Der Anthropologe und Forensiker
Philippe Charlier hat zusammen mit dem Zeichner
Richard Guérineau einen Comic über Untote in Haiti geschrieben. Im jetzt online gestellten Interview Renée Greusard
spricht er über die Zombis, die von den Hollywood-Zombies dadurch unterscheiden, dass es sie wirklich gibt: "Es gibt
drei Arten von Zombis. Der erste ist der toxische Zombi, dessen Vergiftung
von einer Geheimgesellschaft beschlossen wurde (von den
Bizango oder den
Cochons gris), weil man glaubt, dass er der Gesellschaft schade. Ein Vergewaltiger, ein Mörder, ein Erbschleicher, so was. Man sagt ihm: 'Wenn Du nicht aufhörst, wird dir Schlimmeres als der Tod widerfahren.' Und ein Zombi sein, das ist schlimmer als der Tod. Es gibt auch diejenigen, die zum Beispiel von ihrer Schwiegermutter vergiftet werden, oder von jemanden, der ihnen Böses will. Aber das ist ein Missbrauch des 'legalen' Gifts, das im Voodoo benutzt wird (Tatsächlich bestraft das hatitianische Gesetz die Zombifizierung - Anm. d. Red.). Der zweite Typ Zombi ist der psychiatrische. Das sind die Leute, die glauben, sie hätten das Reich der Toten besucht. Sie haben, wie man sagt,
mit Baron Samedi und Maman Brigitte gegessen. Das sind in der regel Fälle von Schizophrenie oder anderen Pathologien. Und schließlich gibt es den letzten Typ, den sozialen Zombi. Nach einer Naturkatastrophe (leider wird Haiti oft von Erdbeben, Flutwellen oder Zyklonen getroffen) ist der Vater, die Mutter oder jemand verschwunden, der für die Familie wichtig ist. Er wird ersetzt durch jemand anderes ersetzt. Und alle gaukeln sich was vor. Man tut so, als wäre die Person ein Zombi, wohlwissend, dass er weder die Person noch ein Zombi ist. Alle Welt weiß das, aber niemand sagt es. Es ist ein Spiel. Es ist ein wenig wie bei der 'Rückkehr des Martin Guerre'. Ziel ist,
die Lücke der verschwundenen Person zu füllen."