Magazinrundschau
Sie treiben dich in den Wahnsinn
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
04.07.2023. Die Ukrainer erkennen ihre Macht, die Russen ihre Ohnmacht, beobachtet die Historikerin Marci Shore in Aktualne. In Eurozine definiert die Philosophin Olga Shparaga das belarussischen Selbstverständnis aus der Solidarität mit den Gefangenen. Desk Russie erzählt Aufstieg und Fall von Putins Medienmann Michail Lessin. Die NYRB erklärt die neue Bedeutung der Tropenstürme für die karibische Kunst und Geschichte. Im New Yorker versucht Zadie Smith, Charles Dickens zu töten. Der Guardian empfiehlt gegen die Gentrifizierung der Metropolen das Deutschlandticket. Und The Verge sieht ein neues Web in den Geburtswehen.
Aktualne | The Verge | Eurozine | Desk Russie | New York Review of Books | New Yorker | Africa is a Country | HVG | Merkur | Guardian
Aktualne (Tschechien), 28.06.2023
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Eurozine (Österreich), 27.06.2023
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Desk Russie (Frankreich), 25.06.2023
Cécile Vaissié erzählt in einer Serie über Menschen, die "den Putinismus aufbauten", die abstoßende und faszinierende Geschichte des Michail Lessin, der mal Putins wichtigster Medienmann war, bevor er mit 57 Jahren in einem Washingtoner Hotel - dem Vernehmen nach - so brutal zusammengeschlagen wurde, dass er daran starb. Lessin ist der Erfinder von Russia Today und einer der Medienpioniere Putins: "Lessin soll bereits 1999/2000 die Verbreitung von Putin-Fotos mit nacktem Oberkörper in der russischen Presse gefördert haben, aber ohne sie an die westliche Presse weiterzugeben: 'Putins Sport- und Bizeps-Bilder sind für das Volk und die Dritte Welt bestimmt.' Wieder einmal erfährt man in diesem Artikel, wie früh Putin sein Regime durch Medienzensur und -zentralisierung festigte, und wie früh der Westen hätte reagieren sollen. "Eine ideologische 'Säuberung' beginnt unmittelbar nach Putins Amtsantritt und zielt laut der Journalistin Elena Tregubowa insbesondere auf im Kreml akkreditierte Journalisten ab: Diese werden von 'Putins neuem PR-Team' gesiebt und auch mal aussortiert. Dann beaufsichtigt Lessin die Übernahme des Senders NTW und von Media-Most … Schon damals wird Lessin in seinem engsten Umkreis als 'der Mann mit dem gutmütigen Gesicht eines Kindermörders' bezeichnet." Fortan lernen die russischen Journalisten, über Putin zu reden "wie über einen Toten, entweder gut oder gar nicht." Lessin fällt später in Ungnade und verprasst die von ihm gescheffelten Hunderte von Millionen Dollar in Amerika, wo sein Sohn Anton Filme mit Brad Pitt und Arnold Schwarzenegger produziert. Nach Lessins Tod verkauft sein Sohn eine seiner Hollywood-Villen für 28 Millionen Dollar.
Frühere Teile der Artikelserie widmeten sich dem Fernsehmann Alfred Koch (hier) und dem Politikwissenschaftler Gleb Pawlowski (hier und hier).
Frühere Teile der Artikelserie widmeten sich dem Fernsehmann Alfred Koch (hier) und dem Politikwissenschaftler Gleb Pawlowski (hier und hier).
New York Review of Books (USA), 20.07.2023
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Warum sind die Strände, mit denen uns die Karibik verheißen wird, eigentlich immer leer? Und warum wiegen sich dort sanft die Kokospalmen im Wind, obwohl diese Bäume in der Karibik überhaupt nicht heimisch sind? Carolina Miranda hatte in diesem Frühjahr gleich in drei Ausstellungen in New York, Chicago und San Juan Gelegenheit, Klischees der Karibik zu hinterfragen. Alle drei zeigen der betroffenen Kritikerin aber auch, dass in der karibischen Wahrnehmung die Tropenstürme inzwischen an die dritte Stelle der historischen Verheerungen gerückt sind, nach Sklaverei und Kolonialismus. Der Hurrikan Maria verwüstete 2017 Puerto Rico und kostete dreitausend Menschen das Leben. Er deckte aber auch auf, in welch miserablem Zustand die Insel bereits war, wie sie leider erst zum Ende der drei Schauen schreibt: "Die Verwendung des Hurrikans Maria als Grundlage für die Ausstellung 'No existe un mundo poshuracán' im Whitney Museum birgt das Risiko, das Ruinöse gegenüber dem Möglichen überzubetonen. Einige, die an der Ausstellung beteiligt sind, bewerten die dann auch ambivalent. 'Viele meiner puertoricanischen Künstlerfreunde auf dem Archipel und in der Diaspora stört es, dass uns ausgerechnet der Katastrophenkapitalismus in kulturellen Institutionen wieder sichtbar macht, einschließlich dem Whitney', schreibt die Essayistin Carina del Valle Schorske im Katalog. 'Wie die Katastrophe uns auch ein wenig berühmt gemacht, wie sie uns um ein bisschen Veränderung gebracht hat'. Der Titel der Ausstellung nach einem Gedicht der puertoricanischen Schriftstellerin Raquel Salas Rivera scheint dieses Unbehagen anzuerkennen ... Die Ausstellung, die eine ganze Etage des Whitney-Gebäudes einnahm, brachte - wie Salas Riveras Gedicht - Ausdrucksformen von Trauer, Wut und Widerstand auf genau die Insel (Manhattan), auf der die ruinösen Schulden Puerto Ricos entstanden sind. Die Besucher wurden von einem zerbrochenen hölzernen Laternenpfahl begrüßt, den die Künstlerin Gabriella Torres-Ferrer aus den Trümmern von Maria geborgen hatte. Der Mast trug noch ein Plakat für eines der halbjährlichen Referenden über den politischen Status der Insel, Inszenierungen der Demokratie, die in keiner Weise verbindlich sind. Darauf steht: 'Valora tu Ciudadanía Americana' (Wertschätzen Sie Ihre amerikanische Staatsbürgerschaft), ein Plädoyer für die Staatsbürgerschaft gegenüber der Unabhängigkeit. Das Jahr des Hurrikans markierte ironischerweise auch den hundertsten Jahrestag des Jones-Shafroth-Gesetzes, das den Puertoricanern die amerikanische Staatsbürgerschaft verlieh - wenn auch nicht das Recht, an Bundeswahlen teilzunehmen. Auf Englisch trägt Torres-Ferrers Beitrag den Untertitel 'Value Your American Lie'."
New Yorker (USA), 10.07.2023
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Africa is a Country (USA), 03.07.2023
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HVG (Ungarn), 04.07.2023
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Merkur (Deutschland), 01.07.2023
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Guardian (UK), 29.06.2023
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The Verge (USA), 26.06.2023
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