Philipp Felsch

Wie Nietzsche aus der Kälte kam

Geschichte einer Rettung
Cover: Wie Nietzsche aus der Kälte kam
C.H. Beck Verlag, München 2022
ISBN 9783406777011
Gebunden, 288 Seiten, 26,00 EUR

Klappentext

Mit Abbildungen. Nach 1945 liegt Nietzsches Ruf genauso in Trümmern wie der europäische Kontinent. Ausgerechnet Giorgio Colli und Mazzino Montinari, zwei italienische Antifaschisten, entschließen sich, den Philosophen des Übermenschen und der "blonden Bestie" zu rehabilitieren. In seinem Buch zeichnet Philipp Felsch ein intellektuelles Abenteuer nach, das von Florenz über Ost-Berlin bis ins Paris der Postmoderne führt. Das Ziel der beiden Italiener: Nietzsches hinterlassene Schriften vollständig neu zu entziffern, um es von allen postumen Verfälschungen zu befreien. Das Problem: Zehntausende kaum lesbarer Seiten, die sich hinter dem Eisernen Vorhang in der DDR befinden, wo Nietzsche offiziell als Staatsfeind gilt. 1961 siedelt Montinari von der Toskana in den real existierenden Sozialismus über, um unter den Augen der Stasi den "echten" Nietzsche zu decodieren. Schon bald aber müssen Colli und er feststellen, dass die französischen Philosophen, die sich ihrer Edition bedienen, die Idee des authentischen Textes, ja der Wahrheit selbst in Frage stellen. Es ist der Beginn der Postmoderne. Philipp Felsch erzählt eine rasante Geschichte zwischen den Fronten des Kalten Krieges, die im Spiegel der ideologischen Auseinandersetzungen des 20. Jahrhunderts die ganze Faszination und Ambivalenz von Nietzsches Denken greifbar macht.

Rezensionsnotiz zu Frankfurter Rundschau, 25.10.2022

Rezensent Wilhelm von Sternburg erkennt mit Philipp Felsch und dessen Geschichte einer Rettung, dass Nietzsche ein Moderner war. So informativ wie spannend findet er, wie der Kulturhistoriker Felsch die Rehabilitierung Nietzsches durch Colli/Montinari nachzeichnet, von der philologischen Großtat der Entzifferung der Handschriften bis zu Mutmaßungen über ideologische Vereinnahmungen des Philosophen im Kalten Krieg. Die Begeisterung der beiden italienischen Wissenschaftler scheint sich durch Felschs Rekonstruktion auf den Rezensenten zu übertragen.

Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 28.03.2022

Rezensent Arno Orzessek empfiehlt dringend Philipp Felschs Geschichte der Nietzsche-Rezeption und -Edition. Laut Orzessek Pflichtlektüre für alle Freunde des geistigen Daseins! Wie fesselnd der Autor den Kampf um die Nietzsche-Deutungshoheit zwischen Frankreich (Deleuze, Foucault) und Italien (Colli, Montinari) schildert und Montinaris Versenkung in das Weimarer Nietzsche-Archiv, verschlägt dem Rezensenten den Atem. Editionsgeschichte war noch nie so klug, lehrreich und vor allem spannend, versichert er.

Rezensionsnotiz zu Süddeutsche Zeitung, 15.03.2022

Ausführlich erzählt Rezensent Lothar Müller die Geschichte der ersten kritischen Ausgabe von Nietzsches Nachlass nach, wie sie der Kulturwissenschaftler Phillipp Felsch in seinem neuen Band beschreibt. Im Fokus stehen die Italiener Giorgio Colli und Mazzino Montinari, die nach dem II. Weltkrieg eine kritische Nietzsche-Ausgabe verfassen wollten und dabei mit zahlreichen Hürden zu kämpfen hatten, erklärt der Rezensent. Dabei gehe Felsch ganz nah an die beiden ran, rekonstruiere ihren Bildungsweg und die sozialen Milieus und schreibe so ein "Gruppenporträt der  intellektuellen Zirkel" im Nachkriegsitalien. Die Kapitelüberschriften, die einen Thrillerplot heraufbeschwören, sieht der Rezensent dabei lediglich als Tarnung dieses aufwändig recherchierten Werkes, dem er "beträchtliche Gelehrsamkeit" bescheinigt.
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Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.2022

Rezensent Thomas Karlauf liest Philipp Felschs Geschichte der Nietzsche-Renaissance wie einen Krimi. Die konzertante, keineswegs konfliktfreie Wiederentdeckung des deutschen Philsosophen durch Foucault und Deleuze einerseits, das italienische Herausgeberteam Girorgio Colli und Mazzino Montinari andererseits schildert der Autor laut Karlauf "klug, souverän, anschaulich" und in großer Dichte auf anregende Weise. Die erotisch konnotierte Lehrer-Schüler-Beziehung zwischen den Italienern steht im Zentrum des Buches, meint Karlauf.
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Rezensionsnotiz zu Die Welt, 12.03.2022

Philipp Felsch widmet sich in "Wie Nietzsche aus der Kälte kam" der "Jagd auf den 'echten' Nietzsche". Und er weiß sie grandios zu schildern, freut sich Rezensent Mladen Gladic. Dabei interessiert den Kulturwissenschaftler weniger die Vorgeschichte - Nietzsches Zusammenbruch in Turin, der frühe Tod und natürlich: das Ringen um seinen Nachlass, als vielmehr der Umgang jüngerer Generationen mit jener erschütternden Erkenntnis, dass die "gesicherte Textgrundlage", mit der man jahrelang zu arbeiten geglaubt hatte, eben keine wahr, sondern vielmehr eine Collage aus Zitaten und Ergänzungen, zusammengestellt von Nietzsches Schwester Elisabeth. Es sind diese jüngeren Generationen und ihre Uneinigkeit untereinander, von der Felsch erzählt, und das, so Gladic, auf äußerst lesenswerte Weise.