Magazinrundschau
Die Metaphysik des Opfers
Die internationale Magazinrundschau erscheint jeden Dienstag.
04.12.2007. Outlook India kürt Indien nach der Hetzjagd auf Talisma Nasrin zum humorlosesten Land der Welt. Der New Yorker staunt über unerreichbare Eitelkeit von Tagebuchschreibern. Im Nouvel Obs erklärt Garri Kasparow seine Guerillataktik gegen den Kreml. Europa warnt vor der gefährlichen Bestie des russischen Nationalismus. Der Merkur verteidigt die freie Gesellschaft. Nepszabadsag möchte das Übel der ungarischen Parteien an der Wurzel packen. Portfolio beschreibt, wie Gratis-Videos im Internet der Pornoindustrie zu schaffen machen. Der Economist versucht, den Erfolg einer Website zu messen - in Hits, Click-Throughs, Impressions und Anfragen. Il Foglio feiert ein italienisches Wunder: das Lyrikmagazin Poesia.
Outlook India (Indien), 10.12.2007
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q15/A19049/outlook.jpg)
In weiteren Artikeln zum Thema konstatiert Saba Naqvi Bhaumik: "Frevlerische Positionen sind in Indien generell nicht gut gelitten. Gerade in den letzten 15 Jahren ist dieses Land einzigartig humorlos geworden." Und Shuddhabrata Sengupta betrachtet die Lage der Muslime in Westbengalen, zu dem Kalkutta gehört.
New Yorker (USA), 10.12.2007
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q19/A19037/newyorker.jpg)
Weiteres: Hendrik Hertzberg schreibt über die "militärisch übertragbare Infektionskrankheit", die unter Bushs inzwischen ehemaligen Verbündeten grassiert, die einer nach dem anderen von ihm und seinem Irak-Abenteuer abrücken. Nick Paumgarten porträtiert Eliot Spitzer, Demokrat und seit einem Jahr Gouverneur von New York. Sasha Frere-Jones befindet, die Sängerin und Songschreiberin Chan Marshall sei endlich erwachsen geworden. John Lahr stellt Inszenierungen der Theaterstücke "Cymbeline" von Shakespeare, "A Hard Heart" von Mark Lamos und "Rebel Voices" von Rob Urbinati vor. Anthony Lane sah im Kino die Ian-McEwan-Verfilmung "Abbitte". Zu lesen sind außerdem die Erzählung "Found Objects" von Jennifer Egan und Lyrik von Charles Simic, D. Nurkse und Kevin Young.
Nur im Print: ein von seiner Tochter geschriebenes Porträt des an Depressionen leidenden Schriftstellers William Styron, eine Reportage über einen bösartigen Schädling oder eine Seuche in North Carolina und eine Betrachtung über die Folgen von zu viel Pflege im Krankheitsfall.
New York Review of Books (USA), 20.12.2007
Mehr als eine Handvoll aktueller Bücher darüber, was der Irakkrieg aus den amerikanischen Soldaten macht, hat Michael Massing gelesen. Es sind Bücher dabei, die von Soldaten selbst geschrieben sind, aber auch die Nahbeobachtung "Generation Kill" des Rolling-Stone-Journalisten Evan Wright, die HBO jetzt zu einer Miniserie verarbeitet: "Wright ist ein scharfer Beobachter und in 'Generation Kill' gelingt ihm der Blick hinter die Kulissen, die sonst so viele Aspekte des Militärlebens verbergen. Hier zum Beispiel seine Beschreibung des ersten Besuchs bei General Nathaniel Ficks Männern: 'Im Zelt stinkt es nach Fürzen, Schweiß und eklig süß nach pilzbefallenen Füßen. Alle laufen in Unterhosen herum und kratzen sich an den Eiern. Überhaupt ist öffentliches Kratzen an den Eiern ganz normal bei den Kampftruppen der Marines, sogar in den Meetings hochrangiger Offiziere. Die Geste ist so übertrieben männlich wie der größte Teil der Umgangssprache unter den Marines auch.' Offiziere und Rekruten gefallen sich in Obsönitäten, verwenden immerzu Ausdrücke wie 'schwul', 'Tunte' und 'Motherfucker'. Die Soldaten streiten sich, erzählen sich schmutzige Geschichten, werfen sich rasssistische Beschimpfungen an den Kopf, lesen Pornozeitschriften und masturbieren."
Und noch mehr Obszönes: John Updike hat die Gustav-Klimt-Ausstellung in New Yorks Neuer Galerie besucht und stellt fest, dass Klimt - insbesondere in seinen Zeichnungen - ebenso wie sein Zeitgenosse Egon Schiele einem Gegenstand Gerechtigkeit widerfahren ließ, an dem auch Updike selbst ein oft demonstriertes Interesse hat: "Gemeinsam haben die beiden Männer der nicht-pornografischen Aktzeichnung die Genitalien wiedergegeben und den Sex in so etwas wie seiner melancholischen Komplexität skizziert."
Und noch mehr Obszönes: John Updike hat die Gustav-Klimt-Ausstellung in New Yorks Neuer Galerie besucht und stellt fest, dass Klimt - insbesondere in seinen Zeichnungen - ebenso wie sein Zeitgenosse Egon Schiele einem Gegenstand Gerechtigkeit widerfahren ließ, an dem auch Updike selbst ein oft demonstriertes Interesse hat: "Gemeinsam haben die beiden Männer der nicht-pornografischen Aktzeichnung die Genitalien wiedergegeben und den Sex in so etwas wie seiner melancholischen Komplexität skizziert."
Economist (UK), 03.12.2007
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Weitere Artikel: An amerikanischen Universitäten ist ein erstaunlicher Bauboom zu beobachten, der sich gesteigertem Wettbewerb aber auch wachsenden Studierendenzahlen verdankt: Aktuellen Berechnungen nach "wurden im Jahr 2006 an amerikanischen Colleges und Universitäten Gebäude im Wert von 15 Milliarden Dollar gebaut - das ist ein erstaunlicher Zuwachs um 206 Prozent seit 1997 - und die Zahlen für dieses Jahr werden in vergleichbarer Höhe liegen."
Besprochen werden unter anderem Katherine Ashenburgs Geschichte der Sauberkeit "The Dirt on Clean", ein Band mit späten Gedichten von John Ashberry, und Paul Hockenos' Joschka-Fischer-Biografie gemeinsam mit dem nun ins Englische übersetzten ersten Band von Fischers Autobiografie, Michael Billingtons Geschichte des britischen Theaters nach 1945 und Julian Schnabels Film "The Diving Bell and the Butterfly".
Foglio (Italien), 01.12.2007
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Weiteres: Ugo Bertone proträtiert das Autobahnraststättenunternehmen Autogrill, das wächst und wächst und gerade Marktführer im Flughafengeschäft geworden ist. Siegmund Ginzberg modernisiert Macchiavelli mit Hilfe von Petrarca und meint hier und hier, dass der heutige starke Mann zwar manchmal auch Steuern erhöhen muss, seinen Sadismus dabei aber nicht öffentlich zeigen sollte.
Nouvel Observateur (Frankreich), 29.11.2007
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Anlässlich des 60. Jahrestags der Uno-Entscheidung für einen Teilungsplan Palästinas zugunsten eines eigenen israelischen Staates analysiert der 1936 in Jerusalem geborene Schriftsteller Avraham B. Yehoshua die Konfliktlinien und macht vier konkrete Vorschläge zu ihrer Lösung, darunter den Rückzug Israels hinter die Grenzen von 1967 und die Demilitarisierung der besetzten Palästinensergebiete.
Europa (Polen), 01.12.2007
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Der letzte Oppositionelle Garri Kasparow richtet im Interview die Aufmerksamkeit auf die Rolle des Auslands: "Der Westen macht riesige Geschäft mit China, viel größere als mit Russland. Aber keiner täuscht deswegen vor, dass China demokratisch sei. Bei Russland ist es leider anders - Demokratie wurde hier zur Verhandlungsmasse." Besonders irritierend sei dabei die Haltung Gerhard Schröders: "Putins Propaganda kann jetzt sagen: Seht her! Sogar den deutschen Kanzler kann man kaufen! Diese ganze Politik ist nur Business!"
Gazeta Wyborcza (Polen), 01.12.2007
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Merkur (Deutschland), 01.12.2007
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Weiteres: Wolfgang Kemp betrachtet - leicht genervt- all die zugesandten Laienschriften, die ihn immer wieder in seiner akademischen Routine durcheinander bringen. Otfrioed Höffe widmet sich den "Pionieren der Modern" Machiavelli, Bacon und Hobbes. Ulrike Ackermann widmet sich der Sehnsicht des Menschen nach Irrationalität.
Nepszabadsag (Ungarn), 01.12.2007
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Der Verhaltensforscher Vilmos Csanyi hält bei der Einführung von Reformen die Kommunikation für besonders wichtig: "Ältere Demokratien verfügen über Stiftungen oder staatliche Institutionen, deren Aufgabe es ist, unabhängig von der Tagespolitik sinnvolle, kohärente Konzepte zu erarbeiten - über die Bildung, das Gesundheitswesen, und so weiter. Diese Konzepte werden in breiter Öffentlichkeit diskutiert und verglichen, und wenn die Regierung irgendwelche Reformen durchführen will, so kann sie auf diese bereits erarbeiteten, eigenständigen Modelle zurückgreifen. Ungarn zählt nicht zu den alten Demokratien, daher sind die Reformen nicht einmal dann durchdacht, wenn über sie abgestimmt wird. Die Kommunikation beschränkt sich auf die Versprechen der Regierung, dass durch die Reformen alles besser und schöner wird, sowie auf die Schwarzmalerei der Opposition."
Espresso (Italien), 30.11.2007
Dass eine Frau in Saudi-Arabien zuerst vergewaltigt und vor kurzem deswegen dann auch noch zu zweihundert Peitschenhieben verurteilt wurde (mehr zu dieser Geschichte), bringt den marokkanischen Schriftsteller Tahar Ben Jelloun in Rage. "Während der Prophet Mohammed, dessen erste Frau zuvor einer Profession nachgegangen war, die viel älter war als er, im Lauf seines Lebens gegenüber Frauen Überlegtheit und Respekt an den Tag legte, beharren viele Muslime heute darauf, sie als minderwertig zu betrachten und sie vor allem zu isolieren. Dieses Verhalten gründet in der Angst, dass die Frau ihrem Ehemann entflieht und ihrem Verlangen nach Freiheit und Emanzipation Raum gibt."
Portfolio (USA), 01.12.2007
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Außerdem im Dezemberheft eine lange Reportage über die Auseinandersetzung zwischen Russland und westlichen Ölfirmen bei der Ausbeutung neuer Ölfelder in Sibirien.
Spectator (UK), 01.12.2007
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Weiteres: Andrey Slivka erzählt, wie das schnelle Geld die Ukraine kaputt macht. Und in seinem Tagebuch kürt Simon Sebag Montefiore Michael Wuliger zu seinem favorisierten Interviewer in Berlin, wo er seine Biografie des "Jungen Stalin". Besonders Wuligers "koscherer Knigge" hat es ihm angetan, dessen neuntes Gebot er zitiert: "Wenn Sie an tief verwurzelten Schuldgefühlen leiden, weil ihr Großonkel Gottfried in der Waffen-SS war, erwarten sie nicht von einem Juden fasziniert zu sein..."
Elet es Irodalom (Ungarn), 30.11.2007
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Guardian (UK), 01.12.2007
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Besprochen werden unter anderem eine von Richard Ford herausgegebene Kurzgeschichtensammlung, James Lee Burkes Hurricane-Katrina-Krimi "The Tin Roof Blowdown" und Jenny Erpenbecks jetzt in englischer Sprache erschienener kurzer Roman "The Book of Words".
New York Times (USA), 02.12.2007
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In der Book Review werden "Holiday Books" und die "zehn besten Bücher des Jahres" vorgestellt.