Heute in den Feuilletons

Die kommentierte Kulturpresseschau. Wochentags um 9 Uhr, sonnabends um 10 Uhr.

Sprung ins Absurde

24.12.2013. Die NZZ beschreibt, wie aus dem Gesinnungsterror von einst ein Verhaltensterror geworden ist. Die FAZ erkundet die Pläne Nadeschda Tolokonnikowas und Maria Aljochinas, die auch nach ihrer Amnestierung nicht brav werden. Die taz macht Schluss mit der Kritik am Konsum. Der Standard erinnert mit Kurt Flasch pünktlich daran, dass auch Christen kaum glauben, was sie glauben zu glauben. Der Perlentaucher aber glaubt an den Weihnachtsmann und wünscht all seinen Lesern freudige Feiertage!

Wasser und Mehl, Dreck und Goldpapier

23.12.2013. Die taz findet, dass die Aufnahme Michail Chodorkowskis in Deutschland ein Vorbild für die Aufnahme Edward Snowdens sein sollte. Die NZZ teil Georg Büchners weihnachtliche Empfindungen. Die stets aufs Hippe scharfe SZ spürt den Puls der Zeit ausgerechnet in Berlin: in Form des kapitalismuskritischen Akzelerationismus. Außerdem: eine recht rockige Interpretation von Bachs Brandenburgischem Konzert Nr. 2.

Da steht ein vollkommen hoffmannsches Haus

21.12.2013. Die EU könnte sich das Parlament des Habsburger Reichs zum Vorbild nehmen, empfiehlt Timothy Snyder in der NZZ. In der Abendzeitung vergießt Joseph von Westphalen Tränen der Entscheidungsschwäche. Die taz hält Rückschau auf die Verblichenen der letzten zwölf Monate. Die SZ stößt bei einer Reportage über die Porno-Abmahnwelle auf mauernde Anwälte und Schweizer Briefkastenfirmen. In der FAZ erinnert Olga Martynova an Ossip Mandelstams Studienzeit in der Puppenstadt Heidelberg.

Etwas grobmotorisch

20.12.2013. Während Pussy Riot und Michail Chodorkowski auf Wink des Zaren amnestiert werden, werfen taz und SZ einen Blick auf die eher missliche Stimmungslage in Russland. Die Welt erlebte einen Super-GAU mit Waleri Gergijew. Der Guardian wirft einen ersten Blick auf das Projekt First Look Media, das von Pierre Omidyar finanziert und von Glenn Greenwald geleitet wird. Die FAZ erklärt, warum die Italiener mit Mistgabeln protestieren. Im Perlentaucher erschallt der Gesang der Tagtigall.

Retter der Leere

19.12.2013. Die NZZ sucht im Kopenhagener Louisiana-Museum nach einer Idee vom Norden und lässt sich dabei auch von Glenn Gould inspirieren. Die Welt sieht Abdellatif Kechiches Film "Blau ist eine warme Farbe" als Gegenentwurf zu Hollywood. Der Jurist David Cole kommt im NYRBlog zum Ergebnis, dass die NSA illegal operiert. In der Zeit fragt Clemens J. Setz, wie ein Gebärdendolmetscher gestikuliert, wenn er nichts sagt.

Diese allzu tapferen Krieger

18.12.2013. Die NZZ sucht in Ägypten vergeblich nach Neutralität. Die neue Bundesregierung will die NSA-Affäre aussitzen, ahnt Heise.de. Das Blog des Merkur startet eine Lektüre der Goncourt-Tagebücher. Die FAZ feiert Abellatif Kechiches Film "Blau ist eine warme Farbe" als Studie übers Erwachsenwerden. Außerdem prangert sie die Umtriebe der Islamisten in Syrien an. Das französische Filmgeschäft ist eine dynastische Angelegenheit, findet die Welt heraus. Die FR interviewt Hans-Ulrich Wehler zum Ersten Weltkrieg. In der SZ überreicht Fritz J. Raddatz seinem Kollegen Joachim Kaiser ein Blumensträußchen.

Das leicht Scheinende

17.12.2013. Die SZ protestiert gegen den Abriss der Esso-Häuser in Hamburg. Außerdem kann sie atheistischen Ägyptern nicht empfehlen, sich zu ihrem Nicht-Glauben zu bekennen. Die FAZ stellt schon mal eine to-do-Liste für Monika Grütters auf. Laut taz entlastet Franz Walter die Grünen weithin vom Pädophilie-Vorwurf, wenn auch nicht so ganz und gar. Die Welt befürwortet das Misstrauen gegenüber dem Bürger allenfalls im Namen der Freiheit. Der Guardian zitiert einen erfreuten Edward Snowden zum Statement eines amerikanischen Richters, der die NSA-Aktivitäten wohl als illegal verurteilen wird.

Schwer sentimentales Moll

16.12.2013. Die Berliner Zeitung hofft, dass die neue Staatsministerin für Kultur, Monika Grütters, verstanden hat, dass es das Internet gibt. Welches Ministerium ist nun eigentlich fürs Netz zuständig, fragt Netzpolitik. Die NZZ sucht in Bagdad nach neuem politischem Theater und findet es in Gestalt des Regisseurs Anas Abdul Samad. Die Welt untersucht Moritz von Oswalds Technomusik im Lichte von Jazz, Klassik und Krautrock. Ein Jahr nach dem Beschneidungsgesetz rufen einige Ärzteorganisationen laut Ärztezeitung zu seiner Revision auf. Außerdem: Peter O'Toole als unvergesslicher singender Don Quixote.

Kann man sich vor Maschinen schämen?

14.12.2013. In der FAZ fordert der Grünen-Europaabgeordnete Jan Philipp Albrecht einen digitalen New Deal, um die Macht des Silicon Valley zu brechen. Die taz mischt sich unter Cyborgs und Transhumanisten. In der Welt berichten ukrainische Schriftsteller vom Kampf um Europa in Kiew. Die NZZ zeichnet Aufstieg und Niedergang der Pressefotografie nach. Und die SZ erklärt das Jahr 2013 zum Cheeseburger unter den Jahren.

Kometenhaft aggressive Formgebärde

13.12.2013. In irights.info und FAZ führen Sascha Lobo und Constanze Kurz durchs Jahr der Spähkatastrophe. Die taz feiert Heino, der 75 wird, und Christian Semler, der 75 würde, und die informationelle Selbstbestimmung, die es sicher nicht wird. Der Tagesspiegel geißelt die Pampig- und Piefigkeit der Stadt Berlin gegenüber Sasha Waltz. Die Welt sieht die große Karl-Otto-Götz-Retro in der Nationalgalerie auch als Rehabilitation der deutschen Nachkriegs-Abstraktion. Die New York Times verliebt sich in die "Unbelievers". Und die NZZ stellt fest: Drei Viertel aller Briten beherrschen keine Fremdsprache mehr. Aber nun lernen sie Mandarin.