Magazinrundschau
Wie eine Tulpe in der Wüste
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag ab 10 Uhr.
01.05.2012. Fast Company begutachtet das gemeinsame gute Werk eines verteilten Spekulanten und eines Jesuitenpaters. In Al Ahram sieht Youssef Rakha, wie die ägyptische Revolution verraten wird. In Eurozine debattieren Timothy Garton Ash, Jeremy Waldron und Kenan Malik über Redefreiheit. Der New Yorker lernt, wie man ein Iphone hypnotisiert. In Vanity Fair erzählt Jeff Daniels, warum Schauspieler auf Zack sein müssen, wenn sie Sorkin spielen. New Republic beschäftigt sich mit den vier Göttinnen der Billboard Charts. Im Merkur erklärt Beate Rössler: Junge Frauen, es gibt keine Gleichberechtigung. In Elet es Irodalom debattieren Claudio Magris und Peter Esterhazy über Provinzialität und Weltbürgertum. Die NYT sucht afghanische Dichterinnen.
Fast Company | Elet es Irodalom | Wired | Polityka | New York Times | Eurozine | New Yorker | Vanity Fair | Al Ahram Weekly | n+1 | New Republic | Merkur | Rolling Stone
Fast Company (USA), 01.05.2012
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q288/A34190/fast.jpg)
Außerdem: Der Journalist Brent Schlender erinnert sich an Steve Jobs, den er sehr lange sehr gut kannte.
Eurozine (Österreich), 30.04.2012
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q196/A34193/eurozine.jpg)
Garton Ashs New Yorker Kollege, der Rechtstheoretiker Jeremy Waldron, pocht in seiner Antwort dagegen auf ein Verbot von Hate Speech: "Das Auffälligste an Timothys Kommentar ist, dass er in keinerlei substanziellen Weise den Schaden berücksichtigt, den Hate Speech bei denen anrichtet, die ihre Zielscheibe werden. Die Botschaft, die ein hasserfülltes Pamphlet oder Poster befördert, das jemanden aufgrund seiner Hautfarbe, Religion, Sexualität oder Ethnie angreift, ist ungefähr folgende: Glaub bloß nicht, dass Du hier willkommen bist. Die Gesellschaft um dich herum mag gastfreundlich und nicht diskriminierend erscheinen, doch die Wahrheit ist, dass du hier nicht erwünscht bist, du und deine Familie. Ihr werdet gemieden, ausgeschlossen, geschlagen und vertrieben werden, wann immer wir damit davon kommen. Vielleicht halten wir den Ball im Moment flach. Aber mach es dir nicht bequem. Denk dran, was mit dir und deinesgleichen früher geschehen ist. Fürchte dich."
Kenan Malik dagegen findet in einer ganz neuen Replik die Gesetze gegen Hate Speech viel zu inkonsistent. Die Briten verbieten "beleidigende und bedrohliche" Äußerungen, Dänemark und Kanada "beleidigende und herabsetzende". Israel und Indien verbieten Reden, die religiöse Gefühhle verletzen. "Nun könnte man sagen: Definieren wir also Hate Speech genauer. Aber ich glaube, das Problem sitzt tiefer. Die Gesetze gegen Hate Speech dienen weniger dazu, mit Intoleranz fertig zu werden, als vielmehr hässliche Ideen oder Argumente als unmoralisch zu brandmarken. Es ist ein Weg, bestimmte Ideen illegitim zu machen, ohne sie politisch bekämpfen zu müssen."
New Yorker (USA), 07.05.2012
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Weiteres: James Wood bespricht die historischen Romane "Bring Up the Bodies" und "Wolf Hall" von Hilary Mantel, die um Thomas Cromwell und die Tudors kreisen. Und Emily Nussbaum stellt die erfolgreiche Fantasy-Fernsehserie "Game of Thrones" vor. Aus dem letzten Heft online gestellt ist die Reportage von Ken Auletta über das nahtlose Zusammenspiel von Silicon Valley und Stanford, auch die "get rich u." genannt.
Vanity Fair (USA), 01.05.2012
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Al Ahram Weekly (Ägypten), 25.04.2012
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n+1 (USA), 01.05.2012
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New Republic (USA), 10.05.2012
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/fliess/B2/Q27/A34196/newrepublic.jpg)
Wenn man Judy Garland bei diesem Auftritt in den frühen Sechzigern sieht, versteht man, was Hajdu meint:
Außerdem: Eric Trager stellt den Muslimbruder Mohammed Morsi vor, der Ägyptens nächster Präsident werden könnte. Richard J. Evans bespricht lobend David Stahels Militärgeschichtsbuch "Kiev 1941: Hitler's Battle for Supramcy in the Middle East". Und Matthew Kaminski bespricht Lawrence Scott Sheets Reportagebuch über den Zusammenbruch der Sowjetunion, "Eight Pieces of Empire: A Twenty Year Journey Through the Soviet Collapse".
Merkur (Deutschland), 01.05.2012
In einem fundierten Beitrag trägt Beatle Rössler, Professorin für praktische Philosophie in Amsterdam, die moralischen, statistischen und rechtlichen Argumente für die Frauenquote zusammen. Dass trotz der aus ihrer Sicht eindeutigen Benachteiligung von Frauen viele jüngere Frauen (wie Familienministerin Kristina Schröder) die Quote ablehnen, führt Rössler auf "das Selbstmissverständnis" einer Generation von Frauen zurück, die in der Illusion von Gleichberechtigung aufgewachsen sei. Tatsächlich ist die Diskriminierung allgegenwärtig, wie auch Rössler erst kürzlich wieder feststellen musste: "Während ich Material sammle, Aufsätze und Statistiken lese, im Internet nach neueren europäischen Rechtsentwicklungen zum Thema Quotierung suche, fällt mir der neue Merkur in die Hände, vom Februar 2012. Die Autoren: nur Männer. Das ist natürlich nicht sonderlich komisch. Ist es Zufall, wenn in Zeitschriften mit sehr allgemeiner Thematik ('Deutsche Zeitschrift für europäisches Denken') nur männliche Autoren schreiben?"
Der Soziologe Stefan Schulz überlegt, ob die Piratenpartei ihre politischen Ziele nicht eher erreichen könnte, wenn sie hierarchisch wie eine klassische Partei aufgebaut wäre: "Für Mitglieder der Piratenpartei liest sich das wie ein Kulturverrat. Ist es doch gerade Offenheit und Zugänglichkeit für jedermann, was die Partei ausmacht und von allen anderen Parteien unterscheidet. Doch müssen sich die Mitglieder der Partei entscheiden, ob sie ihre Themen basisdemokratisch innerhalb der Parteiorganisation oder machtpolitisch in der Gesellschaft diskutieren wollen. Das Letztere erfordert Strategie und Planung, also die bewusste Limitierung, den Verzicht auf Potentiale und die arbeitsteilige Bündelung von Engagement zugunsten weniger, aber zielsicherer Aktionen. Die Piratenpartei müsste ihre rationalen und technologiegestützten Prinzipien der Wissensakkumulation und Mehrheitenmathematik aufweichen und dafür das Spiel der Massenmediendemokratie mitspielen."
In der Internetkolumne kritisiert Kathrin Passig die Berichterstattung über die Selftracking-Plattform quantifiedself.org, bietet einen kurzen Abriss der empirischen Selbstbeobachtung und stellt fest, dass es die verschiedensten Gründe gibt, sein Freizeitverhalten statistisch auszuwerten: "Letztlich ist es ein aufklärerischer Gedanke: Habe Mut, dich deiner eigenen Daten zu bedienen."
Der Soziologe Stefan Schulz überlegt, ob die Piratenpartei ihre politischen Ziele nicht eher erreichen könnte, wenn sie hierarchisch wie eine klassische Partei aufgebaut wäre: "Für Mitglieder der Piratenpartei liest sich das wie ein Kulturverrat. Ist es doch gerade Offenheit und Zugänglichkeit für jedermann, was die Partei ausmacht und von allen anderen Parteien unterscheidet. Doch müssen sich die Mitglieder der Partei entscheiden, ob sie ihre Themen basisdemokratisch innerhalb der Parteiorganisation oder machtpolitisch in der Gesellschaft diskutieren wollen. Das Letztere erfordert Strategie und Planung, also die bewusste Limitierung, den Verzicht auf Potentiale und die arbeitsteilige Bündelung von Engagement zugunsten weniger, aber zielsicherer Aktionen. Die Piratenpartei müsste ihre rationalen und technologiegestützten Prinzipien der Wissensakkumulation und Mehrheitenmathematik aufweichen und dafür das Spiel der Massenmediendemokratie mitspielen."
In der Internetkolumne kritisiert Kathrin Passig die Berichterstattung über die Selftracking-Plattform quantifiedself.org, bietet einen kurzen Abriss der empirischen Selbstbeobachtung und stellt fest, dass es die verschiedensten Gründe gibt, sein Freizeitverhalten statistisch auszuwerten: "Letztlich ist es ein aufklärerischer Gedanke: Habe Mut, dich deiner eigenen Daten zu bedienen."
Rolling Stone (USA), 01.05.2012
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Außerdem in der aktuellen Ausgabe: Jann S. Wenner unterhält sich ausführlich mit Barack Obama über vier Jahre Präsidentschaft im Rückblick und die kommende Wahlkampfkampagne.
Elet es Irodalom (Ungarn), 27.04.2012
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In einem anderen Teil des Gesprächs erwähnt Magris den Protest gegen sein erstes Buch ("Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur") in Österreich, weil er sich darin gegen die Nostalgie gewandt habe, und er erinnert an Joseph Roth, der seine Liebe zum Habsburger Reich und zu Österreich mit seiner früheren Rebellion gegen Franz Joseph I. rechtfertigte: "Dies ist die Treue, die aus der Rebellion entsteht. Ohne Revolte ist jede Treue falsch, und die Nostalgie ist überhaupt und in jeder Hinsicht immer das Falscheste. Mein Freund, der Dichter Biagio Marin hat einmal gesagt, dass die Vergangenheit nicht existiere. Es gibt entweder nur Fakten, die einst eine Funktion hatten, nun aber nicht mehr - mein vor zehn Jahren gültiger Reisepass beispielsweise hat keinen Sinn mehr. Oder es gibt Werte, Gefühle, Menschen, die schlichtweg existieren. Sie sind nicht Objekte der Nostalgie, man kann sie lieben oder hassen, sie sind aber nicht Teil der Nostalgie, des Zurücksehnens. Jeder Mensch, den wir einst geliebt hatten, ist präsent. Shakespeare ist ein Dichter, sagen wir, und nicht, dass er ein Dichter war. Nostalgie ist Fälschung, falsch gegenüber Gefühlen und Menschen. Und auch gegenüber der Geschichte, die sie beschönigt."
Wired (USA), 24.04.2012
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Weiteres: Den Start der neuen Interviewreihe "Wired Icons" macht ein ausführliches Gespräch mit Marc Andreessen, der vor knapp 20 Jahren mit Mosaic den ersten grafikfähigen Browser programmiert hat, eine "Innovation, die vielleicht mehr als alles andere dafür verantwortlich ist, dass sich das Internet popularisierte". Seth Stevenson berichtet, welche Konsequenzen die Klout-Angaben haben, die anhand von Social-Media-Profilen den Einfluss von Menschen quantifizieren. Thomas Goetz gibt Tipps, wie sich zukünftige Entwicklungen frühzeitig abschätzen lassen. Dazu befragt Joana Pearlstein Leute aus der IT-Branche nach deren Methoden, darunter sehr sympathisch WWW-Pionier Tim O'Reilly: "Der Mythos der Innovation lautet, dass an ihrem Anfang immer ein Unternehmer steht, tatsächlich ist es aber so, dass am Anfang immer Leute stehen, die Spaß haben."
Polityka (Polen), 30.04.2012
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New York Times (USA), 29.04.2012
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Außerdem im NYT Magazine: In den USA werden immer mehr Gesetze erlassen, die schwangere Frauen kriminalisieren, die durch ihre Lebensgewohnheiten ihren Fötus gefährden, berichtet Ada Calhoun. Pat Jordan porträtiert den Schauspieler Samuel L. Jackson. Zachary Woolfe stellt den Komponisten Gabriel Kahane vor, der klassische Musik, aber auch Pop komponiert (und das bitte nicht durcheinandergebracht haben möchte.)
Auf den Technologie-Seiten berichten Charles Duhigg und David Kocieniewski über die miese Steuermoral amerikanischer Internetgiganten wie Google, Apple, Microsoft, Yahoo oder Dell. Besonders hervorgetan hat sich auf diesem Gebiet Apple, das eine Technik erfunden hat, die als "Double Irish With a Dutch Sandwich" berühmt wurde und mit der man Steuern reduzieren kann, indem man Profite über Irland, die Niederlande und dann in die Karibik verschiebt. "Im letzten Jahr hat Apple auf der ganzen Welt insgesamt 3,3 Milliarden Dollar Steuern auf Profite von 34,2 Milliarden Dollar bezahlt. Das ist eine Steuerquote von 9,8 Prozent ... Zum Vergleich: Wal Mart zahlte letztes Jahr weltweit 5,9 Milliarden Steuern auf Profite von 24,4 Milliarden Dollar. Das ist eine Steuerquote von 24 Prozent, ungefähr der Durchschnitt für eine Nicht-Technologie-Firma."
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