Magazinrundschau
Diese glühbirnenköpfige Kreatur
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
06.12.2011. Wired porträtiert den neuen Steve Jobs: Jeff Bezos. Telerama empfiehlt eine neue Lektüre von Frantz Fanon. Die Columbia Journalism Review verteidigt den institutionellen Journalismus. In MicroMega geißelt Roberto Saviano die Omerta in Norditalien. Für Salon.eu.sk blickt Viktor Jerofejew in den Kreml-Himmel. In der NYRB setzt Daniel Kahnemann ganz klar auf System Zwei. Im Guardian erzählt der Kinderbuchautor Shaun Tan, was Australier mit Finnen gemeinsam haben. Und in Guernica erklärt Occupy-Erfinder Kalle Lassn, warum er heute eher die Zionisten als die Juden der Kriegstreiberei bezichtigen würde.
Wired (USA), 31.12.2011
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Das "Art Genome"-Projekt Art.sy könnte den Kunstmarkt gehörig aufrollen, findet Shahan Mufti. Und zwar soll der Service anhand der Ermittlung der ästhetischen "DNA" eines Bildes ähnliche und vergleichbar gefällige Bilder zusammenstellen: "Innerhalb der hermetischen Beschränkungen des globalen Kunstmarkts, der noch immer so verfährt wie im 19. Jahrhundert, hat Carter Clevelands Technologie das Potential, vergleichbare Transformationsprozesse einzuleiten wie seinerzeit das Telefon. Derzeit sind Galerien und Auktionshäuser noch immer die einzigen Orte, wo die Spitzentitel oder selbst noch die mittleren Titel (also alles, was sich im fünfstelligen Bereich oder darüber verkauft) der schönen Künste Interessenten zum Kauf angeboten werden. Sollte Art.sy erfolgreich sein, könnte dies einen der letzten Bereiche des Kulturlebens umstülpen, die von der digitalen Revolution bislang weitgehend unberührt blieben - und damit nicht nur die Art verändern, wie Kunst verkauft wird, sondern auch welche und an wen."
Weiteres: Benjamin Wallace schildert den Auftstieg der E-Währung Bitcoin aus dem Geiste der Kryptografie, sowie deren hype-bedingten Niedergang (hier im übrigen eine sehr interessante Radiosendung zum Thema "elektronische Währung" aus dem CRE-Podcast). Spannend zu lesen ist Mike Kesslers Feature über IT-Wunderkind Christopher Soghoian (Website), der es sich zur Aufgabe gemacht, Sicherheitslücken im Netz und bei Telekommunikationsunternehmen ausfindig zu machen. Brian Raftery porträtiert Regisseur David Fincher, den er auf dem Set der US-Neuverfilmung von Stieg Larssons "Verblendung" besucht hat. Steven Levy erinnert sich an seine zahlreichen Interviews und Begegnungen mit Steve Jobs (dazu gibt es zahlreiche Würdigungen in Notizform aus unterschiedlichen Businessbereichen).
Telerama (Frankreich), 06.12.2011
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Columbia Journalism Review (USA), 02.12.2011
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In seinem Blog hält Clay Shirky dagegen: "Die neue Zeit wird Institutionen haben wie die alte, aber das bedeutet nicht Kontinuität. Wie haben immer noch Firmen wie Western Union oder ATT, aber da sich die Kommunikationslandschaft verändert hat, sind diese Institutionen heute kaum mehr wiederzuerkennen. So werden auch Zeitungen überleben, aber ihre interne Organisation und ihre Position im Ökosystem werden sich in einer Weise verändert haben, die heute nicht vorauszusehen ist."
MicroMega (Italien), 01.12.2011
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In der gleichen Nummer disktuieren Paolo Flores d'Arcais und Marco Travaglio über Sterbehilfe. Und Giona A. Nazzaro schreibt den Nachruf auf den großen Dokumentarfilmer Vittorio De Seta. Hier sein sechsminütiger Film "Articolo 23" über die neuen Bewohner eines verlassenen Dorfs in Süditalien - ein kleines Lehrstück über Globalisierung:
Salon.eu.sk (Slowakei), 01.12.2011
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New York Review of Books (USA), 22.12.2011
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Yasmine El Rashidi erzählt in einem Blogbeitrag von dem Schrecken, der Ägyptens Revolutionären in die Glieder gefahren ist, als sie die Ergebnisse der ersten Wahlrunde erfuhren: Mit Ausnahme von Kairos wohlhabendem Vorort Heliopolis haben die Muslimbrüder und Salafisten in allen Teilen des Landes die Mehrheit gewonnen: "Einige Freunde haben sich bereits entschieden, das Land zu verlassen. Andere sind entschlossener denn je, für ein kosmopolitisches Ägypten zu kämpfen. Gruppen von Freunden und Bekannten produzieren eifrig Flyer, Facebook-Seiten und Rundmails, um der islamistischen Kampagne etwas entgegenzusetzen. Noch ist ein Monat Zeit."
Besprochen werden außerdem Condoleezza Rices Erinnerungen "No Higher Honor", die Joseph Lelyveld recht hölzern findet, und Robert Hughes Hymne auf Rom. Auf Jay Epsteins Recherche zum Fall DSK haben wir bereits in den Feuilletons hingewiesen. Die Printausgabe druckt einen (englischen) Auszug aus dem bewegenden Briefwechsel zwischen Joseph Roth und Stefan Zweig "Jede Freundschaft mit mir ist verderblich".
Volltext (Österreich), 05.12.2011
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Guardian (UK), 02.12.2011
Shaun Tan, hochgelobter - auch bei uns - australischer Kinderbuchautor und -illustrator (Homepage), erzählt im Gespräch mit Neil Gaiman, wie er arbeitet, was Australier mit Finnen gemeinsam haben und wie er sich langsam daran gewöhnt hat, dass Fans sich seine Zeichnungen tätowieren lassen: "Als ich kürzlich in Deutschland war, kam ein Typ zu mir, mit rasiertem Bein und einem Stift und sagte: 'Zeichnen Sie etwas.' Ich dachte: 'Oh Mann, dieser Typ wird den Rest seines Lebens damit leben müssen', also hielt ich sein Bein sehr fest, um sicher zu gehen, dass ich sorgfältig arbeiten konnte, und zeichnete diese glühbirnenköpfige Kreatur."
Weitere Artikel: John Banville singt ein Liebeslied an Harold Bloom ("für ihn gibt es keine Halbwahrheiten"). Kathryn Hughes erzählt, wie britische Buchverlage dem eBook die Stirn bieten: mit besonders schön gestalteten gedruckten Büchern. Nicholas Wroe berichtet über das Bejing Musikfestival und seinen Mahler-Schwerpunkt.
Weitere Artikel: John Banville singt ein Liebeslied an Harold Bloom ("für ihn gibt es keine Halbwahrheiten"). Kathryn Hughes erzählt, wie britische Buchverlage dem eBook die Stirn bieten: mit besonders schön gestalteten gedruckten Büchern. Nicholas Wroe berichtet über das Bejing Musikfestival und seinen Mahler-Schwerpunkt.
Elet es Irodalom (Ungarn), 02.12.2011
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Salon.com (USA), 04.12.2011
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Fahrradfahren ist in amerikanischen Großstädten der letzte Schrei. Doch haben Radfahrer eine sehr schlechte Presse: Sie gelten als rücksichtslos, elitär, unerträglich besserwisserisch und als Vorreiter der Gentrifizierung, berichtet Will Doig, obwohl der Anteil der Radfahrer in den verschiedenen Einkommensklassen sehr ähnlich ist. "Dass wir es anders sehen, liegt zum Teil daran, dass die Radwege vor allem in schicken Wohngegenden liegen. Sieht man sich eine Karte mit den Radwegen und Fahrrad-Ausleihstationen an, dann hat man einen perfekten Führer für die 'guten' Gegenden. In vielen Städten, schreibt Dave Feucht, Redakteur des Fahrradblogs Portlandize, 'werden Radfahrer als elitär angesehen, weil sie das Geld haben, in einem Teil der Stadt zu leben, in dem man Radfahren kann'."
Weitere Artikel: Über den Wahlsieg der Muslimbrüder in Ägypten macht sich der Zahnarzt und Schriftsteller Alaa Al Aswani im Interview keine großen Sorgen, die Salafisten beunruhigen ihn dagegen sehr, weil sie von saudischem Geld unterstützt werden. Nancy Scola berichtet, wie Twitter versucht, Überwachungstechnologien auszutricksen.
Global Post (USA), 01.12.2011
Jonathan Calan berichtet in einer Reportage über ein ugandisches Paar, das wegen der wachsenden Schwulenfeindlichkeit von Uganda nach Kenia geflüchtet ist und dort jetzt in einem Flüchtlingscamp sitzt - mitten unter "Flüchtlingen aus extrem schwulenfeindlichen Gesellschaften wie Sudan, Somalia und Äthiopien. [...] Die Schwulenfeindlichkeit ist groß auf dem afrikanischen Kontinent und in den meisten afrikanischen Gesellschaften gilt Homosexualität als unmoralisch, 'unafrikanisch', 'unchristlich' und als Gefahr für das gesellschaftliche Gewebe. Andere behaupten, Homosexualität sei ein Import aus dem Westen. Von 54 afrikanischen Staaten haben 38 Gesetze, die Homosexualität in unterschiedlichem Ausmaß kriminalisieren - Uganda war in den letzten Jahren besonders aggressiv."
Magyar Narancs (Ungarn), 24.11.2011
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Times Literary Supplement (UK), 06.12.2011
Großes Lob von Iain Bamforth für Günter Blambergers Kleistbiografie, die "sicher eine Generation lang die definitive Lebensbeschreibung bleiben wird": "Blambergers Biografie vermittelt sehr überzeugend einen Eindruck davon, wie Kleist immer mehr die Verbindung verliert - auch zu seiner Epoche. Da Kleist sehr wenig hinterlassen hat (selbst seine Handlungen in der Hälfte von 1809 sind unklar) ist der Biograf paradoxerweise auf die innere Welt Kleists zurückgeworfen, obwohl Blamberger den Leser warnt, dass Kleist selbst (wie Kafka) nicht im mindestens an Psychologie interessiert war. Er las Leute wie ein Verhaltensforscher."
Außerdem: Toby Lichtig denkt über den Essayfilm nach.
Außerdem: Toby Lichtig denkt über den Essayfilm nach.
Guernica (USA), 01.12.2011
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