Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
06.09.2004. In dieser Woche: Warum die Auflage des Duden trotz harscher Kritik nicht sinkt. Wer am Rennen um das schnellste Olympiabuch teilnimmt. Und wie der Spiegel im Buchmarkt mitmischt. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Den 28. August, Erstverkaufstag der Neuauflage des Dudens, nahmen einige Feuilletons zum Anlass, harsche Kritik zu üben ("Das unmögliche Wörterbuch", FAZ; "Chaos voran", SZ). Dem Absatz des neuen Rechtschreib-Standardwerks scheint die gegenwärtige Diskussion um die Reform nicht zu schaden. "Die Bestellungen des Handels bewegen sich auf vergleichbarem Niveau wie bei der letzten Auflage im Jahr 2000", berichtete Duden-Redaktionsleiter Matthias Wermke dem Börsenblatt. Zu den Neueinträgen des Dudens gehören zum Beispiel "googeln", "Ich-AG", "Dosenpfand" und "Moin, Moin!"

Branchenkenner Arnd Roszinsky-Terjung rät den Buchmachern zu einer Konzentration aufs Kerngeschäft und haut damit in dieselbe Kerbe wie Ex-Aldi-Manager Dieter Brandes, der sein Erfolgrezept auf eine kurze Formel bringt: "Komplexität vermeiden!" "Diversifikation", erklärt Roszinsky-Terjung im Börsenblatt, "ist gerade keine Strategie für die Krise, sondern eine Schönwetter-Strategie." Im Krisenfall werde das Nebengeschäft häufig zum Hauptmanagement-Thema und absorbiere überproportional viel Kraft. Die Welle der Vereinfachung schwappt langsam auf die Buchbranche über: In jüngster Vergangenheit trennten sich die Verlage Vandenhoeck & Ruprecht sowie Heymanns von ihren Buchhandlungen, Club Bertelsmann und Weltbild setzen auf ein Schmalspur-Angebot.

Autorin Eva Demski hat ihre Verlagsanteile von Schöffling & Co. an Verleger Klaus Schöffling zurückgegeben. Vor zehn Jahren hatte sie damit geholfen, das Unternehmen "auf die Füße" zu bekommen. Das Engagement sei von vornherein befristet gewesen, erzählte der Verleger, der künftig Alleingesellschafter ist, dem Börsenblatt. Am Namen Schöffling & Co. solle sich nichts ändern. "Co. - das sind künftig die Autoren."

Promis könnten bald selbst entscheiden, was über sie berichtet wird, und das ärgert nicht nur Bild und Bunte. Nach dem vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gefällten so genannten Caroline-Urteil, welches besagt, dass Fotos aus dem Privatleben von Prominenten sowie entsprechende Wortbeiträge nicht ohne Zustimmung veröffentlicht werden dürfen, sehen viele Verleger und Journalisten die Pressefreiheit beeinträchtigt. 40 Chefredakteure von Zeitungen und Zeitschriften schrieben während der Einspruchszeit einen offenen Brief an den Bundeskanzler. "Wenn die Bundesregierung gegen dieses Urteil keine Berufung einlegt, werden allen seriösen Journalisten die Hände gebunden", zitiert das Börsenblatt die Verfasser. (Boersenblatt.net meldet später, dass die Bundesregierung nicht gegen die Straßburger Entscheidung vorgehen will).

Frankfurter Buchmesse-Splitter: Erstmals präsentieren sich in diesem Jahr Anbieter von DVDs auf dem weltweit größten Branchentreff; sie werden sich an einem Gemeinschaftsstand im Forum Film & TV einrichten. Fast 2.000 englischsprachige Aussteller haben ihr Kommen zugesagt - darunter auch US-Verlage, die 2003 auf eine Teilnahme verzichtet hatten.

Personalien: Der Berliner Buchhändlerkeller hat nach dem Tod seines langjährigen Vorsitzenden K. P. Herbach einen neuen Vorstand gewählt: den Literaturagenten Axel Haase und den Juristen Hartmut Mangold. Der Fotograf und Mitbegründer des Pendo Verlags, Bernhard Moosbrugger, ist gestorben.

Meldungen: Die Stiftung Buchkunst nimmt im Rahmen ihres traditionellen Wettbewerbs noch bis zum 31. Oktober Vorschläge für die "schönsten deutschen Bücher des letzten Jahres" entgegen: Kriterien sind Gestaltung, Konzeption und Verarbeitung. Bertelsmann setzt in Zukunft auf die Erfahrung der "Älteren" und hebt die Pensionsgrenze für Manager, die bisher bei 60 Jahren lag, auf 65 Jahre an. Nachdem sich der Heymanns Verlag auf seine Kernkompetenzen konzentrieren will (siehe Archiv) und sich von seinen neun wissenschaftlichen Buchhandlungen getrennt hat, ist für vier Läden mit Standort in Frankfurt, Ulm und Erlangen die Übernahme noch nicht geklärt: Für sie sind in der vergangenen Woche Insolvenzanträge gestellt worden. Die Hamburger Groenewold Verlage werden künftig mit dem Berliner Verlag Philo & Philo Fine Arts kooperieren.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

In verschiedenen Ausstattungen, zu verschiedenen Preisen bietet das BMG-Label Gun seit letzter Woche einige seiner Musikalben an. Wäre solch ein Ausstattungs-/Preis-Modell denkbar für die Buchbranche? will der Buchreport in seiner Titelgeschichte wissen. Befragte Verlagsmitarbeiter sind unterschiedlicher Meinung. Während es beispielsweise für Hans Jürgen Balmes, Programmleiter internationale Literatur bei S. Fischer, durchaus vorstellbar ist, verschiedene Ausgaben eines Buches zeitgleich zu veröffentlichen, unter der Voraussetzung, dass sich "Mehrpreis und Exklusivität durch einen deutlichen Benefit rechtfertigen lassen", gibt Armin Gontermann, Verlagsleiter Ullstein Taschenbuch, der bisherigen Erscheinungsweise - erst Hardcover, dann Taschenbuch - den Vorzug. Bei gleichzeitigem Erscheinen würde der Großteil der Kunden zum preisgünstigeren Format greifen, fürchtet Gontermann. Hier der vollständige Artikel.

Kaum ist die Flamme des Olympischen Feuers erloschen, hat das Rennen um das schnellste Olympia-Buch begonnen. Ins Ziel gekommen sind der Deutsche Sportverlag mit "Olympische Spiele Athen 2004" (erschienen am 2. September) sowie - eine halbe Nasenlänge später - Südwest und Das Neue Berlin mit "Athen - das Olympiabuch 2004" und "Athen 2004 - Unser Olympiabuch" (beide am 3. September). Für die Bücher auf Platz 2 und 3 zeichnen ehemalige Hochleistungssportler, die heute als Journalisten tätig sind, als Herausgeber verantwortlich: Rudi Cerne und Kristin Otto. Auch der Bertelsmann Club profitiert vom Olympia-Fieber. Da sich die Bücher auf ein aktuelles Ereignis beziehen, dürfen sie zeitgleich mit der Sortimentsausgabe preiswerter im Club erscheinen.

Eine Neuauflage des öffentlichen Streits um unverschämte Hotels bei der Frankfurter Buchmesse wird es voraussichtlich nicht geben. Günter Hampel, Chef der Frankfurter Tourismus und Congress GmbH (FTC), und Buchmesse-Sprecher Holger Ehling glauben, dass sich die Situation entspannt hat. Gründe seien die jährlich größer werdende Zahl der Hotelbetten, die Transparenz der Preise durch das Internet und die wach gewordenen Hoteliers der Umgebung, die mit Sonderangeboten und Shuttle-Bussen um Gäste werben. Besonders ausländische Aussteller hätten sich aber auch in diesem Jahr schon über hohe Preise und Durchbuchungszwang beschwert, muss Ehling einräumen. Die Hotels nahe dem Messegelände langen zu wie eh und je.

Der Spiegel Verlag ist mit dem Erwerb eines 25 Prozent-Anteils am 1999 gegründeten Audio Verlag ins Hörbuchgeschäft eingestiegen. Damit verdichte er seine mittelbaren und unmittelbaren Aktivitäten im Buchbereich, schreibt der Buchreport. Der Spiegel veröffentlicht unter anderem seit 1961 die Bestsellerlisten, an der Onlinebuchhandlung Libri.de ist er über seine Tochter SpiegelNet GmbH beteiligt, die DVA bringt in Kooperation mehrere Spiegel-Bücher pro Jahr heraus. Die Frage, ob sich der Spiegel eines Tages auch einen eigenen Buchverlag oder eine Beteiligung an einem bestehenden Verlag vorstellen könne, stehe aber derzeit nicht auf der Tagesordnung, sagte Spiegel-Verlagsleiter Matthias Schmolz auf Buchreport-Anfrage.

Den bestehenden Downloadportalen für Hörbücher, etwa Hoergold.de und Diderot-Verlag.de, droht mächtige Konkurrenz: Ab dem vierten Quartal will US-Marktführer Audible, Inc. - gemeinsam mit Random House und Holtzbrinck Networxs als Content-Partner - in Deutschland starten. "Im Spätherbst sollen neben 5.000 englischsprachigen Hörbüchern auch deutsche Titel auf der Seite Audible.de angeboten werden", berichtet der Buchreport. Audible plant, außer Hörbüchern auch Audio-Zeitungen, Radio- und Fernsehfeatures zum Download ins Netz zu stellen.

Weltbild handelt mit Büchern, die es noch nicht gibt. Obwohl der sechste "Harry Potter"-Band, "Harry Potter and the Half Blood Prince", nicht mal im Original erschienen und in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, kann er bei den Augsburgern "zum garantierten Weltbild-Bestpreis" von 19,95 Euro vorbestellt werden. Preisbindungsrechtlich kein Problem, da britische Bücher keine festen Preise haben.

Personalien: Chefstratege Carel Halff scheint es zu wurmen, dass er mit Weltbild zwar einen höchst gewichtigen Buchkonzern hat, der ihm aber keine Bestseller beschert. Lothar Menne, zuletzt Verlagsleiter von Ullstein, soll Abhilfe schaffen und kümmert sich künftig um den Einkauf der Lizenzen bei Weltbild.

Meldungen: Einige Mitglieder der Arabischen Liga, nämlich Irak, Kuwait, Algerien, Libyen und Marokko, werden beim Gastlandauftritt in Frankfurt nicht mit vertreten sein. Joanne K. Rowling ließ bei einer Lesung in Edinburgh durchblicken, dass Harry Potter seine Abenteuer möglicherweise nicht überleben könnte.13 Wochen nach der Auslistung des Diogenes Verlags auf den Amazon-Seiten bekam der Buchreport von den Parteien keine Stellungnahme zum Stand der Dinge. In der Sachbuch-Liste der Spiegel-Bestseller schaffte diese Woche ein Dichter den höchsten Neueinstieg: Sigrid Damms Biografie mit dem schlichten Titel "Das Leben des Friedrich Schiller" (Insel). Welche Bücher sich wo platziert haben, hier.