Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
07.09.2006. Warum Bücher für den mächtigsten Mann des deutschen Buchhandels zu teuer sind. An welcher  Edeleinkaufsmeile demnächst eine Weltbuchhandlung entstehen soll. Weshalb Peter Sloterdijk unathletische Computernutzer verabscheut. Und was der mächtigste deutsche Kunstbuchhändler sonntags treibt.

buchreport.express

Dass alte Themen in der Buchbranche immer wieder neue Diskussionen oder, wie der buchreport titelschlagzeilt, eine "Kontroverse" auslösen können, ist ein Phänomen für sich. Diesmal hat der "mächtigste Mann des deutschen Buchhandels", "DBH-Mastermind" (buchreport) und Weltbild-Chef Carel Halff, in einem Interview mit der Wirtschaftswoche die wenig kühne und bereits von Halff mehrfach vorgetragene These formuliert, dass Bücher in Deutschland zu teuer sind. Die Verleger, so Halff, hätten kein Gespür mehr für die Wirklichkeit und den Kunden. Das Gros der von buchreport ins Verhör genommenen Buchhändler und Verleger stimmt Halff nicht zu - einige unterstellen ihm sogar eine "PR-Taktik", mit der er Weltbild als Preisbrecher darstellen wolle. Nach Einschätzung von dtv-Chef Wolfgang Balk sind 80 Prozent der Bücher unterkalkuliert, 17 Prozent entwickelten sich gut und nur 3 Prozent seien Bestseller.

Mit Fanfarenklängen bejubelt auch buchreport den annoncierten Einzug der Mayerschen in die NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf, nachdem schon die Lokalpresse frohlockt hatte. An einem Standort, "wie er besser nicht sein kann" (buchreport), nämlich an der , eröffnet der Filialist 2008 eine 4500-Quadratmeter-Buchhandlung, bei einer Miete von 185 Euro pro Quadratmeter. Der Neubau, bilanziert buchreport, habe alle Chancen, "eine Weltbuchhandlung entstehen zu lassen." Das Düsseldorfer Engagement sei der bisher größte Wachstumsschub in der Geschichte der Mayerschen.

"Wer braucht eigentlich Buchmessen?", ist das Interview mit Richard Charkin (hier sein lesenwerter Blog) überschrieben. Im digitalen Zeitalter stelle sich "zunehmend die Grundsatzfrage, ob wir eigentlich ... die 30 oder noch mehr Buchmessen brauchen, die jedes Jahr in der ganzen Welt stattfinden." Die "großen Bücher" würden schon lange nicht mehr auf einer Messe verkauft.

In der deutschen Buchbranche ist der Direktverkauf von Verlagen noch weitestgehend ein Tabuthema, in den USA haben Verlage wie Penguin, Random House und Simon & Schuster längst mit dem Tabu gebrochen. Besonders Penguin forciert nach buchreport-Beobachtungen derzeit das Direktgeschäft. Vier Tage lang seien New Yorker Passanten mit Flyern bemustert worden. Rabatte von 25 Prozent auf alle Onlineeinkäufe sollen den Absatz ankurbeln. Außerdem werbe der Verlag auf der Homepage "erstmals in aller Öffentlichkeit" für den Direktverkauf.

Weitere Artikel: Der Buchhandel hat bei den August-Umsätzen 5,6 Prozent über dem Vorjahresmonat abgeschlossen. Der Zenodot-Verlag stellt die Taschenbuchreihe Wikipress ein. MairDumont präsentiert sich erstmalig auf der IFA in Berlin, um die digitalen Reiseführer "Passport to..." vorzustellen. Verlage bereiten sich mit Bücher-Schnellschüssen auf den Papstbesuch in Bayern vor (hier der Artikel). Und hier die Bestsellerliste.

Börsenblatt

Nüchterner als der leicht erhitzte buchreport berichtet das Börsenblatt über die Ankündigung der Mayerschen, 2008 eine "Weltstadtbuchhandlung" (4500 Quadratmeter, 150000 Bücher), auf der Düsseldorfer Kö zu eröffnen. Zwei jahre lang hätten jetzt die Buchhändler vor Ort Zeit, "ihre Schwächen auszumerzen und sich auf ihre Stärken zu besinnen." Anders als die Dortmunder erinnern die Frankfurter auch an die Schließung der Kö-Traditionsbuchhandlung Schrobsdorff'sche im Mai 2004 - das Publikum auf der Einkaufsmeile komme vor allem, um edel zu shoppen, erklärte ein Ganske-Sprecher damals dem Börsenblatt. Im Interview mit Mayersche-Chef Hartmut Falter fragt Chefredakteur Torsten Casimir ketzerisch, ob mit dem Düsseldorfer Engagement die Unabhängigkeit oder die Position in den Beitrittsverhandlungen mit Thalia oder der DBH (u.a. Hugendubel, Weltbild) gestärkt werden solle - worauf Falter ausweichend antwortet.

Sieht so das neue Börsenblatt unter dem Chefredakteur Torsten Casimir aus? In einem vierseitigen Interview raisoniert Peter Sloterdijk über den Wandel der Lektüre im Internetzeitalter - vielleicht ein Vorzeigestück für das Zeit- oder Rheinische Post-Feuilleton (das Casimir vor seinem Wechsel zum Börsenblatt leitete) oder die Zeitschrift für Philosophie, vermutlich aber ein Stolperstein für den Stammleser des Börsenblatts. Der städtische Mensch habe erst den Bauern verdrängt, jetzt verdränge der Finder und Plünderer im monitoralen Raum den städtischen Leser, lautet wohl die Kernbotschaft des Denkers. Durch den Computer breche der "Untrainierte" in die Kultur ein, zeigt sich Sloterdijk elitär und technikfeindlich. Statt sein Leben mit dem "Flutlicht der Wahrheit"auszuleuchten, "verlassen wir uns lieber auf die vielen Kontroll-Lämpchen der alltäglichen Klugheit." Die "entsetzlich billig gewordene Speicherkapazität" führe zu einer "ungeheuren Inflation" und zur "Aufbewahrung des nicht Aufbewahrungswerten."

Als sympathisch und erfolgreich gilt die Wuppertaler Verlegerin Monika Bilstein, die vom Börsenblatt porträtiert wird. Erfolgskriterien des Peter Hammer Verlags, der sich auf lateinamerikanische sowie afrikanische Literatur und Kinderbücher spezialisiert hat: Ein kleines, flexibles Team, eine große Programm-Bandbreite, der direkte Kontakt der Verlegerin zu Buchhändlern sowie die hohe Qualität der Ausstattung von Hammer-Büchern.

Für das "Menschen"-Ressort hat Kathrin Grün ein hübsches Porträt des Kunstbuchhändlers Walther König geschrieben, der 24 Buchhandlungen (darunter 19 Museumsbuchläden) in 11 Städten unterhält. Noch immer ist König morgens der Erste im Laden, noch immer kontrolliert der Kölner täglich den Wareneingang - und scheut selbst an Sonntagen nicht vor einem Besuch der eigenen Buchhandlung zurück. Den "Fragebogen" hat diesmal Friedrich Ani ausgefüllt, der die "Vermarktung des Käses mit Löchern" als größte unternehmerische leistung bewundert.

Weitere Artikel: Lübbe stellt die Hardcover-Auslieferung im kommenden Frühjahr auf eine monatliche Erscheinungsweise um. Knapp 100 unabhängige britische Buchhandlungen haben sich zu einer Einkaufsgemeinschaft zusammengeschlossen. Die Wikipedia-Taschenbuchreihe von Zenodot ist gescheitert.
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