Magazinrundschau - Archiv

The Verge

16 Presseschau-Absätze - Seite 1 von 2

Magazinrundschau vom 16.01.2024 - The Verge

Wer im Netz stattfinden (und also auch: im Netz Geld verdienen) will, muss von Google gefunden und vor allem auf prominenten Plätzen bei Suchanfragen ausgespielt werden. Auch deshalb ist SEO - Suchmaschinenoptimierung, um für Google möglichst attraktiv zu werden - seit vielen Jahren ein Berufszweig für sich. Blöd nur, dass Google seine Rankingmethoden immer wieder umschmeißt - trotz allen Beteuerungen des Konzerns, man solle Informationen im Netz für Menschen und nicht für Suchmaschinenalgorithmen schreiben, um gut gelistet zu werden, führt dies in regelmäßigen Abständen zu neuen Moden im Netz, schreibt Richard Parry. Aufwändige Websitengestaltungen etwa fielen einem Algorithmus-Update zum Opfer, das vor allem einen schlanken Fuß zwecks Usability bevorzugt. Die Art und Weise, wie Wissen im Netz aufbereitet und präsentiert wird, wird dadurch zumindest indirekt von Google vorgegeben. "Im Dezember 2022 aktualisierte Google seine Metriken zur Qualitätsbemessung des Inhalts, den es bei Suchanfragen ausspielt. Zuvor hielt die Firma nach Expertise, Autorität und Vertrauenswürdigkeit Ausschau - nun aber sagt sie, dass sie Erfahrung als Wert ihrem Ratingsystem hinzugefügt hat. ... Erfahrung unter Beweis zu stellen, soll dem Publikum nach Google-Standards aufweisen, dass die Person, die den Inhalt produziert hat, in irgendeiner Hinsicht eine Teilhabe am besprochenen Themenkomplex aufweist. ... Versuche, 'Erfahrung' zu beweisen, stechen rasch ins Auge: Auf CNET weisen Autorenprofile Unterpunkte auf, die ganz buchstäblich mit 'Expertise' und 'Credentials' überschrieben sind. Zuvor begann die New York Times damit, einigen Geschichten erweiterte Autorenzeilen beizufügen. Eine vor kurzem veröffentlichte Recherche über Kanye Wests Geschäfte mit Adidas wird so eingeordnet: 'Für diesen Artikel reiste Megan Twohey nach Portland und Los Angeles, interviewte aktuelle und frühere Angestellte von Adidas und Kanye West und gelangte an Hunderte bislang unveröffentlichter interner Dokumente.' Die Times erzählten Nieman Lab zwar, dass diese Veränderung nicht von Googles Update motiviert war, aber es ist einfach genau dieses Signal von Vertrauenswürdigkeit, das Google mag. Das Problem dabei ist natürlich, dass sich jeder ein Autorenprofil aufsetzen kann, in dem er Jahre von Fachkenntnis verspricht - aber zu schreiben, dass man ein Experte ist, macht es noch nicht wahr. Im November wurde Sports Illustrated dabei ertappt, dass sie Artikel veröffentlichten, die von KI-generierten Autoren stammen, komplett mit spezifischer biografischer Information und was sie so in ihrer Freizeit gerne tun."

Magazinrundschau vom 04.07.2023 - The Verge

Generative KI wird das World Wide Web, wie wir es kennen, fundamental verändern, ist sich James Vincent in seinem schon alleine wegen der viel weiterführenden Links zu sehr lesenswerten Artikel zur Lage des Netzes sicher. Schon jetzt kämpfen datensatte Angebote wie Wikipedia, Reddit oder Stack Overflow mit dem Ansturm von KIs, die Informationen abgreifen, verarbeiten und ohne Quellentransparenz vermitteln möchten. Nachdem Microsoft für seine darbende Suchmaschine Bing den KI-Damm mittlerweile gebrochen hat, ist nun auch Google im Suchzwang und arbeitet händeringend an einem Angebot. Sollte sich der Quasi-Monopolist in Sachen Suchmaschine tatsächlich dazu durchringen, sich von seinen "blauen Links" zu verabschieden, käme dies im Web dem kataklysmischen Ausbruch eines Supervulkans gleich: "Die Google-Suche liegt der Ökonomie des modernen Webs zugrunde, sie verhilft einem Großteil des Internet zu Aufmerksamkeit und Umsätzen ... Avram Piltch, Chefredakteur der Tech-Site Tom's Hardware, hat über die Beta-Version von Googles KI-Suche geschrieben und dabei einige Probleme beleuchtet. Piltch sagt, dass Googles neues System im wesentlichen eine 'Plagiat-Maschine' ist. Seine KI-generierten Zusammenfassungen kopieren Text Wort für Wort von Websites, setzen diese Inhalte aber über die Quelllinks und trocken so deren Traffic aus. ... Sollte sich dieses neue Suchmodell durchsetzen, könnte daran das gesamte Netz Schaden nehmen, so Piltch. Auf Umsatz angewiesene Seiten würden aus dem Geschäft gedrängt und Google selbst würde seine Quellen trockenlegen, um menschlich geschaffenen Inhalt zu verpacken. ... Möglicherweise würde dies ganze Landstriche im Netz beschädigen, die die meisten von uns sehr nützlich finden: Produktbesprechungen, Rezeptblos, Hobby-Homepages, Nachrichtenhäuser und Wikis. Die Seiten könnten sich zwar schützen, indem sie den Zugang beschränken und Geld für den Zugriff verlangen, doch würde auch dies die Ökonomie des Netzes im großen Stil umstrukturieren. Letzten Endes könnte Google jenes Öko-System zerstören, das seinen Wert geschaffen hat, oder so unumkehrbar verändern, dass seine eigene Existenz damit gefährdet wäre. ... Im wesentlichen ist dies ein Kampf um Information - darum, wer sie schafft, wie man auf sie zugreift und wer bezahlt wird. Aber nur weil dieser Kampf vertraut klingt, heißt dies noch nicht, dass er nicht weiter von Belang ist, und auch ist nicht garantiert, dass das System, das am Ende entsteht, ein besseres sein wird als das jetzige. Das neue Web befindet sich mitten in den Geburtswehen und die Entscheidungen, die wir jetzt treffen, werden seine künftige Form bestimmen."

Magazinrundschau vom 31.01.2023 - The Verge

Alle großen Tech-Firmen in den USA werfen gerade in rauen Mengen Leute raus - obwohl sie in den letzten beiden Jahren pandemiebedingt erhebliche Profitsteigerungen zu verzeichnen hatten. Elizabeth Lopatto sucht Antworten für dieses paradoxe Manöver:  "Die Investoren bewerten Firmen heute anders, erklärt Michael Cusumano, der stellvertretende Dekan an der MIT Sloan School of Management. Grundsätzlich ist es so: Wenn Firmen sehr schnell wachsen - etwa 20 bis 30 Prozent mehr Umsatz pro Jahr -, dann schaut niemand auf den Gewinn. Aber wir befinden uns in keiner Wachstumsphase mehr, also verhalten sich die Investoren vorsichtiger. Tech-Firmen haben 'insgesamt zig Milliarden, oft Hunderte Milliarden Dollar als Reserven', sagt Cusumano. 'Aber sie nutzen diese nicht, um das laufende Geschäft zu stützen.' Wenn ein Investor eine Bilanz liest, dann denkt er nicht an diese Reserven. Ein Maßstab, den die Leute nutzen, um den Investitionswert von Tech-Firmen zu ermitteln, ist der Umsatz pro Mitarbeiter - und da sie alle während der Pandemie zahlreiche Mitarbeiter angeheuert haben, bedeutet dies, dass der Posten Umsatz pro Mitarbeiter ziemlich niedrig ist. Softwarefirmen wie Microsoft sollten etwa 500.000 Dollar Umsatz pro Mitarbeiter aufweisen - oder wenigstens ein Minimum von 300.000 Dollar. 'Höher darf es sein, aber wenn der Wert darunter fällt, machen sich die Leute Gedanken, ob sie zu viele Angestellte haben. Darauf blicken sie jährlich oder sogar quartalsweise."
Stichwörter: IT-Branche, Microsoft

Magazinrundschau vom 09.08.2022 - The Verge

Der am stärksten überwachte Landstrich in Amerika ist die Grenze zwischen Mexiko und Arizona, schreibt Gaby Del Valle in einer eindrucksvollen Reportage. Hier spüren Drohnen illegale Einwanderer anhand ihrer Körperwärme auf. Die Durchquerung der Wüste ist lebensgefährlich: Jedes Jahr verlieren hier mindestens hundert Menschen ihr Leben bei dem Versuch, in die USA zu gelangen. Aber was sollen sie machen? Legale Einwanderung ist fast unmöglich und Asyl kann man nur in den USA beantragen. Das führt zu einem höchst zweifelhaften Ergebnis, denn "der Mangel an legalen Einwanderungsmöglichkeiten ist ein Glücksfall für zwei scheinbar ungleiche Gruppen: die Schmuggler, die zunehmend mit Kartellen verbunden sind und von Migranten angeheuert werden, um sie über die Grenze zu bringen, und die Militär- und Technologieunternehmen, die Milliarden für die Entwicklung von Werkzeugen erhalten, um Migranten in der Wüste aufzuspüren. Einem Bericht des Immigrant Defense Project zufolge haben ICE und CBP zwischen 2008 und 2020 mehr als 55 Milliarden Dollar an Verträgen für Abschiebegewahrsam, 'intelligente Grenztechnologien' und Überwachungsinstrumente vergeben. Die Schmuggelindustrie ist viel schwieriger zu quantifizieren, aber ein Bericht der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2018 schätzt ihren weltweiten Wert auf 5,7 bis 7 Milliarden US-Dollar. Die beiden Branchen - eine legale und eine illegale - brauchen einander, um zu funktionieren. Beide existieren, weil legale Migration fast unmöglich ist."

Magazinrundschau vom 26.07.2022 - The Verge

Wie ist eigentlich der Stand der Dinge in Sachen "KI, die Literatur schreibt"? Josh Dzieza klärt in einer großen (und übrigens sehr witzig gelayouteten) Reportage auf: Ein Tool namens Sudowrite erfreut sich insbesondere unter den streng auf Deadline schreibenden Vielschreibern, die aufs Kindle-Publikum zielen, zunehmender Beliebtheit, erfahren wir. Komplette Bücher darf man noch nicht erwarten, aber die Software hilft - je nachdem, mit welchem Ausgangsmaterial sie gefüttert wurde - offenbar schon erstaunlich präzise, wenn es darum geht, generische Passagen schneller zu füllen als man tippen kann. "Für die Entwicklung von Sudowrite sammelten Amit Gupta und James Yu Plottwists aus Kurzgeschichten und Inhaltszusammenfassungen von Romanen, um sie dem Sprachlernmodul GPT-3 zu verfüttern. Für die Beschreibungen nutzten sie Sätze über Gerüche, Klänge und andere Sinneswahrnehmungen, damit GPT-3 Bescheid weiß, um was es geht, wenn ein Autor auf 'Beschreiben' klickt. Und im Großen und Ganzen scheint es das auch zu verstehen, auch wenn es manchmal in unerwartete Richtungen davon galoppiert. Die Autorin Jennifer Lepp etwa bemerkte, dass das Programm dazu neigt, ihren Charakteren Schwerter unterzujubeln. Auch wenn in ihrer Version eines magischen Floridas im Grunde keine Schwerter auftauchen, zückten ihre Figuren oft mitten in Gespräch die Klinge oder nestelten am Schwertgriff herum, während sie auf der Veranda hockten. Irgendwann dämmerte es ihr, dass das Modul wahrscheinlich mit viel mehr Beispielen aus der High Fantasy gefüttert wurde als mit Beispielen des viel kleineren Genres der paranormalen Knobelkrimis, die sie schreibt. Wenn sie also über Magie schreibt, dann nimmt das Modul an, dass irgendwann auch ein Schwert gezückt wird. ... Es gab aber auch sonderbarere Fehlschüsse. Etwa, wenn das Modul immer wieder schrieb, dass der griechische Gott Apollo mit 'Augen, so groß wie die eines Erdhörnchens' ausgestattet ist oder dass der Mond 'wirklich Perlmutt war, das Weiße des Meers, angeschmiegt an den Schoß ertrunkener Bräute'. Oder wenn es viel zu belastete Metaphern exzessiv auswalzte: 'Alice schloss ihre Augen und seufzte, als sie den Moment auskostete bevor die Realität auf sie wieder hereinbrechen würde wie das Gewicht eines Elefants, der auf beiden von ihnen saß, während sie von einem Hai gefressen wurden, inmitten eines Flugzeugs voll Ninjas, die sich Augen und Blut aus keinem naheliegenden Grund auskotzten, außer jenem, dass sie nun einmal Ninjas waren, die Kotzen einfach so sehr mochten, dass sie sich einfach nicht zu helfen wussten und bei jeder sich bietenden Gelegenheit aus all ihren Öffnung kotzten.' Ein Maschinenlern-Ingenieur würde sowas 'Halluzinationen' nennen, aber Lepp, die angefangen hat, Sudowrite liebevoll Skynet zu nennen, (...) sind das Momente, wenn Skynet besoffen ist."

Magazinrundschau vom 29.09.2020 - The Verge

Das Magazin des Technikportals aus New York teilt Audioaufnahmen und weitere Interna aus der Firmenzentrale von Facebook mit seinen Lesern, Antworten Mark Zuckerbergs aus den regelmäßigen Q&A-Sessions mit seinen Mitarbeitern etwa: "Mit seinen Zehntausenden Beschäftigten sieht sich Zuckerberg in diesen Fragerunden inzwischen in alle Richtungen gezerrt und wird mit viel Wut konfrontiert. Während des Sommers ging es in den Q&As immer wieder sehr detailliert um die die freundschaftliche Beziehung zwischen dem Unternehmen und Trump, den Einfluss des konservativen Zuckerberg-Vertrauten Joel Kaplan und den Aufstieg weißer Suprematisten auf der Plattform … Die Morde an George Floyd und Breonna Taylor Anfang des Jahres und die Black Lives Matter Bewegung haben in der Facebook-Belegschaft die Frage aufgeworfen, ob und wie ihre Arbeit zu ethnischer Ungleichheit beiträgt. Nachdem Zuckerberg entschieden hatte, den kontroversen Post des Präsidenten nicht zu löschen, in dem Trump drohte, auf Protestierende schießen zu lassen, vollzogen sie die erste virtuelle Arbeitsniederlegung in der Unternehmensgeschichte … Nach langen internen Debatten, ließ Zuckerberg den betreffenden Trump-Post stehen und argumentierte, die Bürger hätten ein Recht zu erfahren, wenn ihr eigenes Land beschließt, auf sie zu schießen. Trump war begeistert. Für Angestellte, die an das demokratisierende Potenzial der Firma glauben und an die Mission, die Welt offener und vernetzter zu gestalten, fühlte sich das wie Betrug an. 'Es fällt mir sehr schwer, die unterstützenden Worte unserer Leitung ernst zu nehmen, wenn wir gleichzeitig derartigen Content zulassen. Was immer wir davon haben, das so stehenlassen, rechtfertigt es gewaltsame Drohungen gegen schwarze Protestler?' fragte eine Mitarbeiterin in einem internen Post. Zuckerberg seinerseits gab seinen Leuten zu bedenken, dass er Trumps Bemerkungen widerlich fand, seine Rolle als CEO es aber erfordere, unparteiisch zu sein."

Magazinrundschau vom 26.11.2019 - The Verge

Josh Dzieza ist nach Roundup in Montana gereist, das eigentlich ein kleines, unbedeutendes Städtchen wäre - wenn es nicht als Drehscheibe in Amazons Lieferkette Bedeutung gewonnen hätte : "Roundup sieht erst mal nicht aus, als wär es eine Drehscheibe für irgend was. Im 19. Jahrhundert von Farmern gegründet, war es Kohlerevier und Transitort an der Milwaukee Zugtrasse  … Doch Amazons Geografie ist merkwürdig: Mehr als 150 Millionen Quadratmeter Warenhaus, Auslieferungs- und Sortierlager, meist in Industrie- und städtischen Randgebieten, außer Sichtweite von den Millionen Kunden, die ihre Ware bis zur Tür gelifert bekommen. Sogar für Amazons Begriffe ist Roundup seltsam. Es gibt kein Auftragsabwicklungscenter, Amazons Wort für seine riesigen Warenhäuser, tatsächlich gibt es überhaupt keine offizielle Amazon-Präsenz irgendeiner Art. Stattdessen ist Roundup ein Zentrum der wachsenen Branche der 'Prep Center', Unternehmen, die sich auf das Verpacken von Waren nach Amazon-Richtlinien spezialisiert haben … 'Preppers' sind ein Teil der riesigen, inoffiziellen und größtenteils unsichtbaren Arbeiterschaft, die Amazons Regale befüllen. Die Mehrheit der Waren auf Amazon wird von Drittanbietern angeboten, viele von ihnen haben die Entwicklung vom Ladengeschäft zum Online-Business gemacht und suchen nach Produkten, die sie kaufen und wieder verkaufen können. Aber Amazon ist so ausgelegt, dass es Verkäufer miteinander konkurrieren lässt. Mit wachsender Verkäuferzahl (derzeit über zwei Millionen), schrumpften die Gewinnspannen. Einige Händler machten sich auf zu weit entfernten Orten, um Waren für den Verkauf zu finden, doch der Boom der E-Kommerz-Plattformen ermöglichte es bald, vom Schreibtisch aus Güter zu kaufen und sie zu Amazon zu schicken … Das fehlende Glied waren die 'Preppers', die all die Lieferungen prüfen und nach Amazon-Standards neu verpacken. So enstanden 'Prep-Center' in mehrwertsteuerfreien Staaten wie Oregon und Montana."
Stichwörter: Amazon, Montana, Arbeiterschaft

Magazinrundschau vom 06.10.2015 - The Verge

Die eigene Lieblingsmusik auf Streamingdiensten abrufbar zu haben, ist bloß die halbe Miete, erklärt Ben Popper. Vielmehr beziehen die Archive der verschiedenen Anbieter einen beträchtlichen Reiz daraus, neue Musik entdecken zu können - weshalb sich die zentralen Player auf dem Markt vor allem über ihre Empfehlungssysteme profilieren wollen. Sowohl persönliche Empfehlungen von Radio-DJs als auch algorithmenbasierte Wahrscheinlichkeitsrechnungen haben laut Popper empfindliche Schwächen, weshalb er umso begeisterter von Spotifys neuem Feature ist, das beides vereint. "So funktioniert"s: Spotify verfügt über ein Geschmacksprofil jedes Nutzers, das auf dessen Hörvorlieben fußt. ... Die Algorithmen hinter Discover Weekly finden Nutzer, deren Playlists Lieder und Künstler aufweisen, die man selber schätzt. Dann durchkämmen sie die Playlists dieser Seelenverwandter nach jenen Liedern, die man selbst noch nicht gehört hat, im Wissen darum, dass man diese wahrscheinlich ebenfalls mögen wird. Schlussendlich nutzen sie das eigene Geschmacksprofil, um diese Fundstücke nach jenen Nischen zu filtern, in denen man selbst gerne Entdeckungen macht. Weil die Playlist, dieser explizit kuratorische Akt, sowohl Quelle des Signals, als auch deren Endergebnis darstellt, kann diese Technik Resultate hervorbringen, die mitunter wesentlich interessanter ausfallen, als kollaborative Allerwelts-Filtertechniken."

Magazinrundschau vom 14.07.2015 - The Verge

In Zeiten, in denen große Medienhäuser in Erwägung ziehen, direkt auf Facebook zu veröffentlichen, und Clickbait-Portale wie Buzzfeed auf maximale Shareability setzen, überrascht es, wenn ein Netzwerk zwar einerseits täglich zahlreiche Updates und Artikel veröffentlicht, aber dennoch im bewussten Verzicht auf Reichweite um jeden Preis einen Kompromiss zwischen Rentabilität und überschaubarem Publikum in Kauf nimmt. Und doch entspricht dies der Strategie von The Awl, wie Josh Dzieza in einer Home Story berichtet: Getreu nach dem Motto "Be Less Stupid" setzt das Onlinemagazin auf ein überdurchschnittlich gebildetes Publikum. Die weitsichtige Perspektive von Chefredakteur John Herrman "ist beunruhigend: Publikationen werden sich zunehmend sonderbar ähnlich, nebulöse Firmen buhlen um einen Platz in den Feeds der sozialen Medien. Portale wie Upworthy oder deren noch spammigere Klone wachsen rapide, indem sie auf Formate zurückgreifen, die maßgerechnet auf Facebooks Newsfeed zugeschneidert sind, nur um nach jeder undurchsichtigen Neujustierung der Plattformalgorithmen abzustürzen. ... Indem sie sich vom Content-Karussell ferngehalten haben, ist es The Awl gelungen, eine ganze Reihe von Publikation mit in sich stimmigen Identitäten und distinkten Sensibilitäten zu entwickeln."

Magazinrundschau vom 27.01.2015 - The Verge

Gruselige Vorstellung: Da öffnet man den Facebook Messenger auf seinem Smartphone und kann live verfolgen, wie ein Unbekannter im eigenen Namen den Bekanntenkreis im Chat nach Informationen abgrast oder Freunde sexuell anmacht. Geschehen ist dies dem Aktivisten Moosa Abd-Ali Ali, der nach schweren Misshandlungen in Bahrain vom Londoner Exil aus den politischen Kampf für Menschenrechte in seiner Heimat führt und offensichtlich vom Bahrainer Geheimdienst gehackt wurde. Amar Toor und Russell Brandon haben sich die Methoden genauer angesehen. Hinter dem Manöver steckt demnach eine in Deutschland und Großbritannien entwickelte Software namens FinFisher, die NSA-artige Recherchen und Attacken ermöglicht: "Zwar gibt es keine Hinweise darauf, dass die Behörden in Bahrain die von den Rechnern der Aktivisten gewonnenen Informationen gegen Leute aus ihrem persönlichen Umfeld in ihrer Heimat verwendet haben, doch die Möglichkeit lastet schwer. ... Schon mehren sich die Anzeichen darauf, dass die Regierung versucht, die Aktivisten online zu diskreditieren. 2011 tauchte ein Link zu einer pornografischen Website auf dem Twitterprofil eines Aktivisten auf. Er hatte ihn nicht gepostet und löschte ihn umgehend, doch der Vorfall unterstreicht die bekannte Taktik, zentrale Figuren der Opposition öffentlich in Verruf zu bringen. Im selben Jahr wurde Mohamed Altajer, ein ebenfalls mit FinFisher attackierter Menschenrechtsanwalt aus Bahrain, mit einem Video, das ihn und seine Frau beim Sex zeigt, erpresst. Er erhielt das Video am selben Tag, als die Behörden seinen Rechner infiltrierten, mit der Drohung, es öffentlich zu machen, wenn er nicht aufhöre Aktivisten zu verteidigen."