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Die Linke an der Regierung": Der erstaunlichen Tatsache, dass mittlerweile in fast allen Ländern Lateinamerikas linke oder linksliberale Parteien die Regierung bilden oder kurz vor der Machtübernahme stehen, ist die jetzt freigeschaltete letzte Nummer der in Venezuela von der Friedrich Ebert Stiftung mit herausgegebenen Zeitschrift
Nueva Sociedad gewidmet. Von einer "historischen Tendenz, einem tief greifenden Wandel in der politischen Verfassung des Kontinents"
spricht der Wirtschaftswissenschaftler und Politiker
Teodoro Petkoff, der zugleich zwei durchaus unterschiedliche Gruppen linker Parteien unterscheidet:
Pragmatisch operierende Organisationen in Ländern wie Brasilien, Argentinien oder Uruguay, die die Erfahrung von Militärdiktatur und brutaler Repression verarbeitet haben, neben
dogmatisch-populistischen Bewegungen wie dem "
Bolivarianismo" des venezolanischen Präsidenten Chavez oder dem "
paläorevolutionären" Regime Kubas. Möglich wurde die neue
linke Vielfalt ironischerweise durch das Verschwinden der Sowjetunion: "Die nordamerikanischen
policy makers sahen in lateinamerikanischen Linksregierungen keine Bedrohung ihrer globalstrategischen Interessen mehr. Der Rivale, der sie zu seinen Gunsten hätte instrumentalisieren können, war verschwunden."
Dietmar Dirmoser, der Herausgeber der Zeitschrift,
sieht dagegen viele Länder in Gefahr, sich in "
Demokratien ohne Demokraten" zu verwandeln: "Vielerorts ist der Ruf nach autokratischen Haurucklösungen zu vernehmen. Die hochgelobte 'Belastbarkeit und Krisenresistenz' der lateinamerikanischen Demokratien hat nicht sehr lange vorgehalten: Die Demokratie in Lateinamerika ist angeschlagen, ihre zentralen Institutionen sind
ausgehöhlt und taugen oft nur noch als Fassade." (Dirmosers Beitrag
hier auch auf deutsch nachzulesen.)