Magazinrundschau
Urbane Melancholie
Ein Blick in internationale Magazine. Jeden Dienstag Mittag
31.10.2017. The Atlantic bereist den Rust Belt und wird immer ratloser. Martin Amis hat in Esquire nichts als Verachtung für die Trump-Wähler in Ohio. Salon warnt: Am Reich des Nicht-Realen haben wir alle mitgebaut. In HVG denkt Gabor Nemeth über politisch korrekte Sprache nach. Lapham's Quarterly trauert um den Verlust der jesidischen Kultur. Im Merkur besingt Karl Schlögel die Schönheit Petersburgs. In Pitchfork feiert Simon Reynolds die Dance Music von Burial.
The Atlantic | Pitchfork | Magyar Narancs | New York Times | Esquire | Salon.com | HVG | Lapham's Quarterly | Merkur | New Yorker | Eurozine | London Review of Books
The Atlantic (USA), 23.10.2017
Molly Ball tourte für The Atlantic zusammen mit dem Mitte-links-Think-Tank "Third Way" durch die Staaten, um herauszufinden, was 2016 schiefgelaufen ist. Die Wahrheit ist bitter: "Dem Trip lag eine optimistische Vorstellung zugrunde: Wenn die Leute im Land einander zuhören würden, würden sie erkennen, was sie eint, nicht, was sie trennt - die Idee von einem allen gemeinsamen dritten Weg unter der Oberfläche der Polaritäten. Die Idee wiederum basiert auf der Vorstellung, dass Parteilichkeit schlecht und Konsens gut ist und dass die meisten Amerikaner sich gern in der Mitte treffen würden. Doch diese Annahmen sind nicht unstrittig. Und nach drei Tagen Safari durch die Flyover-Staaten, klangen den Forschern die Ohren vor verstörenden Aussagen und Ansichten, die ihren Glauben im Kern erschütterten … Auf unserer Tour in West-Wisconsin trafen wir einen Farmer, der meinte, er wüsste genau, was falsch sei mit Amerika: seine Mitbürger. 'Schau dir die ganzen Parasiten an, die sich an der Bürokratie rundfressen wie Blutegel', meinte er. Wir waren eben erst angekommen und schon stießen wir bei unserer Suche nach gegenseitigem Verstehen an Grenzen. Einige ältere weiße Männer identifizierten andere Schuldige: Es gebe genug Jobs, die jungen Leute heute seien nur zu faul oder drogenabhängig, hieß es. Solche Schuldzuweisungen kristallisierten sich in den weiteren Befragungen als ein Muster heraus. Verachtung für die Jungen war eine Konstante über alle demografischen, soziökonomischen und generationellen Grenzen hinweg. Sogar die Jungen beschwerten sich über ihresgleichen. Andere gaben Veränderungen in der Gesellschaft und in der Familie die Schuld. Ein technischer Lehrer in Chippewa Falls zog in Zweifel, ob Frauen überhaupt ein Platz in der Arbeitswelt zukäme."
Esquire (USA), 23.10.2017
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Salon.com (USA), 28.10.2017
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HVG (Ungarn), 28.10.2017
![](https://www.perlentaucher.de/cdata/B2/Q111/A63524/hvg.jpg)
Lapham's Quarterly (USA), 30.10.2017
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Merkur (Deutschland), 30.10.2017
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Weiteres: Matthias Dell rekapituliert in seiner Medienkolumne den NSU-Prozess, bei dem ihn die kühle Arroganz der Bundesanwaltschaft gegenüber den Opfervertretern so abstößt wie ihn dann allerdings der Auftritt von Volker Bouffier "ästhetisch begeistert".
New Yorker (USA), 06.11.2017
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Außerdem: Kathryn Schulz macht sich Gedanken über Wahrscheinlichkeitsrelationen im Bereich des Unwahrscheinlichen. Nicola Twilley staunt über eine neue Schlankheitspille. Keith Gessen liest neue Bücher über Stalin. Anthony Lane sah im Kino George Clooneys "Suburbicon". Und Anne Enright liefert eine Kurzgeschichte: "The Hotel".
Eurozine (Österreich), 27.10.2017
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London Review of Books (UK), 02.11.2017
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Deborah Friedell rekonstruiert mit Damion Searls 'The Inkblots" die Geschichte des Rorschach Test, der ja immer wieder die dollsten Ergebnisse präsentiert: Uneingestandene Homosexualität erkennt er genauso wie die labile Psyche einer menstruierenden Frau, Kinderschänder und Massenmörder. Auffällig findet Friedell: "Die Geschichten, wie der Rorschach Test die Wahrheit ans Licht bringt, beziehen sich fast ausnahmslos auf gestörte Menschen, sehr selten jedoch auf gesunde Menschen, die durch den Test entlastet werden. Das hat seinen Grund: In den achtziger Jahren fand eine Gruppe von Psychologen heraus, dass der Test bei 80 Prozent ganz normaler Menschen Depressionen oder schwere charakterliche Probleme diagnostizierte. Eine andere Studie: Als der Rorschach Test Pilotenschülern und eingewiesenen Psychiatrie-Patienten gegeben wurde, konnten die Ergebnisse keinen Unterschied zwischen den beiden Gruppen machen."
Pitchfork (USA), 30.10.2017
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Magyar Narancs (Ungarn), 16.10.2017
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New York Times (USA), 25.10.2017
Die islamistische Terrorgruppe Boko Haram benutzt für Selbstmordattentate hauptsächlich junge Mädchen, Kinder oft noch, erfährt Dionne Searcey im Gespräch mit einigen Überlebenden, die den Mut fanden, sich Passanten oder Soldaten zu offenbaren. Die Leute fürchten sich inzwischen vor Mädchen, dabei werden diese in der Regel zu den Attentaten gezwungen. "Aus Angst, versehentlich erschossen zu werden, hocken sich viele Frauen vor den Checkpoints hin, in der Hoffnung, die nervösen Sodaten und zivile Miliz davon zu überzeugen, dass sie keine Sprengstoffgürtel oder -westen tragen. Um Misstrauen zu vermeiden, so erklären einige Frauen, würden sie sorgfältig darauf achten, stets frisch gewaschen zu sein und saubere Kleidung zu tragen. Denn viele der Mädchen, die für Attentate benutzt werden, leben unter harten Bedingungen im Busch und seien schmutzig und verhärmt. Eine Einwohnerin von Maiduguri, Fatima Seidu, 45, sagt, wenn sie Mädchen auf der Straße sehe, wechsle sie die Straßenseite."
Weitere Artikel: Kein sehr schönes Bild des italienischen Feminismus zeichnet Guia Soncini: Nachdem die italienische Schauspielerin Asia Argento bekannt hatte, von Harvey Weinstein vergewaltigt worden zu sein, wurde sie in ihrer Heimat so schlimm attackiert, dass sie erwägt wegzuziehen. Die schlimmsten Attacken jedoch, so Soncini, wurden nicht von Männern in Zeitungen, sondern von Frauen in den sozialen Medien gepostet. In Myanmar benutzen Regierungsmitglieder und nationalistische Mönche Facebook, um den Hass gegen die Rohingyas zu schüren, berichten Megan Specia und Paul Mozur.
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