehrung" war. Nebel, der Jünger in seiner marxistischen Phase zunächst abgelehnt hatte, konvertierte zu einem glühenden Verehrer, dessen Verehrung allerdings "nichts Subalternes" hatte, wie Kleinschmidt schreibt, und der sich über einige Schriften Jüngers durchaus kritisch geäußert hat. Nebel verfasste mehrere Aufsätze über Jünger, einer davon gab laut Kleinschmidt den Anlass für die insgesamt drei Jahrzehnte währende Korrespondenz zwischen den beiden Männern, die in den 50er Jahren aus nicht näher bekannten Gründen unterbrochen war. Im Vergleich mit anderen Jünger-Briefwechseln kommt Kleinschmidt zu dem Schluss, dass der mit Nebel der gehaltvollste war. Jünger schätzte Nebel, merkt der Rezensent an, nicht weil er ihn so bewunderte, sondern weil er selbst ein kluger Kopf war. Die beiden Herausgeber hätten im übrigen Brief für Brief einen (450 Seiten langen!) Kommentar erstellt, der Einblick in die persönlichen, literarischen und zeitgeschichtlichen Zusammenhänge gewährt.
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Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 27.11.2003

Wenig kann Rezensent Rolf Vollmann mit diesem Briefwechsel anfangen, und eingestreute Impressionen von Vollmanns Lektüreerlebnisse ("immer diese verquälten und leidigen Briefe") klingen nacht echter Tortur. So richtig weiß er nicht, wen all dies hier noch etwas angehen soll, außer "ein paar Letzte", doch die "sollen das unter sich ausmachen", findet der geplagte Rezensent. Von dem mit gravitischer Gründlichkeit ausgearbeiteten Kommentar fühlt er sich auch nicht angesprochen. Und selbst noch Nachwort und Literaturverzeichnis lösen akute Fluchtreflexe bei Vollmann aus.