Die Buchmacher

Die Buchmacher

Ein Blick in die Branchenblätter der Buch- und Verlagswelt. Jeden Montag ab 12 Uhr.
16.01.2006. In dieser Woche: Wie der Streit zwischen Verlegern und Übersetzern weitergeht. Und warum die klassische Vertreterreise ein Auslaufmodell ist. Von Sandra Evertz

Börsenblatt

Der Streit um die Vergütungsregeln für Übersetzer ist völlig aus dem Ruder gelaufen. So formuliert es Joachim Unseld, FVA-Chef und Vorsitzender der AG Publikumsverlage im Börsenverein. Neun unterschiedliche Urteile seien bislang in München und Berlin gefällt worden, im Februar wolle das Landgericht Hamburg in drei weiteren Fällen entscheiden, fasst das Börsenblatt die aktuelle Sachlage zusammen. Die Publikumsverleger und Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang befürchten, dass die Richtersprüche letztlich Übersetzungen aus der literarischen Landschaft verdrängen werden. Dagegen wollen sie mit einer gemeinsamen Resolution vorgehen.

Die deutschen Verlage registrieren ein zunehmendes Interesse des englischsprachigen Auslands an junger deutscher Literatur. Von einer "Trendwende" möchten sie aber noch nicht sprechen, ergab der Rundruf des Börsenblatts.

In der Schweiz mischt der erfolgreichste deutsche Buchhändler, Thalia, zwar ganz oben mit, hat aber die Konkurrenz noch nicht vollständig verdrängen können. Orell Füssli führt bei den Eidgenossen mit 73 Millionen Euro Umsatz die "Top 3" der Buchhandelsketten an, gefolgt von eben Thalia (63 Millionen Euro) und Ex Libris (rund 40 Millionen Euro).

Die Geschäftsidee vieler Bibliotheken, Bestseller gegen Gebühr auszuleihen, stößt den Buchmachern übel auf. Es handle sich um ein wirtschaftliches Entgelt, erklärte der auf Urheberrecht spezialisierte Jurist Gernot Schulze dem Börsenblatt. Das Recht auf Vermietung hätten die Bibliotheken aber bei den Verlagen und Urhebern nicht eingeholt. Auch die Benutzer ärgern sich. Finanzieren sie die Bibliotheken nicht schon mit ihren Steuern?

Der Kulturauftrag wird vom Fernsehen, insbesondere von ARD und ZDF, sträflich vernachlässigt. Das findet "Lesen!"-Moderatorin Elke Heidenreich, die im Börsenblatt-Interview die Abschiebung der Kultur auf die so genannten Kultursender Arte und 3sat anprangert. Heidenreich wünscht sich literaturkritische Sendungen a la "Literarisches Quartett". In "Lesen!" werde ja nur empfohlen, keine Kritik betrieben.

Der britische Verlegerverband Publishers Association braucht Spenden. Nur mit finanzieller Unterstützung kann er sich ein zweites Beschwerdeverfahren, welches die Übernahme des Filialisten Ottakar's durch Konkurrent Waterstone's verhindern soll, leisten. Das erste Verfahren vor der Kartellaufsicht hat den Verband knapp 100.000 Pfund für Berater- und Anwaltshonorare gekostet. Und diesmal wird's noch teurer, weiß das Börsenblatt.

Das Münchener Medienunternehmen Foreign Media Group Germany hat, wie zur Buchmesse angekündigt, seine ersten Bücher auf den deutschen Markt gebracht: fünf Kinderbücher und einen Thriller. Die Bücher erscheinen unter der Marke Pimento. Wie das Programm in 2006 weiterentwickelt wird, steht noch nicht fest, schreibt das Börsenblatt. Das Amsterdamer Mutterhaus Foreign Media Group beschäftigt 130 Mitarbeiter und hatte sich für 2005 ein Nettoumsatzziel von 80 Millionen Euro vorgenommen.

Schröder sei dank? Der Schweizer Ringier-Verlag hat Interesse an der Übernahme des Berliner Kulturmagazins "Monopol" angemeldet. Gesellschafter und Herausgeber sind Florian Illies und Amelie von Heydebreck. Vergangenes Jahr waren Gespräche mit dem Spiegel-Verlag über eine Beteiligung an "Monopol" geplatzt.

Meldungen: HDS Retail konnte sich im Wettbewerb um die Buchhandelsflächen im neuen Berliner Hauptbahnhof durchsetzen, ab Ende Mai versorgt der Hachette-Ableger die dort täglich erwarteten 300.000 Reisenden und Konsumenten. Im Heinrich Heine-Jubiläumsjahr 2006 (150. Todestag am 17. Februar) hebt die Stadt Düsseldorf die Dotierung für den Heine-Literaturpreis von 25.000 Euro auf 50.000 Euro an. Um den Deutschen Hörbuchpreis konkurrieren 33 Hörbücher in fünf Kategorien, die Auszeichnung des WDR wird am 12. März bei der LitCologne verliehen.
Archiv: Börsenblatt

buchreport.express

Die klassische Vertreterreise, mit denen einst der gesamte Buchhandel erreicht wurde, ist ein Auslaufmodell: Die Buchfilialisten haben unterschiedliche Systeme entwickelt, wie ihre Zentralen und Filialen informiert werden sollen, mittlere und kleine Buchhandlungen wollen aus Zeitgründen keine Vertreter mehr empfangen und umgekehrt lohnt sich der Buchhandelsbesuch vieler auf Provision arbeitender Vertreter nicht mehr, weil oft nur noch kleine Stückzahlen bestellt werden. "An die Stelle der Vertreterbesuche tritt ein differenziertes Bestellwesen", resümiert buchreport und folgert Schwierigkeiten für die Verlage: "Sie verlieren den direkten Kontakt zu ihren Kunden und können aus den Erstbestellungen kaum noch Schlüsse ziehen."

Auch die Verlagsvorschauen (zurzeit auf dem Postweg in die Buchhandlungen und Redaktionen) sind nicht mehr zeitgemäß. 70 Prozent der von buchreport befragten Buchhändler gaben an, dass sie die dicken Broschüren "bestenfalls durchblättern", 15 Prozent sagten, dass sie die Vorschauen "ungelesen zur Seite legen". Alternativen in der Darstellung der Neuerscheinungen - etwa in elektronischer Form und nicht in einem 100 Seiten Hochglanzprospekt - würden 96 Prozent der Befragten begrüßen. Davon ist jedoch nicht auszugehen: Für die Verlage sind die Vorschauen wichtige Prestigeträger.

"Große Namen, Hochspannung und scharf kalkulierte Preise". Für buchreport sind das "drei der wichtigsten Merkmale, mit denen sich das Frühjahrsprogramm der deutschsprachigen Publikumsverlage charakterisieren lässt". Normalerweise werden die Bücher von Top-Autoren erst in der zweiten Jahreshälfte (zum Weihnachtsgeschäft) veröffentlicht, deshalb wundert sich das Branchenmagazin über die Sicherheit, die die Verlage anscheinend beim "neuen Walser" und beim "neuen Schlink" verspüren. Jede dritte Novität sei mehr oder weniger eindeutig in die Kategorie "Krimi & Co." einzuordnen. Die Zahl der deutschen Autoren bleibe gegenüber Übersetzungen konstant. Und: Bei der Kalkulation hätten sich die Verlage nur in Einzelfällen über die 20-Euro-Schwelle hinaus gewagt.

Sony und Google rüsten sich fürs Download-Geschäft. Während der Elektronik-Konzern im zweiten Versuch mit einem E-Book Erfolg haben will, meldet die weltweit meistgenutzte Suchmaschine einen Webshop für Videos an. buchreport traut wohl eher der Durchsetzungskraft und Innovationsfähigkeit von Google und schreibt, dass die Ankündigung zeige, dass elektronische Bücher und sonstige Textinhalte auf absehbare Zeit nur eine untergeordnete Rolle im Download-Geschäft spielen würden.

Personalien: Nicola Heinrichs, Prokuristin des Kinderbuchverlags Lappan, ist seit 1. Januar neben ihren bisherigen Schwerpunkten Programm und Werbung für die Verlagsleitung verantwortlich. 86 der 270 Mitarbeiter der Lübbe-Verlagsgruppe müssen ihren Arbeitsplatz räumen, diese Woche will die Geschäftsleitung eine Vorschlagsliste der zu kündigenden Angestellten vorlegen.

Meldungen: Piper baut seine Taschenbuchreihe "Boulevard" aus, unter dem Label sollen künftig auch Originalausgaben und deutsche Erstausgaben zu Preisen zwischen fünf Euro und 7,95 Euro erscheinen. Daniel Kehlmann hat mit "Die Vermessung der Welt" den neuen "Potter" vom Bestseller-Thron gestürzt. Mehr.
Stichwörter: Kehlmann, Daniel, Sony