Magazinrundschau
Die Magazinrundschau
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
05.09.2006. Der New Yorker porträtiert Junior, ein echtes Problemkind und Amerikas wertvollster Al-Qaida-Informant. Im Spectator fordert Alan Dershowitz eine liberale Initiative zur Terrorbekämpfung. Outlook India feiert die neue Gandhi-Jugend, die Motorrad-Rallyes für den Frieden mit Pakistan veranstaltet. In Literaturen rühmt Ilija Trojanow das Talent der Bombaywallas zur giftigen Liebeserklärung. Polityka preist Olga Tokarczuks neues Buch über die sumerische Göttin Inanna. Der Economist erzählt vom Spiel synthetischer Biologen mit BioBricks. Nepszabadsag geißelt die Haltung der USA während des Ungarn-Aufstands von 1956. Der Nouvel Obs schildert die prekäre Lage verarmter Schriftsteller. Und die New York Times warnt vor bescheidenen Amerikanern.
New York Review of Books (USA), 21.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q20/A14923/nybooks.jpg)
Weiteres: Max Rodenbeck liefert eine weitere Analyse des Libanon-Kriegs.Tony Judt liest noch einmal das Mammutwerk "Main Currents of Marxism" des polnischen Philosophen Leszek Kolakowski. Zur Frage, ob Intelligent Design an amerikanischen Schulen gelehrt werden sollte, meint Ronald Dworkin: "Sollte es irgendeinen wissenschaftlichen Beweis gegen die Evolution gebe, sollte er Schüler sofort gelehrt werden. Aber die Intelligent-Design-Bewegung hat diesen wissenschaftlichen Beweis nicht." Daniel Mendelsohn hält wenig vom Realismus der beiden 9/11-Filme "United 93" von Paul Greengrass und "WTC" von Oliver Stone: "Das Problem mit diesem Realismus ist, das der Film wie auch die Realität selbst keine Struktur hat: und ohne Struktur, ohne Gestaltung können die Ereignisse keine Bedeutung haben." Lorrie Moore stellt Suzanne Marrs' Biografie der Autorin Eudora Welty vor.
New Yorker (USA), 11.09.2006
Jane Mayer porträtiert "Junior" alias Jamal Ahmed al-Fadl, Sudanese und Amerikas "derzeit wohl wertvollster Informant" über al Qaida und wichtigster Zeuge in der Anklage gegen mindestens zwei in Guantanamo inhaftierte Terrorverdächtige. Fadl war bereits 1989 in Afghanistan zu Osama bin Laden und al Qaida gestoßen, hatte dann aber 1996 in der amerikanischen Botschaft von Eritrea Schutz gesucht und seine Mitgliedschaft gestanden. Seither lebt er - abgeschirmt und von FBI-Leuten bewacht - in den USA. Diese hielten Junior allerdings für ein Problemkind, eine Art Gammler und hätten schnell begriffen, dass "seine Ränkespiele, die einmal bin Ladens Problem waren, nun ihres sei". So war dann auch Dan Coleman, früher al-Qaida-Experte des FBI, überrascht, "dass Fadl nicht besonders religiös ist. 'Ich habe ihn nicht einmal beten sehen', erzählt er. Für Fadl sei der Dschihad weniger eine religiöse Angelegenheit, sondern eher 'eine sozial akzeptable Form schlechten Benehmens'. Oder wie Coleman es ausdrückt: 'Man jagt Sachen in die Luft und bringt Leute um, und deine Kameraden und Kumpel denken, dass du was taugst. Es macht Spaß und man kann ein Held werden'."
Sehr unterhaltsam ist Caleb Crains Bespechung einer neue Studie über das britische Projekt "mass-observation", eine Bewegung, die 1937 der Anthropologe Tom Harrison, der Dichter Charles Madge und der Filmemacher Humphrey Jennings ins Leben riefen. Mit Hilfe von 500 Freiwilligen sollte dabei das britische Alltagsleben erfasst werden. Auf der Beobachtungsliste standen unter anderem: "Verhalten von Menschen an Kriegsdenkmälern", "Ausrufe und Gesten von Autofahrern" sowie "Verbreitung und Bedeutung schmutziger Witze".
Weiteres: Joan Acocella rezensiert den neuen Roman von Alice McDermott "After This". Für eine ziemlich bunte Mischung hält Peter Schjeldahl die Ausstellung "Out of Time", die jüngste Präsentation des MoMA aus seiner Sammlung zeitgenössischer Kunst. Und Anthony Lane sah im Kino den Debütfilm von Allen Coulter "Hollywoodland" und empfiehlt eine kleine Retrospektive mit Filmen des japanischen Regisseurs Kenji Mizoguchi. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Black Ice" von Cate Kennedy.
Nur im Print: Reportagen und Berichte aus dem Gazastreifen, wo die Hamas über ihre Optionen nachdenkt, aus dem Sudan, wo der Islam für den Eintritt in die moderne Welt neu interpretiert wird, über die Frage, wie die nächste Stufe des Dschihad aussehen könnte und Lyrik.
Sehr unterhaltsam ist Caleb Crains Bespechung einer neue Studie über das britische Projekt "mass-observation", eine Bewegung, die 1937 der Anthropologe Tom Harrison, der Dichter Charles Madge und der Filmemacher Humphrey Jennings ins Leben riefen. Mit Hilfe von 500 Freiwilligen sollte dabei das britische Alltagsleben erfasst werden. Auf der Beobachtungsliste standen unter anderem: "Verhalten von Menschen an Kriegsdenkmälern", "Ausrufe und Gesten von Autofahrern" sowie "Verbreitung und Bedeutung schmutziger Witze".
Weiteres: Joan Acocella rezensiert den neuen Roman von Alice McDermott "After This". Für eine ziemlich bunte Mischung hält Peter Schjeldahl die Ausstellung "Out of Time", die jüngste Präsentation des MoMA aus seiner Sammlung zeitgenössischer Kunst. Und Anthony Lane sah im Kino den Debütfilm von Allen Coulter "Hollywoodland" und empfiehlt eine kleine Retrospektive mit Filmen des japanischen Regisseurs Kenji Mizoguchi. Zu lesen ist außerdem die Erzählung "Black Ice" von Cate Kennedy.
Nur im Print: Reportagen und Berichte aus dem Gazastreifen, wo die Hamas über ihre Optionen nachdenkt, aus dem Sudan, wo der Islam für den Eintritt in die moderne Welt neu interpretiert wird, über die Frage, wie die nächste Stufe des Dschihad aussehen könnte und Lyrik.
Spectator (UK), 02.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q62/A14910/spectator.jpg)
Zu lesen ist außerdem ein unterhaltsamer Bericht über einen "Interviewtermin der Hölle", den der eigenwillige britische Journalist Toby Young mit der für ihre Interviews berüchtigten Journalistin Lynn Barber - Spitzname: "Satan Barber" - erlebte (hier Youngs Website mit Barbers Porträt, das am 2. September im Observer erschien).
Polityka (Polen), 02.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q95/A14900/polityka.jpg)
In einem ehrgeizigen Publikationsprojekt, das von einem schottischen Verleger initiiert und von 33 Verlagen aus der ganzen Welt aufgenommen wurde, schreiben zeitgenössische Autoren die großen Mythen der Menschheit neu. Juliusz Kurkiewicz ist von der Idee angetan, auch wenn ihn die bisherigen Publikationen nicht begeisterten. Jetzt ist das beste Buch der Serie erschienen, "Anna In w Grobowcach Wiata", und seine Autorin, Olga Tokarczuk, hat an der Geschichte der sumerischen Göttin Inanna schon vor Bekanntwerden des Projekts gearbeitet. "Tokarczuk wiederholt nicht bekannte Geschichten, und kehrt sie auch nich um wie andere Autoren. Sie taucht in die Mythen ein, will ihre Bedeutung dechiffrieren, zeigen, dass es Geschichten sind, die - obwohl sie so niemanden und niemals passiert sind - jedem und jederzeit passieren könnten. Tokarczuks Inanna - Anna In ist eine junge Frau, die wir genau so gut auf der Straße treffen könnten."
Al Ahram Weekly (Ägypten), 31.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q73/A14905/alahram.gif)
Außerdem: Nevine El-Aref berichtet von der Karnevalsatmosphäre bei der Verfrachtung der Statue Ramses II. ins neu errichtete Grand Egyptian Museum. Und in einem Dossier zum Tod von Nagib Mahfus erinnert sich Roger Allen an die Soireen auf dem Hausboot des Nobelpreisträgers: "Alle 10 Minuten wurde das Gespräch unterbrochen und jemand schrie Nagib eine Zusammenfassung des Gesagten ins Ohr. Dann warteten alle auf sein Bonmot."
Outlook India (Indien), 11.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q15/A14904/outlook.jpg)
Ferner: Alam Srinivas bespricht die etwas faden Erinnerungen des legendären Kricket-Coaches John Wright ("John Wright's Indian Summers"). Anuradha Raman befragt Indiens Medienminister Das Munshi über sein restriktives Walten. Namrata Joshi stellt Bollywoods neue Drehbuchautorinnen vor. Und im Interview mit Sheela Reddy verrät der 92-jährige Autor Khushwant Singh das Geheimnis seines Erfolgs: "Sieh deinen Lesern in die Augen."
Literaturen (Deutschland), 01.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q21/A14881/literaturen.jpg)
New Economy und IT-Boom sind in Indien mehr Wunsch als Wirklichkeit, schreibt der indische Autor Pankaj Mishra. "Trotz allen Geredes über Indien als 'back office' der ganzen Welt sind es gerade mal 1,3 Millionen einer erwerbstätigen Bevölkerung von 400 Millionen, die in den Bereichen Informationstechnologie und Büroorganisation tätig sind, aus denen die New Economy besteht. Immer noch arbeiten mehr als sechzig Prozent der indischen Bevölkerung in der Landwirtschaft. Das Image eines aufstrebenden, glitzernden Landes ('Indien leuchtet') wird hauptsächlich von einem urbanen Mittelstand gestützt, der TV-Soaps und Talkshows konsumiert, einem Cricket-Nationalismus huldigt und sich ganz den kulturell homogenen und politisch reaktionären Schichten anzugleichen beginnt, die sich während der Moderne in den Ländern Europas herausgebildet haben... Dabei herrscht immer noch Trinkwassermangel in den Dörfern, und Indien gehört nach wie vor zu den ärmsten Ländern der Welt."
Weiteres: Sigrid Löffler stellt Kiran Nagarkar als Indiens eigenwilligsten Autor vor. Wolfgang Schneider liest Martin Walsers nichtindische "Angstblüte". In der "Kriminal"-Rubrik knüpft sich Franz Schuh Lorenzo Lunar Cardedos "Ein Bolero für den Kommissar" vor.
Times Literary Supplement (UK), 02.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q23/A14906/tls.jpg)
Weitere Artikel: Philip Wallers Buch über das literarische Leben in Großbritannien von 1870-1918 "Writers, Readers and Reputations, an dem er ganze 25 Jahre geschrieben hat, ist zweifelsohne ein Mammutwerk, so der Eindruck von Dinah Birch, das selbst Spezialisten viel Neues zu bieten hat, doch es krankt an zu großer Detailfreudigkeit. Und Alex Danchev nimmt es Frank Wynne ein wenig übel, dass es seinem "I Was Vermeer." - dem Porträt des genialischen Vermeer-Fälschers Van Meegeren, der jene Bilder malte, die Vermeer hätte malen müssen - ein wenig an Tiefe mangelt.
Economist (UK), 02.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q14/A14912/economist.jpg)
Derartige offene "Wetware" zieht Biohacker an, die der Economist in einem zweiten Artikel vorstellt. "Biohacking ist noch nicht wirklich etwas für einen Teenager mit einem Samstagsjob und Taschengeld, aber die Preise fallen. Nutzt man eine gebrauchte Ausrüstung, ist ein einfaches Heim-Biotech-Labor wahrscheinlich schon für weniger als 50 000 Dollar zu haben. Verständlicherweise gibt es noch relativ wenige Hobby-Biotechnologen. Aber das scheint sich zu ändern."
Desweiteren werden die Änderungen resümiert, die der 11. September in Amerika verursacht hat, ein philosophischer Ansatz zur Verbesserung der Verschlüsselungstechnologie präsentiert und die Probleme der Video-Website YouTube beim Geldverdienen diskutiert.
Foglio (Italien), 02.09.2006
Mit Verwunderung und auch ein wenig Neid blickt Stefano di Michele auf das "eigenartige" editorisch-politische Phänomen der erfolgreichen Autobiografien von italienischen Kommunisten, das nach dem Krieg begann und "nie aufhörte, auch nicht mit der Auflösung der Pci". Die Motive für die Schilderung des eigenen Lebens haben sich aber vom Politischen ins Private verschoben, meint Michele und zitiert das neuste Exemplar des Genres von Walter Vetroni. "Es ist die Nostalgie. Die Nostalgie des Wissens einer vergangenen Zeit, das Wissen des schönen Lebens und begangener Fehler."
Camillo Langonen besucht den Punkmusiker Giovanni Lindo Ferretti auf seinem Hof im Appenin. Ferretti sei ruhiger und sogar fast katholisch geworden. Aber selbst als Züchter kleiner weißer Pferde der Gegend ist er noch ein wenig Punk. "Ich lasse meine Pferde frei ficken, mit den Hengsten, die sie auf den Weiden finden, mit der Beiläufigkeit und den natürlichen Gefahren der Berge. Die Hengste sind brutal, sie beißen und treten, und die Stuten kommen recht mitgenommen zurück. Aber ich will die Rasse beileibe nicht verbessern, wie sie es in der Toskana gemacht haben, wo die Maremmen heute dank der Verbesserungen nicht mehr wie Maremmen aussehen. Ich will sie verschlechtern, ich will sie zurückbringen bis zu den weißen Pferden, die von den Barbaren nach Italien gebracht wurden."
Weiteres: Maurizio Stefanini berichtet vom Krieg der Tuareg gegen andere Beduinen zwischen Niger und dem Tschad. Und Tatiana Boutourline warnt zweiseitig (1 und 2) vor einer Politik des Appeasement gegenüber dem Iran.
Camillo Langonen besucht den Punkmusiker Giovanni Lindo Ferretti auf seinem Hof im Appenin. Ferretti sei ruhiger und sogar fast katholisch geworden. Aber selbst als Züchter kleiner weißer Pferde der Gegend ist er noch ein wenig Punk. "Ich lasse meine Pferde frei ficken, mit den Hengsten, die sie auf den Weiden finden, mit der Beiläufigkeit und den natürlichen Gefahren der Berge. Die Hengste sind brutal, sie beißen und treten, und die Stuten kommen recht mitgenommen zurück. Aber ich will die Rasse beileibe nicht verbessern, wie sie es in der Toskana gemacht haben, wo die Maremmen heute dank der Verbesserungen nicht mehr wie Maremmen aussehen. Ich will sie verschlechtern, ich will sie zurückbringen bis zu den weißen Pferden, die von den Barbaren nach Italien gebracht wurden."
Weiteres: Maurizio Stefanini berichtet vom Krieg der Tuareg gegen andere Beduinen zwischen Niger und dem Tschad. Und Tatiana Boutourline warnt zweiseitig (1 und 2) vor einer Politik des Appeasement gegenüber dem Iran.
Przekroj (Polen), 31.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q116/A14899/przekroj.jpg)
Nouvel Observateur (Frankreich), 31.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q9/A14909/nouvelobs.jpg)
Espresso (Italien), 01.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q17/A14903/espresso.jpg)
In seiner Bustina di Minerva berichtet Umberto Eco von seinen verwirrenden Fernseherfahrungen im August.
Elet es Irodalom (Ungarn), 01.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q88/A14913/es.jpg)
Auf die Frage, ob in letzter Zeit tatsächlich weniger zeitgenössische Musik gespielt wird, ob sie sich in einem 'Ghetto' befindet, und ob unsere Zeit das Zeitalter der 'wissenschaftlichen' Dirigenten ist, antwortet der Dirigent Sir John Eliot Gardiner im Interview: "Vor zwanzig, dreißig Jahren befand sich die Barockmusik im Ghetto: Die Leute haben sich die Werke des Barock in fürchterlichen Interpretationen anhören müssen. Alles wurde auf gleiche Weise gespielt, Bach, Mozart, Schubert oder Brahms, es gab nur eine Klangwelt. Das historisch ausgerichtete Musizieren gab dem Ganzen einen bedeutenden Schwung, es veränderte den Stil der Konzerte, eröffnete reiche Quellen der Musik, von denen die Menschen bis dahin gar nichts wussten. Möglicherweise ist das eine Art neuer zeitgenössischer Musik. Die vor zwei-, dreihundert Jahren geschriebenen Werke sind für uns in der neuartigen Interpretation neu und lassen vieles entdecken."
NRC Handelsblad (Niederlande), 31.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q129/A14911/nrc.jpg)
Rob Wijnberg schimpft über die Flut neuer Modefächer an niederländischen Universitäten. Mit "schillernden Namen" sollen die Studenten geködert werden: "'Game Architecture and Design' in Breda, 'Technische Medizin' in Enschede, 'Musicology Research' in Utrecht: Insgesamt starten 98 neue Studienfächer im kommenden Semester an den Hochschulen, zusätzlich zu den 4.500 bereits existierenden. Ist das nicht ein bisschen viel? Zudem werden oft bestehende Studienfächer einfach in ein neues Gewand gesteckt, während die Inhalte praktisch gleich bleiben, wie bei 'international business administration'."
Nepszabadsag (Ungarn), 04.09.2006
Im September erscheint das Buch des in Washington lehrenden Historikers Charles Gati über die ungarische Revolution 1956, "Failed Illusions". Sein Kollege John Lukacs ist begeistert: "Das Wichtigste in Gatis Werk ist, was er über die Ungarn-Politik der USA im Jahre 1956 schreibt. Die Weltpolitik der Eisenhower-Dulles-Administration wollte - trotz ihres lautstarken Antikommunismus - an der Zweiteilung Europas überhaupt nichts ändern. Im Gegenteil - und dafür gibt es indirekte Beweise, auch in diesem Buch - die brutale russische Revanche im November 1956 hat Eisenhower und Dulles, um es mal so auszudrücken, ziemlich gut gepasst. Denn hätte es im Oktober 1956 irgendeinen Ausweg gegeben, wäre dieser nur auf politischer, das heißt auf geographischer Ebene, möglich gewesen: Hätte sich Moskau aus Ungarn zurückgezogen, hätten auch die USA ein Land in West- oder Südeuropa aus ihrer Allianz entlassen müssen. Dies aber war für die Eisenhower-Administration inakzeptabel. Daher ist alles, was sie im Oktober 1956 und danach deklarierten, nicht nur unwahr, sondern auch scheinheilig: sie wussten genau, was passiert und wie man davon politisch profitieren kann."
Gazeta Wyborcza (Polen), 04.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q83/A14901/wyborcza.jpg)
Außerdem in der Wochenendausgabe der Wyborcza: ein Vorabdruck aus dem neuesten Buch von Nobelpreisträger Amos Oz und die druckfrische Liste der Nominierungen für den "Nike"-Preis, eine der höchst dotierten Literaturauszeichnungen Europas. Unter den Nominierten sind auch die Youngsters Dorota Maslowska und Michal Witkowski.
New York Times (USA), 03.09.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q12/A14902/nytmag.jpg)
Außerdem: Lynn Hirschberg porträtiert die talentierte Charakterdarstellerin Vera Farmiga, für die Hollywood erst noch ein paar anspruchsvolle Rollen schreiben muss. James Traub denkt über Chinas neues Selbstbewusstsein auf dem UN-Parkett nach. Und im Interview mit Deborah Solomon spricht die Frauenrechtlerin Gloria Steinem über ihr neues Projekt eines "all-female" Talkradios mit Jane Fonda.
Zum fünften Jahrestag von 9/11 bespricht die New York Times Book Review Bücher, die sich dem Schrecken auf subtile Weise nähern. So beschreibt Garrison Keillor "Watching the World Change", David Friends Buch über die Geschichten hinter den Fotos, die wir alle kennen, als wichtigen Beitrag zur Wahrheitsfindung: "Fotos können die Fehler der Geheimdienste oder der Stadt New York bei der Koordination der Einsatzkräfte oder bei der Konstruktion des WTC nicht beschreiben. Wenn die Bilder allgemeingültig werden, braucht es Worte, um die Wirklichkeit zu sehen." Hier ein Audiointerview mit dem Autor.
Jonathan Mahler ist da anderer Meinung. Beim Durchsehen des Bildbands "Aftermath" (Leseprobe) von Joel Meyerowitz, der die Aufräumarbeiten auf Ground Zero mit einer antiken Großformatkamera dokumentiert hat, überlässt er sich der Suggestion der Bilder: "Man sieht diese Leute den Schmerz der ganzen Nation schultern, während sie die Trümmer wegschaffen. Der Effekt ist dennoch erhebend. Sie erobern den Ort zurück und geben ihm eine Zukunft."
Weitere Artikel: Gary Giddins gefällt an Simon Callows Biografie über Orson Welles, dass sie das Genie nicht fallen lässt. Und Richard Brookhiser staunt über die geistreichen Randbemerkungen, die der zweite Präsident der Vereinigten Staaten, John Adams, in den 3700 Büchern seiner Bibliothek hinterlassen hat.
Weltwoche (Schweiz), 31.08.2006
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q26/A14880/weltwoche.jpg)
Außerdem spricht David Signer mit dem Psychoanalytiker Paul Parin. Urs Paul Engeler verfolgt Hinweise, nach denen die Schweizer Armee mit der Hilfe der USA eine Geheimtruppe für Auslandseinsätze aufbaut. Daniela Niederberger widmet sich dem Erziehungsnotstand in Schweizer Schulen und arrivierten Familien ("Und vergessen Sie nicht, mein Kind muss gar nichts!"). Julian Schütt preist Walter Muschgs "Tragische Literaturgeschichte". Denn "mehr Wahrheit über Dichtung enthält kein Schweizer Buch".